Zwischenbericht zu Flug 4U9525
Älter als 7 Tage

BEA: Copilot steuerte Airbus mit Autopilot in den Absturz

LE BOURGET - Der Copilot des Todesflugs 4U9525 hat den Autopiloten bereits auf dem Hinflug nach Barcelona mehrfach auf extrem geringe Höhen eingestellt. Dies sei während eines vom Kontrollzentrum Bordeaux angeordneten Sinkflugs von FL370 auf FL350 geschehen, als der Kapitän gerade nicht im Cockpit war.

"Um 07:20:50 Uhr reduzierte sich die eingestellte Höhe für drei Sekunden auf 100 ft, erhöhte sich dann auf den Maximalwert von 49.000 ft und stabilisierte sich dann wieder bei 35 000 ft", schreibt die französische Ermittlungsbehörde BEA in ihrem am Mittwoch veröffentlichten ersten Zwischenbericht.

Nach der Anweisung des Kontrollzentrums Bordeaux zur Fortsetzung des Sinkflugs auf FL210 habe der Copilot "für die meiste Zeit" eine Flughöhe von 100 ft eingestellt.

Der Kapitän sei während all dieser Eingaben, seit 07:19:59 Uhr, nicht im Cockpit gewesen. "Um 07:24:15 Uhr wurde der Türsummer für den Zutritt zum Cockpit aufgezeichnet", stellt das BEA fest. 14 Sekunden später sei die Entriegelung der Schließanlage zu hören - der Kapitän kehrte nach rund vier Minuten Abwesenheit auf seinen Platz zurück.

BEA
Während einer vierminütigen Abwesenheit des Kapitäns auf dem Hinflug stellte der Copilot nicht flugbezogene Höhen im Autopilot ein, © BEA

Die Flugschreiber bestätigen aus Sicht der Behörde eine bewusste Handlung des Copiloten beim Absturz auf dem Rückflug. "Man kann daraus schließen, dass er handlungsfähig war und dass alle seine Handlungen den gleichen Sinn hatten, nämlich das Flugzeug auf den Boden stürzen zu lassen", sagte BEA-Direktor Rémi Jouty in Le Bourget bei Paris.

Absturz in die Seealpen


Um 09:30:24 Uhr, eine halbe Stunde nach dem Start in Barcelona, verließ der Kapitän das Cockpit. Exakt 29 Sekunden später, um 9:30:53 Uhr, sei die Flughöhenvorgabe von den gut drei Minuten zuvor erreichten 38.000 ft auf 100 ft umgestellt worden.

Um 09:33:12 Uhr änderte sich der Autopilot in der Betriebsart Speed Mode von Managed Mode auf Selected Mode. Eine Sekunde später habe die eingestellte Zielgeschwindigkeit 308 kt betragen während die Geschwindigkeit des Flugzeuges 273 kt betrug.

Geschwindigkeit und die Sinkrate des Flugzeuges begannen sich zu erhöhen. "Die Sinkrate variierte (...) zwischen 1.700 ft/min und 5 000 ft/min. Danach lag sie durchschnittlich bei 3.500 ft/min", schreibt das BEA. Als der Airbus um 09:33:47 Uhr FL300 erreichte nahm die Flugsicherung erstmals Kontakt zum Cockpit auf, erhielt allerdings keine Antwort.

Um 09:34:31 Uhr meldete sich der Kapitän an der Cockpittür zurück, blieb aber ausgesperrt. In den Folgeminuten müssen sich dramatische Szenen vor dem Cockpit abgespielt haben. "Zwischen 09:39:30 Uhr und 09:40:28 Uhr wurden fünfmal Geräusche ähnlich dem starken Schlagen gegen die Cockpittür aufgezeichnet", so das BEA.

Am 24. März um 09:41:06 Uhr zerschellt Germanwings-Flug 4U9525 auf dem Rückweg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen an einer Felswand. Alle 150 Menschen an Bord sterben.

Flug 4U9525 - Trümmerteile an der Absturzstelle
Flug 4U9525 - Trümmerteile an der Absturzstelle, © BEA

Dem Zwischenbericht der Behörde zufolge bewegte der Copilot kurz vor dem Aufprall leicht seinen Sidestick - der Eingriff war jedoch nicht stark genug, um den Autopiloten außer Kraft zu setzen.

