Zwischenfall
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Piloten brauchen fünf Anflüge für Landung in Las Vegas

Cessna Citation
Cessna Citation, © Textron Aircraft

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LAS VEGAS - Nichts spricht dagegen, einen verpatzten Anflug zu wiederholen. Aber fünfmal? So viele Versuche benötigte eine Cessna Citation VI jetzt in Las Vegas. Der Jet hielt die Flugsicherung am North Las Vegas Airport ziemlich in Atem. Die Ursachen des Zwischenfalls bleiben wohl ungeklärt.

"GTT, wie kann ich Ihnen helfen zu landen? Ich meine, Sie haben das jetzt ein paarmal probiert. Sehen Sie die Bahn nicht?" - die Lotsin am Funk hätte allen Grund, genervt zu sein. Aber ihre Stimme klingt eher besorgt.

Seit einer guten Viertelstunde versucht die Citation mit der Kennung XB-GTT schon, die Landebahn 30L zu treffen - immer wieder ohne Erfolg!

Zunächst scheint alles ganz normal, als sich die mexikanische Cessna Citation VI zur Landung North Las Vegas nähert. Doch schon, als der Jet in den Luftraum einfliegt, muss ihn die Flugsicherung zweimal rufen, bevor sie Antwort erhält. Erst kurz vor dem Platz meldet sich die Crew.

Der Geschäftsreisejet war zweieinhalb Stunden zuvor in St. Antonio, Texas, gestartet, eine schwierige Landung hat die Crew am Zielort nicht zu erwarten: Die Sonne ist gerade hinter dem Horizont verschwunden, aber der Himmel ist wolkenlos und die Sichten sind ausgezeichnet. Zudem herrscht an dem Executive-Airport North Las Vegas kaum Verkehr.

Der Flughafen ist eine von drei Optionen, die private Flugzeugbetreiber haben, die nach Sin City wollen. Ein paarmal war der mexikanische Jet schon in Las Vegas, aber die letzten Male war die Citation stets am viel geschäftigeren internationalen Harry-Reid-Airport gelandet.

Der kleine Platz von North Las Vegas ist aber fast genauso gut in der Dunkelheit zu erkennen: Inmitten der Lichter der Stadt bilden seine drei Landebahnen einen recht auffälligen dunklen Fleck.

Zu hoch, zu schnell, orientierungslos

Aber irgendwie passt nichts beim Anflug, den die Citation nach Sicht durchführt: Der Jet ist mit 190 Knoten viel zu schnell in der Platzrunde, mal überschießt die Citation die Anfluggrundlinie, mal verpasst sie den Flugplatz völlig und fliegt einfach daran vorbei. Die Piloten an Bord sind offenbar völlig orientierungslos.

Orientierungslos in Las Vegas, © YSL
 
Geduldig versucht die Lotsin, den Jet mit Richtungsangaben zur Landebahn zu dirigieren. Aber die Crew kann nicht mal die vorgegebenen Steuerkurse einhalten. Einen Notfall erklärt die Besatzung jedoch auch nicht. Im Gegenteil, der Pilot am Funk klingt beinahe entspannt. Fast schon, als ob es ganz normal ist, wie der Jet gerade durch die Luft irrt.

Ein Rätsel ist auch, warum die Crew offenbar keine ihrer Navigationshilfen an Bord nutzt: Die Bahnen 12L und R bieten Instrumentenanflugverfahren und es herrscht fast Windstille, eine Landung ist also auch in diese Richtung möglich."Wollen Sie eine andere Bahn? Die 30 scheint für sie ja nicht. zu klappen", fragt die Fluglotsin noch.

Der Pilot entscheidet sich für die danebenliegende 30R. Die sei aber kürzer, nur 4.199 Fuß lang, warnt die Lotsin. Der Pilot sieht darin kein Problem. Am Ende ist es eh egal: Auch diese Runway trifft die Citation nicht.

Irgendwann klappt es dann doch. Fast eine halbe Stunde lang war das Geschäftsreiseflugzeug über Las Vegas gekreist, bis es schließlich doch zum Vorfeld rollte.

Die Citation VI ist ein ernstzunehmender Jet

Der mexikanische privat zugelassene Jet ist kein Flugzeug, das üblicherweise von unerfahrenen Piloten gesteuert wird. Um ihn fliegen zu dürfen, ist eine Musterberechtigung nötig, die ein intensives Training voraussetzt.

Als "Citation III" hatte Cessna das Muster C650 erstmals 1983 ausgeliefert, mit seinen zurückgepfeilten Tragflächen konnte das neue Modell von allem ein bisschen mehr als die bisherigen beiden Citation-Modelle I und II: Es war größer, konnte schneller und weiter fliegen.

Selbst heute ist die Cessna Citation VI ein ernstzunehmender Business Jet: Das knapp 17 Meter lange Flugzeug kann bis zu neun Personen befördern, die maximale Startmasse liegt bei knapp zehn Tonnen.

Aber vor allem: Der Jet benötigt auch im nichtgewerblichen Betrieb eine zweiköpfige Crew im Cockpit, um legal geflogen werden zu dürfen. Konnte tatsächlich keiner der zwei Piloten an Bord den Anflug vernünftig durchführen?

Waren Drogen im Spiel?

Selbst andere Berufspiloten wundern sich über die Performance ihres Kollegen bei der Landung in North Las Vegas. "Womöglich stand der unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen", mutmaßen einige in Diskussionen, die der Vorfall in Pilotenforen ausgelöst hat.

Der wahre Grund wird vermutlich nie an den Tag kommen. Die Citation war am nächsten Morgen schon wieder auf dem Weg ins mexikanische Monterrey, wo der Jet stationiert ist. Vermutlich wird die mäßige Leistung des Piloten deshalb keine weiteren juristischen Folgen haben: Das Flugzeug ist mexikanisch registriert, es ist unwahrscheinlich, dass sich die US-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA für die ausländischen Piloten interessiert.
© FLUG REVUE - Christof Brenner | Abb.: Textron Aircraft | 31.03.2023 13:51

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Beitrag vom 31.03.2023 - 22:53 Uhr
Bei dieser Meldung musste ich an eine meiner Lieblingsszenen aus dem Film "Luftschlacht um England" denken...
 https://www.youtube.com/watch?v=DVKPS5aPvOc


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