A321XLR
Älter als 7 Tage

Wie viel Reichweite schlummert in der A321neo?

Airbus A321LR
Airbus A321LR, © Airbus

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FARNBOROUGH - Wenige Tage vor der Luftfahrtmesse sorgt Airbus für Furore: Statt sich auf die Long-Range (LR)-Version des A321neo zu beschränken, verspricht der Hersteller, bald die Extra-Long-Range (XLR)-Variante liefern zu können. Eine technische und wirtschaftliche Herausforderung.

Die beiden größten Flugzeughersteller kämpfen um den New Mid-Sized Market. Während Boeing ihn mit der Neuentwicklung Boeing "797" erschließen will, hat Airbus bis dato die A321LR im Portfolio.

Ein Blick in die Eckdaten verrät, dass der Airbus die schwächeren Verkaufsargumente als seine Konkurrentin vorbringt. Zwar konnte die A321LR jüngst den Streckenrekord eines zweistrahligen Single-Aisle-Jets aufstellen, wird aber von der Boeing "797" als twin-aisle-Flugzeug trotzdem übertrumpft.

Denn in der Standardkonfiguration (32 Zoll Seat-Pitch) wird sie 225 Passagiere über eine Distanz von maximal 8.000 Kilometer bringen können. Damit bedient sie aus Westeuropa jeden Flughafen an der Ostküste der USA.

Die A321LR dagegen transportiert in gleicher Konfiguration höchstens 202 Passagiere bis zu 7.400 Kilometer weit. Offensichtlich möchte Airbus seine Lage verbessern, indem die vorhandene Technik zur A321XLR weiterentwickelt wird. Fraglich ist allerdings, ob dem Flugzeug wirtschaftlich sinnvoll noch mehr Reichweite entlockt werden kann.

Ein wichtiger Pluspunkt: die A321 ist als längste Ausführung der A320-Familie sowieso schon beliebt, wurde mehr als 1.600 Mal ausgeliefert und wird fleißig weiterproduziert (2.000 stehen auf der Warteliste).

Könnte der Flieger fast gleich viele Passagiere über eine Reichweite wie die der Boeing "797" fliegen, hätte er das Potenzial, Airbus im Rennen um die milliardenschwere Marktmitte einen Vorsprung zu verschaffen. Denn er wäre deutlich schneller verfügbar als ein komplett neues Flugzeug - und wohl auch günstiger zu haben.

Das klingt nach einer großen Gelegenheit, ist vor allem aber eine Mammutaufgabe. Denn die Aerodynamik der A321LR ist ausgereizt und kann nicht neu erfunden werden.

Höchst unwahrscheinlich ist auch, dass in den angekündigten zwei Jahren effizientere Triebwerke als CFM LEAP-1A entwickelt und für die XLR in Frage kommen werden.

Schon LR-Variante war technisch aufwendig

Außerdem geht aus den Flugzeugcharakteristiken hervor, dass Airbus für die Long-Range-Variante schon einigen Aufwand betreiben musste. Die zulässige Startmasse (MTOW – Maximum Take-Off Mass) wurde zunächst um 9 Prozent auf 97 Tonnen angehoben, wodurch neuer Platz für Nutzlast und Sprit entstand.

Für die verlängerte Reichweite ersetzten die Ingenieure im nächsten Schritt vier Containerplätze (ULD – unit load device) durch drei zusätzliche Center Tanks (ACT – additional center tank), die jeweils gut 3.100 Liter fassen. Die verwendbare Spritmenge hat sich damit von 24.000 auf fast 33.000 Liter erhöht und reicht für die beworbenen 7.400 Kilometer.

Trotz dieser Menge bleibt keine andere Möglichkeit: es muss noch mehr Sprit an Bord. Ein weiterer Tank vergrößert die Reichweite auf gut 8.100 Kilometer bei knapp 36.000 Liter Kerosin. Die A321XLR müsste dann vier Zusatztanks im Rumpf mitschleppen.

Will Airbus das nicht auf Kosten der Passagierzahlen realisieren, kann einerseits die maximale Startmasse ein weiteres Mal angehoben werden. Spätestens hier wird es jedoch schwierig.

Denn dafür muss die gesamte Flugzeugstruktur auf das höhere Gewicht ausgelegt und zugelassen werden. Außerden erhöht sich die Tragflächenbelastung, was die Start- und Landeeigenschaften weiter verschlechtert.

