Community / / EU bleibt im Streit um Reise-Gutsche...

Beitrag 1 - 8 von 8
Beitrag vom 04.05.2020 - 22:31 Uhr
UserAngros
User (717 Beiträge)
Für Veranstaltungen wie Konzerte gelten offenbar Gutscheine als Lösung. weiß jemand weshalb man dort sein Geld nicht zurückbekommt, wohl aber ein solches Recht bei Flugtickets gilt?
Beitrag vom 05.05.2020 - 02:24 Uhr
Usermuckster
User (408 Beiträge)
@Angros
Weil Personen, die Flugreisen buchen, im Vertrauen auf das Zustandekommen der Reise oftmals noch andere, teure Ausgaben tätigen, wohingegen die meisten Menschen Konzerte in relativer Nähe zu ihrem Wohnort besuchen. Da hat man vielleicht noch die Reiseverpflegung und eine Nacht im Hotel zu schultern, aber nicht die Kosten von z.B. zwei Wochen Mauritius.

Allerdings verstehe ich die Kritik der Verbraucherschützer nicht so ganz. Wenn Airlines und Touristik-Anbietern nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihre Verluste durch die Ausgabe von Gutscheinen zu senken, rollt eine Pleitewelle über die Branche hinweg. Und dann kommt kein enttäuschter Tourist mehr zu seinem Geld. Ein Gutschein stellt wenigstens eine teilweise Entschädigung dar.
Beitrag vom 05.05.2020 - 07:42 Uhr
Usershred
User (17 Beiträge)
Aus Verbrauchersicht tue ich mich sehr schwer mit einem Gutschein.

Wir sprechen hier ja auch von Pauschalreisen, die schnell einen kleinen bis mittleren vierstelligen Betrag kosten. Mit dem Gutschein hat der Kunde erst einmal nur ein Papier in der Hand und ein dickes Loch auf seinem Konto, für das er keine Gegenleistung erhalten hat. Dank Corona-Krise geht es gerade vielen Menschen finanziell nicht mehr so gut, da könnte man das Geld besser selbst gebrauchen, um über die Runden zu kommen.

Zweitens: Mit dem Gutschein verschiebt sich das wirtschaftliche Risiko zum Verbraucher. Geht der Reiseveranstalter konkurs, ist der Gutschein wertlos und das Geld weg. Bisher finde ich jedenfalls keine belastbaren Aussagen dazu, dass der Staat oder eine Versicherung für die Gutscheine garantieren wird. Die EU-Kommission hat Recht, dass der Anbieter hier als Gegenleistung für den Kredit, den der Kunde einräumt, einen Anreiz schaffen muss.

Drittens: Ich finde keine Aussagen über ein Ablaufdatum. Was bringt mir ein Gutschein, den ich in den - sagen wir mal - nächsten drei Jahren einlösen muss? Die Corona-Krise trifft uns alle. Ob man in dem Zeitraum reisen kann, ist fraglich, und sei es, weil die persönliche Situation es gerade nicht gestattet. Der Gutschein müsste also wenigstens übertragbar sein, damit man ihn verkaufen kann. Auch dazu finde ich keine Aussagen.

Die Reisebranche verspielt gerade sehr viel Vertrauen. Die Thomas Cook-Pleite, bei der Kunden auf einem Teil ihrer Kosten sitzen geblieben sind, weil die Deckungssumme viel zu gering war, scheint schon vergessen zu sein. Jetzt soll es einen Gutschein geben, der möglicherweise das Papier nicht wert ist. Dazu kommt, dass keine Rücktrittskostenversicherung einspringt, wenn das Gesundheitsamt einen in die häusliche Quarantäne verpflichtet und man die Reise deshalb nicht antreten kann. Unter diesen Bedingungen wäre ich als Kunde ziemlich dumm, wenn ich eine teure Reise buche.

Denn noch einmal: Im Unterschied zu Konzertkarten reden wir hier von Preisen im mittleren vierstelligen Bereich, bei Luxusreisen sind sogar fünfstellige Beträge drin. So einen Verlust steckt man als Verbaucher nicht mehr leicht weg.

Dieser Beitrag wurde am 05.05.2020 10:11 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 05.05.2020 - 11:19 Uhr
Userzappa42m
User (136 Beiträge)
Sehr geehrter shred
Also Ihre Aussage "Die Reisebranche verspielt gerade sehr viel Vertrauen" stimmt meiner Meinung nach so nicht. Es ist unsere Regierung die EU-Recht mit den Gutscheinen umgehen will. Ebenso war es unsere Regierung die die Versicherungssummen gedeckelt hat, auch entgegen EU-Recht.
Beitrag vom 05.05.2020 - 15:36 Uhr
UserWeideblitz
Moderator
Allerdings verstehe ich die Kritik der Verbraucherschützer nicht so ganz. Wenn Airlines und Touristik-Anbietern nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihre Verluste durch die Ausgabe von Gutscheinen zu senken, rollt eine Pleitewelle über die Branche hinweg. Und dann kommt kein enttäuschter Tourist mehr zu seinem Geld. Ein Gutschein stellt wenigstens eine teilweise Entschädigung dar.