BEA: Absichtliche Eingriffe des Copiloten

"Die ersten Informationen der Untersuchung ergeben, dass während des Reisefluges der Copilot alleine im Cockpit war", fasst der Zwischenbericht zusammen. "Er hat dann die Eingaben im Autopiloten absichtlich so verändert, dass dieser das Flugzeug in den Sinkflug steuerte, bis es mit dem Gelände kollidierte. Während des Sinkfluges öffnete er nicht die Cockpittür trotz der Aufforderung für einen Zutritt über die Tastatur, die Wechselsprechanlage und Klopfen an der Tür."

Zwischenbericht des BEA zu Flug 4U9525, 06. Mai 2015 (deutsch)

Anmerkung der Red.: Alle Zeitangaben im Artikel UTC
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Germanwings | 06.05.2015 12:19

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 15.05.2015 - 11:37 Uhr
Steht eigentlich alles im anderen tread:

Wen die Tür LOCKED ist (5 Minuten), geht die LED an der Tastatur auf rot und somit ist die Tastatur auch für den Notfallcode gesperrt. Das ist ja in meinen Augen der Grundsatzfehler. Bei dem einstelligen Code tönt der Summer und die Tür muss von innen per Schalter geöffnet werden (Aus dem Pilotensitz kommt man von Hand nicht an den Öffner, der jederzeit eine Öffnung von Hand ermöglicht).

Der CPT hat mit Sicherheit den anderen Code gedacht, Du würdest Deine 3 stellige Telefonnummer ja auch nicht vergessen ;>) Und ja, der Schalter muss zwischen 9:34 un dem Einschlag noch einmal betätigt worden sein.

Glaub mir, die Fachleute hätten nicht bereits nach 2 Tagen die Aussagen gemacht die sie gemacht haben. Die Indizienkette ist stringent logisch.
Beitrag vom 14.05.2015 - 23:10 Uhr
Hallo, ich habe mir den Bericht jetzt mehrmals durchgelesen. Eine Sache verstehe ich da aber noch nicht und hoffe auf Aufklärung von Leuten, die sich mit der Materie auskennen.
Im Bericht steht, dass für eine Sekunde der Summer zu hören ist, also vermutlich der normale Einlasswunsch (die einstellige Zahl an dem Eingabegerät). Danach hört man den Summer nicht mehr, was ja bedeutet, dass die Freigabe nie mehr benutzt wurde. Was ich mich nun frage: hat der Pilot die Eingabe des Notfallcodes gar nicht versucht? Sonst hätte man ja denSummer erneut hören müssen. Oder ertönt der nicht, wenn man die Tür auf "locked" gestellt hat? Es wäre aber auch möglich, dass der Pilot in dem Stress (es ist ja sicher kein Standard-Procedure, dass man keinen Einlass ins Cockpit erhält, während die Maschine ohne erkennbaren Grund im Sinkflug ist) einfach vergessen hat über den Notfallcode ins Cockpit zu kommen.
In diesem Fall hätte der Pilot aber auch keinen Zugang zum Cockpit, wenn der Copilot wirklich nicht mehr in der Lage wäre die Maschine zu führen... Denn, wenn ich die Funktionsweise der Türfreigabe richtig verstanden habe, würde die Tür bei Eingabe des einstelligen Codes nie freigegeben, wenn niemand den Schalter umstellt. Oder anders ausgedrückt: der Copilot musste gar nichts machen um den Piloten aus dem Cockpit fern zu halten.
Da die Schalterposition "locked" in keiner Art und Weise nachvollzogen werden kann, werden wir wohl nie erfahren, ob der Copilot den Kapitän ausgesperrt hat (er muss ja mindestens zwei mal auf "locked" gestellt haben, wegen der 5-Minuten-Sperre), oder ob der Pilot wirklich nicht an den Notfallcode gedacht hat.
Beitrag vom 06.05.2015 - 20:41 Uhr
Wenn man sich den Bericht der BEA durchliest bekommt man einfach wieder eine Gänsehaut ...


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden