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Beitrag 1 - 7 von 7
Beitrag vom 04.11.2015 - 17:15 Uhr
UserHurzPurz
User (283 Beiträge)
Lufthansa sagt, es sind 5,5% Zinsen. Die Gewerkschaft sagt, es sind nur 4,9%. Nehmen wir der Fairness halber den Mittelwert an: 5,2% Zinsen. Die aktuellen Realzinsen bei den meisten Anlageprodukten sind negativ. Der Garantiezins bei Lebensversicherungen liegt bei nur noch 1,25%. Aber he: um die 5,2% von der Lufthansa sind echt eine Sauerei. Es muss unbedingt gestreikt werden.

Dann streikt demnächst noch das Bodenpersonal. Und der nächste Streik der Piloten lugt auch schon um die Ecke. Konsequenterweise sollte man die Lufthansa in Bodenhansa umbenennen.

Die Szenarien:
1. Spohr gibt nach - dann kann die Lufthansa kaum überleben, weil sie von deutlich höheren Kosten als der Wettbewerb belastet ist. Es wird dann auf lange Zeit die Wettbewerbsfähigkeit fehlen. Wettbewerb sind nicht nur die Ryanairs und Golfairlines, sondern auch Turkish, die unzähligen China-Carrier, die US-Airlines, ... Spohr wird dann auch abtreten müssen.
2. (Extremszenario) Spohr knickt nicht ein und lässt Lufthansa Passage im Zweifelsfall pleite gehen oder verlagert durch andere Maßnahmen den Flugbetrieb. Einen Flugbetrieb unter der Marke Lufthansa kann er trotzdem weiter durchführen. Bei Austrian wurde Ähnliches schon mal durchgezogen. Austrian war nur noch eine leere Markenhülle und 100% aller Austrian-Flüge waren "operated bei Tyrolean".
3. Die Gewerkschaften knicken ein. Dann haben sie nichts erreicht, außer Lufthansa um hunderte Millionen zu schädigen. Geld das für Investitionen und (Treppenwitz) höhere Gehälter und Nebenleistungen fehlt.
Beitrag vom 04.11.2015 - 18:03 Uhr
UserEDDT
User (21 Beiträge)
Die Streikkosten für das Unternehmen sind schon durch einen Fonds abgesichert. Traurig, was aus diesem Unternehmen und der Gewerkschaft UFO geworden ist!
Beitrag vom 04.11.2015 - 18:27 Uhr
UserHurzPurz
User (283 Beiträge)
Die Streikkosten für das Unternehmen sind schon durch einen Fonds abgesichert.

Können Sie für diese Aussage bitte eine Quellenangabe liefern.
Beitrag vom 04.11.2015 - 23:28 Uhr
UserMuck
User (293 Beiträge)
@ Guido3: Sie schreiben "... dann kann die Lufthansa kaum überleben, weil sie von deutlich höheren Kosten als der Wettbewerb belastet ist. Es wird dann auf lange Zeit die Wettbewerbsfähigkeit fehlen."

Ich halte Ihre Aussage für Unsinn, denn schon jetzt kämpft die LH gegen die "Ryanairs und Golfairlines, ... Turkish, die unzähligen China-Carrier, die US-Airlines" und andere. Ich lasse mich aber gerne belehren, also bitte erläutern Sie, wie Sie zu dieser Aussage kommen.

Beitrag vom 05.11.2015 - 10:16 Uhr
UserHurzPurz
User (283 Beiträge)
Ich halte Ihre Aussage für Unsinn, denn schon jetzt kämpft die LH gegen die "Ryanairs und Golfairlines, ... Turkish, die unzähligen China-Carrier, die US-Airlines" und andere.

Richtig und weil Lufthansa wegen der höheren Kosten weitaus schlechter performt, gab es im letzten Jahr nichts zu verteilen, keine Dividende, nix. Man mag die Fixierung auf Aktionäre kritisch sehen, nur muss man einfach die Realitäten am Markt zur Kenntnis nehmen. Lufthansa ist nun mal börsennotiert. Billigflieger wie Ryanair haben eine 3 mal so hohe Markkapitalisierung wie Lufthansa, d.h. die sind 3 mal so viel wert wie der gesamte Lufthansa-Konzern inkl. Lufthansa Technik, Austrian, Swiss, Germanwings, Eurowings, den Anteilen an Brusssels und Sunexpress, LSG Sky Chefs, Lufthansa Cargo etc. pp.

Es gibt noch unzählige andere Gefahren, die ich hier nicht alle aufbröseln will. Eine davon: Die Lufthansa ist heute der zweitschwächste Wert im DAX und fliegt demnächst eventuell aus dem DAX. Im kleineren MDAX sind heute schon 15 Unternehmen schwerer als der DAX-Wert Lufthansa. Fliegt Lufthansa aus dem DAX, dann müssen unzählige DAX-Indexfonds Lufthansa-Aktien verkaufen. Lufthansa wäre in der Folge noch schwächer bewertet und ein noch leichteres Ziel für feindliche Übernahmen u.ä.

Wenn es einem MOL oder sonstwem irgendwann einfällt, Lufthansa aufzukaufen und zu zerschlagen, dann kann er das locker stemmen. Der ganz Lufthansa-Konzern ist so wenig wert und so billig, MOL muss sich nicht mal verschulden dafür. 2 Jahresgewinne von Ryanair plus Cash-Reserven reichen dafür. Das ist die Ausgangslage am Markt. Lufthansa ist ein wirtschaftliches Fliegengewicht geworden.