Die Alternative besteht darin, den Zusatztank zu Lasten weiterer zwei Containerplätze einzubauen. Damit bleiben vier ULDs verwendbar. Das entspricht einem Ladevolumen von viermal 3,6 Kubikmeter.

Die Krux mit dem Gepäck

Angenommen, die Auslastung in einer reinen Economy-Bestuhlung beträgt 85 Prozent, es sind also 170 Passagiere an Bord. Sollte je Passagier ein Gepäckstück mit einer aufsummierten Kantenlänge von 1,4 Meter (Lufthansa erlaubt sogar 1,58 Meter) aufgegeben werden, reicht der Raum nur für das Gepäck von 144 Passagieren.

Und das unter der unrealistischen Annahme, dass keine Leerräume entstehen. Ein Platzproblem, das erstmal gelöst werden muss.

Selbst wenn ein paar weitere Gepäckstücke an anderen Orten im Flugzeug untergebracht werden könnten, die Grundproblematik bliebe dieselbe. Diesen Konflikt zwischen zugelassenem Gewicht, Passagierkapazität und Sprit konnte Airbus mit dem A321LR schon einmal lösen.

Sollte die Ankündigung der A321XLR für mehr als nur Furore sorgen, wird sich Airbus ihm in größerer Form erneut stellen müssen. Sicher ist, dass der Verzicht auf Passagiere keine Kompromisslösung sein kann. Eine gute und wirtschaftliche Lösung allerdings würde Boeing erstmal in Zugzwang bringen.
© Timo Rosen, aero.de | Abb.: Airbus | 08.07.2018 09:01

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Beitrag vom 09.07.2018 - 14:04 Uhr

Wieso keine P&W Erprobung, MSN 6101 (A320neo PWG) und MSN 6673 (A321neo PWG) machen doch noch fleisig Testflüge. Die exakten Leistungsdaten sind sicherlich bekannt.

Dann ist es ja gut, aber ein direkter Vergleichsflug von Paris nach JFK mit beiden neo Triebwerken hätte mich jetzt interessiert:

Zitat Aero:

"Airbus plant den ersten Überseeflug der A321LR. Der Prototyp MSN7877 werde am Dienstag zu einem Testflug von Paris Le Bourget nach New York JFK aufbrechen, meldet "Flightglobal. Der Prototyp trägt CFM LEAP-1A-Triebwerke unter den Tragflächen, Airbus bietet die A321LR aber auch mit Motoren von Pratt & Whitney an."

Soweit mir Daten bekannt sind, schätze ich dass PWG etwa 10% weiter kommt.
Beitrag vom 09.07.2018 - 11:12 Uhr

Aus dem Leap ginge bestimmt noch ein wenig mehr. Zumindest für die 3t Zusatzsprit.

Was mich wundert ist, dass man noch keine Erprobung mit dem P&W G Triebwerk gemacht hat. Dieses erfüllt die Anforderungen (wenn es dann keine Dichtungsprobleme gibt) nach Kerosin Einsparung überdeutlich während das LEAP deutlich darunter liegt. Allein der Unterschied der aktuell vorhanden ist sollte doch für die letzten geforderten Meilen reichen.

Wieso keine P&W Erprobung, MSN 6101 (A320neo PWG) und MSN 6673 (A321neo PWG) machen doch noch fleisig Testflüge. Die exakten Leistungsdaten sind sicherlich bekannt.
Ein spezielle LR Testversion gibt es nicht, aber ein LR ist "nur" eine neu Kabine (ACF) mit einem 3. Zusatztank. Und der 1. PWG ACF macht schon seine Testflüge.
Beitrag vom 09.07.2018 - 09:50 Uhr

Aus dem Leap ginge bestimmt noch ein wenig mehr. Zumindest für die 3t Zusatzsprit.

Was mich wundert ist, dass man noch keine Erprobung mit dem P&W G Triebwerk gemacht hat. Dieses erfüllt die Anforderungen (wenn es dann keine Dichtungsprobleme gibt) nach Kerosin Einsparung überdeutlich während das LEAP deutlich darunter liegt. Allein der Unterschied der aktuell vorhanden ist sollte doch für die letzten geforderten Meilen reichen.


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