Jobwechsel
Älter als 7 Tage

Fliegendes Personal steigt in die Bahn um

ICE
ICE, © Deutsche Bahn

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FRANKFURT - Die Jobaussichten für Piloten, Flugbegleiter und Flugzeug-Techniker haben sich in der Corona-Krise massiv verschlechtert. Zumindest in der eigenen Branche. Bei der Neu-Orientierung bietet ein Staatsunternehmen offenbar Vorteile. Erste Mitarbeiter haben den Umstieg in die Bahn bereits vollzogen.

Dass ihre Airline nie wieder abheben würde, hat Nicole Perlinger dos Santos im vergangenen Corona-Frühjahr aus der Zeitung erfahren. "Das war schrecklich, ich hab sogar geweint", erzählt die 45-Jährige aus Siegburg einige Monate später.

Nach den Tränen hat sich die Stewardess der Lufthansa-Tochter Germanwings aber umgehend einen neuen Job gesucht, obwohl sie sich erst einmal bei vollem Grundgehalt hätte zurücklehnen können. Stattdessen büffelte sie drei Monate lang Sicherheitsvorschriften, Tarifbestimmungen und Eisenbahn-Gesetze, um nun ab Januar als Zugbegleiterin der Deutschen Bahn unterwegs zu sein.

Von Jet in den ICE: Nicole Perlinger dos Santos ist bei weitem nicht die einzige, die sich einen neuen Job außerhalb der Fliegerei suchen muss. Boten sich nach der Pleite und Zerschlagung der Air Berlin im Jahr 2017 noch etliche Ausweichjobs in der Branche, wird es nach dem Corona-Schock dauerhaft weniger Arbeitsplätze im Luftverkehr geben.

Allein der Lufthansa-Konzern schließt seine Flugbetriebe Germanwings und SunExpress Deutschland mit rund 1.300 Flugbegleitern, Dienstleister wie die insolvente Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) sind ebenfalls dauerhaft am Boden.

Die Deutsche Bahn will allein in diesem Jahr konzernweit mindestens 18.000 neue Kräfte einstellen und hat die unerwartete Gelegenheit genutzt. Perlinger los Santos war gemeinsam mit einer Kollegin nur die Speerspitze beim Wechsel, den danach noch rund 70 weitere Kollegen von Germanwings und SunExpress im Rahmen einer Kooperation zwischen DB und den abgebenden Gesellschaften gewagt haben.

Auch dank der erfolgreichen Kooperation sei man derzeit im Zugservice gut besetzt, heißt es aktuell aus dem Bahntower in Berlin. Aber auch in diesem Bereich werde perspektivisch weiter eingestellt.

Die Gewerkschaften sind froh über jeden, der bei soliden Arbeitgebern unterkommt. "Für viele ist die Vergütung bei der Deutschen Bahn absolut vergleichbar"" sagt der Verdi-Luftverkehrsexperte Marvin Reschinsky. Auch die Arbeitsbedingungen stimmten.

Da auf der anderen Seite klar sei, dass im Fluggeschäft auf Jahre hinaus die Jobs fehlten, sei es eine sehr gute Initiative der Germanwings gewesen, auf die Bahn zuzugehen. Weitere Möglichkeiten würden bei der Bundeswehr und im Berliner Krankenhaus Charité gesucht.

Neben den Flugbegleitern sind auch Piloten grundsätzlich für andere Arbeitgeber attraktiv. "Wir können viel mehr als das handwerkliche Führen eines Flugzeug"", sagt die Lufthansa-Pilotin und Führungskräftetrainerin Leila Belaasri, die für die Vereinigung Cockpit Kollegen beim Jobwechsel berät.

Die Arbeit in einem Hochrisikoumfeld, Stressresistenz, technisches Verständnis und Personalverantwortung sind nur einige Fähigkeiten, die im Kästchen-Denken vieler Personalabteilungen und der Arbeitsverwaltung nicht präsent sind - und daher nicht anerkannt würden.

"Die Kollegen müssen teilweise um Chancen betteln", kritisiert Belaasri. Aus ihrer Sicht sei eine Lizenz als Verkehrspilot gleichwertig mit einem Bachelorabschluss. "Wir können mit unseren Fähigkeiten Mehrwert schaffen, beispielsweise im Projekt- oder Krisenmanagement", ist sie überzeugt.

Sechs Piloten im Bewerbungsprozess

Der junge Co-Pilot Patrick Reich aus Berlin hat das Jet-Cockpit gegen den Führerstand eines ICE der Deutschen Bahn getauscht und dabei Gehaltsabschläge in Kauf genommen.

Dem Portal "Zeit Online" sagte der junge Vater: "Gehalt ist für mich nicht das Ausschlaggebende. Die Rahmenbedingungen sind wichtiger. (...) Bei der Bahn kann ich von Berlin aus fahren, bin bei meiner Familie. Mein Kind aufwachsen zu sehen - das ist toll." Laut Bahn sind aktuell sechs weitere Piloten im Bewerbungsprozess.

Die Ex-Stewardess Nicole Perlinger dos Santos verdient auf der Schiene sogar besser als in der Kabine und hat während der Kältewelle bereits die ersten heiklen Situationen in einem stark verspäteten Zug erfolgreich überstanden. Geholfen habe ihr die Erfahrung in der Kabine: "Die Tätigkeiten sind prinzipiell schon sehr artverwandt. Es kommt vor allem drauf an, freundlich, ruhig und gelassen zu bleiben."

Nach Corona will sie nicht mehr ins Flugzeug zurück, sondern lieber Entwicklungsmöglichkeiten bei der Bahn mit ihren mehr als 500 Berufsbildern nutzen.
© dpa-AFX | Abb.: Deutsche Bahn | 21.02.2021 10:16

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Beitrag vom 25.06.2021 - 11:05 Uhr
Endlich mal wieder ein schöner Link ins Ungewisse.
Beitrag vom 25.06.2021 - 10:20 Uhr
Und warum wollen viele Menschen nicht in Richtung Selbstentwicklung gehen? Das ist meiner Meinung nach viel sinnvoller, als über solche Themen zu diskutieren. Jemand kann mir nicht zustimmen, aber es ist so. Ich selbst war früher in vielen Dingen faul. Dann wurde mir klar, dass dies zu nichts Gutem führen würde. Und ich beschloss, zu versuchen, Sprachen zu lernen. Zuerst habe ich Seite rosettastone.com ausprobiert. Es hat mir dort nicht gefallen. Mangel an Motivation. Dann beschloss ich, eine andere Seite auszuprobieren. Habe diese preply preply gefunden. Und dort habe ich es auch schon geschafft, eine Fremdsprache zu lernen.

Dieser Beitrag wurde am 25.06.2021 10:24 Uhr bearbeitet.

Warning: mysql_fetch_array() expects parameter 1 to be resource, boolean given in /homepages/18/d506720601/htdocs/_aero_de/pages/news_details.php on line 2793
Beitrag vom 22.02.2021 - 11:32 Uhr
@HPA das mit den Regelstudienzeiten gilt eigentlich nur pro Uni.

D.h. man kann die Uni wechseln und sich alles bestandene anerkennen lassen und fröhlich weiterstudieren. Ich hatte einen Deutschlehrer dder hat dieses Limit soweit ich weiß bei mehreren Unis hintereinander ausgereizt ...


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