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Ethiopian-Piloten handelten zunächst nach Handbuch

Sebastian Steinke
Boeing 737 MAX Cockpit, © Sebastian Steinke

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ADDIS ABEBA - Die Untersuchung des Absturzes einer Boeing 737 MAX von Ethiopian Airlines hat einem Bericht zufolge neue Erkenntnisse gebracht, die den Flugzeugbauer in erhebliche Schwierigkeiten bringen könnten. Die Piloten handelten zunächst exakt nach Checkliste - und wichen dann von ihr ab.

Nachdem die Cockpit-Software MCAS die Nase der Maschine kurz nach dem Start nach unten steuerte, hätten die Piloten zunächst die von Boeing für diesen Fall vorgesehenen Notfall-Verfahrensregeln ergriffen.

Dennoch hätten sie die Gewalt über das Flugzeug nicht zurückgewonnen, berichtete das bei Aufsichts- und Regierungsthemen gewöhnlich gut informierte "Wall Street Journal" (WSJ) am Mittwoch unter Berufung auf Personen, die Kenntnis vom Ergebnis des vorläufigen Untersuchungsberichts haben.

Die Veröffentlichung des Berichts wird seit Tagen erwartet. Reaktionen von Boeing oder den Behörden auf den "WSJ"-Bericht liegen noch nicht vor.

Dem "Wall Street Journal" zufolge stellen die Erkenntnisse die bisherige Darstellung des US-Flugzeugbauers Boeing und der US-Luftfahrtbehörde FAA in Frage, nach der die Piloten das MCAS abstellen können, wenn die Software die Nase des Flugzeugs wegen eines irrtümlich befürchteten Strömungsabrisses permanent nach unten lenkt.

Dem Bericht zufolge schalteten die Piloten nach bisherigen Erkenntnissen die Stromzufuhr zu den Elektromotoren ab, die von der Automatik angesteuert werden. Dies habe aber nicht geholfen, um die in noch geringer Höhe fliegende Maschine wieder in einen stabilen Steigflug zu bringen.

Die Piloten hatten demnach versucht, die 737 MAX 8 manuell über das Trimmrad zu recovern - jedoch ohne den gewünschten Effekt zu erzielen.
Möglicherweise wirkten zu große Gegenkräfte auf das Höhenruder.

Daraufhin hätten sie die Elektrik wieder eingeschaltet - und damit auch das MCAS. Dieses habe das Flugzeug weiter Richtung Erde gesteuert, bis es zum tödlichen Aufprall kam. Bei dem Absturz am 10. März starben alle 157 Insassen des Flugzeugs. Bereits im Herbst waren beim Absturz einer Maschine des gleichen Typs der Fluggesellschaft Lion Air 189 Menschen gestorben.

Kurz nach dem Absturz der Ethiopian-Maschine im März erließen Aufsichtsbehörden weltweit Flugverbote für die Boeing 737 MAX. Schließlich untersagte auch die US-Behörde FAA alle Flüge mit der Maschine. Auch die Auslieferung neuer Maschinen der Reihe ist seither gestoppt, Boeing selbst empfahl seinen Kunden daraufhin, alle bereits ausgelieferten 371 Flugzeuge des Typs am Boden zu lassen.

Die späte Reaktion brachte der FAA viel Kritik ein. Inzwischen untersucht das US-Verkehrsministerium den Zulassungsprozess für den Flugzeugtyp.

Die Boeing 737 MAX ist die weniger spritdurstige Neuauflage des aus den 1960er Jahren stammenden Mittelstreckenjets 737. Die modernen, riesigen LEAP-Triebwerke ließen sich bei dem Flieger nicht einfach unter die niedrig hängenden Tragflächen montieren. Sie sitzen daher besonders weit vor den Flügeln.

737 MAX fällt länger aus

Das dadurch veränderte Flugverhalten wollte Boeing mithilfe der Trimmautomatik ausgleichen. Die konstruktionsbedingte Handling-Problematik der 737 MAX 8 ist der FAA ebenso wie der EASA laut einem Agenturbericht spätestens seit dem Jahr 2016 bekannt.