Bei den Altersvorsorgungen hat Lufthansa in der Vergangenheit Renditen versprochen, die sehr hoch aber auch jahrezehntelang erreichbar waren. Das ist angesichts völlig veränderter Marktgegebenheiten nicht mehr zu finanzieren. Daran sind die Arbeitnehmer nicht schuld, aber Lufthansa ist auch nicht schuld. Die Zahl der zu versorgenden Ex-Luthansa-Mitarbeiter wächst beständig und Lufthansa muss für deren betriebliche Altersversorgung immer höhere Beträge abdrücken. Das sind rückwärtsgewandte Ausgaben. Das Produkt wird dadurch kein Stück besser oder wettbewerbsfähiger. Wenn man ohnehin in guten Jahren nur 1-3% Umsatzrendite erreicht, dann kann man sich Kostensteigerungen bei der Altersvorsorge nicht leisten. Die Lufthansa hat gegenüber den Ryanairs, Golfairlines oder auch China-Airlines schon genug andere Standortnachteile.

Das Angebot mit 5,5% ist angesichts des Marktumfeldes überaus großzügig und besser als in den meisten anderen Firmen. Die Gewerkschaften sollen das akzeptieren und meinetwegen eine Klausel verlangen, die die Rendite zukünftig an den Marktzins koppelt (z.B. 5% über EZB-Repo-Zinssatz). Viel tiefer wird der nicht fallen und falls er mal wieder steigt, profitieren automatisch auch die Mitarbeiter von höheren Renditen.
Beitrag vom 05.11.2015 - 14:35 Uhr
UserMuck
User (293 Beiträge)
@Guido3: Danke für die Antwort.

Sie schreiben: "weil Lufthansa wegen der höheren Kosten weitaus schlechter performt, gab es im letzten Jahr nichts zu verteilen, keine Dividende, nix."

Aber dieses Jahr gibt es, trotz sogar gestiegener Personalkosten einen Rekordgewinn.

Das Lufthansa ein Ziel für "feindliche Übernahmen" sein könnte sehe ich so nicht, denn die LH muss ja zu über 50% in deutschen Händen sein um wertvolle Strecken behalten zu können.

Außerdem schreiben Sie: "Wenn es einem MOL oder sonstwem irgendwann einfällt, Lufthansa aufzukaufen und zu zerschlagen, dann kann er das locker stemmen."

Ja, aber was schlimmer ist: Herr Spohr will jetzt schon die LH zerschlagen! Würde er das in finanzieller Not machen um die LH am Leben zu erhalten, stünden die Flugbegleiter, das Bodenpersonal und auch das Cockpit hinter ihm. Aber er will den Gewinn auf Kosten der Mitarbeiter steigern. Das ist Management-Stil der untersten Schublade, in meinen Augen. Sein Vor-Vor-Vorgänger hatte mal gesagt, ein CEO muss es schaffen drei gegensätzliche Parteien zufrieden zu stellen: Die Kunden (damit man nicht pleite geht), die Aktionäre (als Eigentümer die eine Rendite auf ihr eingesetztes Kapital benötigen) UND die Mitarbeiter (weil sie die Firma "sind").

Sie erwähnen: "Bei den Altersvorsorgungen hat Lufthansa in der Vergangenheit Renditen versprochen, die sehr hoch aber auch jahrezehntelang erreichbar waren. Das ist angesichts völlig veränderter Marktgegebenheiten nicht mehr zu finanzieren."

Da gebe ich Ihnen vollkommen recht und ich denke, auch UFO, Verdi und die VC haben soviel wirtschaftlichen Sachverstand um das einzusehen. Aber was nicht einzusehen ist, ist das eine wirtschaftlich erfolgreiche Lufthansa ihre Mitarbeiter zu einem Billigfliegergehalt in einer Tochtergesellschaft einstellen möchte. Und das droht der UFO und VC, wie man an den Bodenmitarbeiterplätzen in der Vergangenheit sehr schön beobachten konnte.

Sie haben vollkommen recht, wenn sie schreiben: "Wenn man ohnehin in guten Jahren nur 1-3% Umsatzrendite erreicht, dann kann man sich Kostensteigerungen bei der Altersvorsorge nicht leisten." und ich denke, die Gewerkschaften werden diese Einschnitte tragen wenn der Vorstand im Gegenzug den Mitarbeitern weiter eine Zukunftsperspektive bei der Lufthansa Passage aufzeigt.
Beitrag vom 05.11.2015 - 18:19 Uhr
Usernean00
User (26 Beiträge)
Also so als Aussenstehender würde ich sagen Muck hat die besseren Argumente.
Und was den niedrigen Wert der Marktkapitalisation angeht würde ich das mal sehr stark auf die ganze Streiks in letzter (schon sehr langer) Zeit schieben. Denn operativ ist LH seit Jahren absolut stabil und erwirtschaftet 600 bis 1000 Mio. Überschuss. Auch das ganze geweine vom hohen Ölpreis hat zumindest nach deren Bilanz so gut wie keinen Einfluss (im Verhältnis zum Umsatz).
Aber auf der anderen Seite kann man auch die Unternehmensführung verstehen, da man sich durch so hohe relative Personalaufwendungen jetzt schon sehr viel Flexibilität für die _Zukunft_ nimmt. Und diejenigen die jetzt für die hohen Altersbezüge kämpfen werden in dieser Zukunft dem Unternehmen aber nicht mehr helfen können (durch effizient o.ä.) denn sie kassieren dann nur noch. Also die typische Übertragung des Risikos auf die nächste Generation. Nicht sehr sozial (und es geht hier immernoch um ÜBERdurchschnittliche Zahlen/Summen).