Ich sehe nicht den direkten kausalen Zusammenhang, dass das Wohl und Wehe von Airlines und Reiseveranstaltern von einem Gutscheinzwang abhängen soll. Es steht außer Frage, dass der gesamten Luftfahrt- und Touristikindustrie finanziell geholfen werden muss. Was ich zudem nicht sehe ist, warum fundamentale (gesetzliche) Regeln des gesellschaftlichen Wirtschaftens nun außer Kraft gesetzt werden sollen, zumal hiervon nicht zwingend die Existenzfrage von abhängt.

Es ist aus meiner Sicht nicht vermittelbar, dass diese beiden aktuell gefährdeten Industrien direkt durch zinslose Kredite der Kundschaft (und damit der Gesellschaft) unterstützt werden sollen, denn dann müsste dies für alle anderen Notleidenden Industrien auch gelten und das ist schlicht nicht möglich. Darüber hinaus hat Vater Staat die Finanzindustrie in der Krise 2008ff massiv finanziell unterstützt, obwohl gerade diese für das Desaster die Verantwortung trägt. Man kann aber nicht die Gesellschaft für die Pandemie in vergleichbarer Art und Weise so unmittelbar verantwortlich machen.

Auch hier ist der Staat gefordert, selbst wenn es Steuergelder kostet. Mit den geeigneten staatlichen Unterstützungs-Instrumenten könnte man das Überleben der Industrie sichern und gleichzeitig eine ausgewogene Lösung für alle betroffenen Industrien finden. Der Staat sollte nur vom Selbstverständnis her sich nicht einbilden, der bessere Unternehmer zu sein und sich bei der GF heraushalten. Insofern kann ich CS schon sehr gut verstehen, dass er keine Mitglieder der KfW im Aufsichtsrat sitzen haben möchte. Dieses Signal sollte der Bund auch aussenden, denn dann werden staatliche Hilfen auch industrieweit akzeptiert werden.

Dieser Beitrag wurde am 05.05.2020 15:45 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 06.05.2020 - 12:59 Uhr
UserSaintEx
User (378 Beiträge)
Also Ihre Aussage "Die Reisebranche verspielt gerade sehr viel Vertrauen" stimmt meiner Meinung nach so nicht. Es ist unsere Regierung die EU-Recht mit den Gutscheinen umgehen will. Ebenso war es unsere Regierung die die Versicherungssummen gedeckelt hat, auch entgegen EU-Recht.

Glauben Sie ernsthaft, unsere Regierung handelt aus eigenem Antrieb und ohne entsprechenden Druck aus der Reisebranche? Die Gutschein-Nummer ist eine absolute Unverschämtheit und ich bin froh, daß wenigstens in Brüssel noch ein paar Leute den Rechtsstaat hochhalten.
Beitrag vom 06.05.2020 - 13:08 Uhr
UserSaintEx
User (378 Beiträge)
Der Staat sollte nur vom Selbstverständnis her sich nicht einbilden, der bessere Unternehmer zu sein und sich bei der GF heraushalten. Insofern kann ich CS schon sehr gut verstehen, dass er keine Mitglieder der KfW im Aufsichtsrat sitzen haben möchte. Dieses Signal sollte der Bund auch aussenden, denn dann werden staatliche Hilfen auch industrieweit akzeptiert werden.

Wo bildet sich der Staat ein, der bessere Unternehmer zu sein, wenn er, zeitlich befristet, zwei von zwanzig Sitzen im AR beansprucht, um wenigstens ein Mindestmaß an Kontrolle darüber zu haben, wie mit den Milliarden der Steuerzahler umgegangen wird. Überall wird so getan, als verlange der Staat einen eigenen VV. Wirklich auffällig ist doch nur die vehemente Ablehnung seitens CS, die uns alle (Steuerzahler und auch Mitarbeiter) hier sehr, sehr hellhörig machen sollte.
Beitrag vom 06.05.2020 - 14:45 Uhr
Userdlehmann66
User (521 Beiträge)
Also wenn ein Konzert ausfällt, dann habe ich genauso einen Rechtsapruch auf Erstattung der gebuchten Ticketkosten, weil der Anbieter ja nicht liefert und ich kann ein Ersatztermin annehmen, muss aber nicht weil ich an dem neune Termin eventuell keine Zeit habe.

Beim Fliegen ist es für mich genauso. Nehmen wir an, ich habe im Dezember für Sommer 2020 4 Tickets für die Familie nach Australien gebucht, um da den Sommerurlaub zu verbringen. Nun fällt das aus. Da reden wir locker von 6.000 Euro. Was nützt mir da ein Gutschein???? Wenn ich in 2021 oder 2022 eventuell neu plane nach Australien zu fliegen, dann weiss ich heute noch nicht, ob es die Airline mit dem Gutschein noch gibt, ob sie dann an meinem Wunschtag einen Flug nach Australien anbietet und ob er dann meinen Preisrahmen entspricht. Wenn ich 6.000 Euro für eine Leistung bezahlt habe, die dann nicht erbracht wird, dann habe ich auch jedes Recht, mein Geld zurück zu erhalten.