Unter bestimmten Flugbedingungen stößt die elektrische Trimmung der 737 MAX an ihre Grenzen: Piloten sollten die Fluglage dann physisch über eine Handkurbel korrigieren, heißt es in einem EASA-Dokument.

Inzwischen hat der Hersteller ein Software-Update entwickelt, das aber noch getestet und zugelassen werden muss - möglicherweise auch von weiteren Aufsichtsbehörden im Ausland.

Dieser Prozess könnte sich über Wochen oder Monate hinziehen - Boeing und die FAA hatten die Zeitachse am Montagabend überraschend und ohne nähere Begründung um mehrere Wochen verlängert.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Boeing | 03.04.2019 10:49

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Beitrag vom 04.04.2019 - 14:06 Uhr
@ Kate Austen
Aber das tollste an der Sache dass sich unzählige Gscheidiane das Muster ins Haus geschaffen bzw bestellt haben ohne die Maschine zuerst genauer unter die Lupe zu nehmen.Die Professionalität lässt wirklich grüßen und das ist viel,viel mehr als nur besorgnisserregend.
Dass der Hersteller alles verpatzt ist schon ne unverzeihliche Nummer und die Tatsache dass auch kein Kunde diese Mängel beanstandete
spricht von selbst.


Ich halte das auch für Blödsinn, denn erst AB oder Boeing genug Bestellungen eingesammelt haben, fangen sie an zu konstruieren. Sieht man ja aktuell gut an der 797, es ist noch nicht bekannt wie genau der MoM Flieger aussehen soll, welche Motoren dran hängen und trotzdem gibt es schon Interessenten und ohne die wird auch nie eine B797 geben.
Die Airlines konnten ja auch nie das MCAS bemängeln, denn vor dem Lion Air Absturz wusste auch niemand davon und auch nichts von der Auslegung und seiner Notwendigkeit. Bis dahin gab es ja auch nur wenige Probleme, die zu keinem Absturz führten also hat man der Zertifizierung der FAA vertraut. Das halte ich für richtig und logisch.

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2019 14:15 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 04.04.2019 - 09:53 Uhr
@ Kate Austen
Aber das tollste an der Sache dass sich unzählige Gscheidiane das Muster ins Haus geschaffen bzw bestellt haben ohne die Maschine zuerst genauer unter die Lupe zu nehmen.Die Professionalität lässt wirklich grüßen und das ist viel,viel mehr als nur besorgnisserregend.
Dass der Hersteller alles verpatzt ist schon ne unverzeihliche Nummer und die Tatsache dass auch kein Kunde diese Mängel beanstandete
spricht von selbst.



Mit Verlaub, das ist Unfug. Als Betreiber muss man sich auf Zulassungsbehörden verlassen können. Man kann nicht von jedem einzelnen Kunden erwarten, die Sicherheit des Modells festzustellen. Dafür hätten die auch weder Kapazität noch Know-How und aufgrund des eigenen Gewinnstrebens obendrein auch noch Anreize, es damit nicht allzu genau zu nehmen.

Das sehe ich ganz anders. ZB ist Lufthansa bekannt für seine sehr pingelige Flugzeugabnahme beim Hersteller. Und Sie kennen den Spruch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Dazu begleiten schon ab dem Entwicklungsstadium eigene Ingenieure den gesamten Prozeß von der Entwicklung bis zur Indienststellung des Flugzeugs.

Das ist sicherlich teuer, aber so sollte es auch sein. Dafür fliege ich eben für 99 € in Urlaub statt für 19,99 €.

Also derjenige, der Ihnen das erzählt hat, der hat sie wohl bis auf die Rückseite des Reiseziels ihres Nicknamens verschaukelt.

Wie die anderen schon gesagt haben, und ich kann das aus eigener Anwesenheit bei Erstauslieferungen an die LH nur bestätigen, die LH ist sicher gründlich, aber sie kontrollieren lediglich, ob alles, was sie bestellt haben, eingebaut wurde, ob die Einbauqualität den Herstellervorgaben entspricht, ob alle mitgelieferte Software und Dokumentation vollständig ist usw.
LH hat sicher bei der Ergonomieauslegung und bei der Konzeption von diversen Modellen mitgeholfen, aber mit Sicherheit nicht mitgeholfen es nachher zu entwicklen. So entstannt beispielsweise die Cockpitergonomie der Airbus FBW Modelle in einer Zusammenarbeit.
Sie wird sich aber niemals mit der Programmierung von Software beschäftigen, sie wird auch in der Programmierarbeit während der Entwicklung nicht hinzugezogen.

Das darf sie rechtlich auch gar nicht. Ein Bauteil oder Software, mit einer Freigabebescheinigung kommt immmer von einem Design bzw Herstellerbetrieb. Das der Herstellerbetrieb der LH nicht dem Herstellerbetieb bsp von Airbus angehört, ist eine Vermischung nicht oder nur sehr umständlich möglich. Dafür müsste das Bauteil in mehrere, einzelnd zertifizierte, Untergruppen zerlegt werden oder ein Herstellerbetrieb für den anderen die Zertifizierung übernehmen.

zurück zur Software. Der Hersteller reicht zunächst mal eine sehr detailierte Beschreibung ein, dazu kommen dann Testnachweise wie Simulationen, Flugtests usw. wo man versucht alle beeinflussenden Parameter und Fehler abzubilden und die Reaktion der Software zu dokumentieren. Und dieses prüfen dann die Behörden bzw sind bei den Versuchen auch teilweise dabei. Aber auch die Behörde kontrolliert nicht den Programmtext im Detail. Dazu müsste man bei der A320 auch Experten in 5 Softwaresprachen haben. Und Hardwareexpeten für noch mehr Hersteller.

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2019 09:55 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 04.04.2019 - 07:39 Uhr
@ Kate Austen
Aber das tollste an der Sache dass sich unzählige Gscheidiane das Muster ins Haus geschaffen bzw bestellt haben ohne die Maschine zuerst genauer unter die Lupe zu nehmen.Die Professionalität lässt wirklich grüßen und das ist viel,viel mehr als nur besorgnisserregend.
Dass der Hersteller alles verpatzt ist schon ne unverzeihliche Nummer und die Tatsache dass auch kein Kunde diese Mängel beanstandete
spricht von selbst.



Mit Verlaub, das ist Unfug. Als Betreiber muss man sich auf Zulassungsbehörden verlassen können. Man kann nicht von jedem einzelnen Kunden erwarten, die Sicherheit des Modells festzustellen. Dafür hätten die auch weder Kapazität noch Know-How und aufgrund des eigenen Gewinnstrebens obendrein auch noch Anreize, es damit nicht allzu genau zu nehmen.

Das sehe ich ganz anders. ZB ist Lufthansa bekannt für seine sehr pingelige Flugzeugabnahme beim Hersteller. Und Sie kennen den Spruch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Dazu begleiten schon ab dem Entwicklungsstadium eigene Ingenieure den gesamten Prozeß von der Entwicklung bis zur Indienststellung des Flugzeugs.

Das ist sicherlich teuer, aber so sollte es auch sein. Dafür fliege ich eben für 99 € in Urlaub statt für 19,99 €.

Sie glauben also die LH hat isch in depth mit der Flugsteuerung und auslegung des A320 neo auseinander gesetzt?


Ganz sicher nicht. Die gucken ob alles dran ist und keine Kratzer hat. Wahrscheinlich noch nach Software Versionen und ettlichem mehr. Ob aber die Flugsteuerzng richtig programmiert ist für alle Bedingungen bzw Fehlverhalten... also bitte, wie sollten die das machen.


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