Community / Kommentare zu aktuellen Nachrichten / Wie Manager die Sicherheitskultur ve...

Beitrag 16 - 28 von 28
1 | 2 | « zurück | weiter »
Beitrag vom 20.01.2020 - 15:01 Uhr
UserNicci72
User (570 Beiträge)
ULFT Cargo

Diesen beiden Kommentaren wäre allenfalls noch hinzu zu fügen: Und wer ermöglicht diese verbrecherischen Machenschaften so gut wie ALLER großen Aktienunternehmen??
Eben genau die Politiker die WIR gewählt haben. Ob in USA oder Europa oder sonst wo.

Es ist aber unsere eigene Moral die schon lange am A... ist:
Wir arbeiten bei Rüstungskonzernen um uns unser Einfamilienhaus (natürlich nicht in Syrien) hinzustellen. Wir sperren die Menschen, die aus den mit unseren Waffen zerbombten Ländern fliehen schon in der Türkei oder Nordafrika in Lager damit sie ja nicht in die Nähe unserer Einfamilienhäuser kommen und glauben ernsthaft das wir uns mit Geld (z.B. an die Türkei) damit freikaufen können.

Und zum Schluss wählen wir genau den gleichen Sumpf wieder. Frei nach dem Motto welches immer zieht: "Wer soll´s denn sonst machen".

👍👍👍
Das trifft es auf den Punkt.
Aber wie kommen wir da raus?

Das ist in der Tat die entscheidende Frage, auf die ich in der notwendigen Kürze eines solchen Forenbeitrags auch keine Antwort zu geben vermag. Aber ein ganz wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang sicherlich zu nennen: Dass der Aspekt der Nachhaltigkeit in den "Denkstil" unserer BWLer Einzug hält. Um in diesem Zusammenhang das Stichwort aufzugreifen, das hier schon genannt wurde: für die nächsten 20 Jahre wird es da ein Problem geben, weil die jetzt in die wirtschaftlichen Führungspositionen gelangenden und dort befindlichen BWLer im Geiste der "Chicago Boys" kulturalisiert und sozialisiert wurden und im Gegensatz zu Jack Welsh erfahrungsgemäß die Wenigsten von ihnen das intellektuelle Rüstzeug zur reflexiven Selbstkritik besitzen.

Dass Airbus dabei nicht die besseren Menschen bzw. Manager hat als Boeing ist evident - Airbus hatte bei der Entwicklung des A320neo nur das Glück, auf einem im Vergleich zur 737 rund zwanzig Jahre jüngeren Modell aufbauen zu können, das entsprechend moderner war und die BWLer von Airbus deshalb nicht vor dieselben Entscheidungen stellte wie die BWLer von Boeing. Ob Tom Enders als CEO von Boeing genauso entschieden hätte wie McNerney ist natürlich rein fiktiv, aber durchaus vorstellbar - beide gehören derselben "Denkschule" an, die im Namen der kurzfristigen Profitabilität die Sicherheitskultur bei Boeing gnadenlos für den Shareholder Value verkauft hat und die dort jetzt vor dem Scherbenhaufen ihrer Strategie steht - die konkret wichtige Frage ist aber, ob ein David Calhoun als ebenfalls Angehöriger dieser "Denkschule" das intellektuelle Rüstzeug besitzt, dieses grundsätzliche Problem der bisherigen Managementstrategie zu bemerken oder ob er die derzeitigen Probleme von Boeing nur für die Folge einer mangelhaften Marketingtaktik Muilenburgs hält. Sollte letzteres der Fall sein, dann hat Boeing seine Zukunft hinter sich.

Was dies mit einem LH-Bashing zu tun haben soll erschließt sich mir nicht - Carsten Spohr, MOL, Willie Walsh und diverse weitere derzeitige Top-Manager von Airlines gehören derselben BWLer-"Denkschule" an wie Welsh, Stonecipher, McNerney, Muilenburg, sie haben ähnliche Denkstile und daraus resultierend ähnliche Führungsstile, nur dass sich ihre konkreten Entscheidungen in einer verwandten, aber doch nur ähnlichen und nicht gleichen Branche anders manifestieren. Carsten Spohr ist aber als Ryanair-CEO genauso gut vorstellbar wie MOL als LH-CEO, beide würden es auf dem Posten des jeweils Anderen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht viel anders machen als der jetzige Inhaber der Funktion. Wie es im Artikel sehr präzise und gut dargelegt wurde: Es ist ein grundsätzliches Problem unserer gegenwärtigen wirtschaftlichen Elite, Boeing hat es derzeit aufgrund konkret zu benennender Spezifika "nur" besonders schlimm erwischt.

Dieser Beitrag wurde am 20.01.2020 15:10 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 20.01.2020 - 16:15 Uhr
Userdlehmann66
User (519 Beiträge)
Was ich nicht verstehe, es ist doch nicht schwer auch andere messbare Ziele in ein Vertrag als Zielgrösse für den Bonus hinein zu schreiben. Zum Beispiel das primäre Ziel ist die Dividende aber dieses Ziel muss er unter Einhaltung von Auflagen der sozialen Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und unter Einhaltung von Produktzusagen gegenüber Kunden schaffen.

So sollte man auch Manager in Regress nehmen können. Als Beispiel sind unter einem Manager Ziele zur Nachhaltigkeit oder wie zur Sicherheit nicht erreicht wurden. Dann können ihm auch xx Jahre rückwärts die Bonis zurück gefordert werden. Das geht so in dem er die Bonis als Aktien auf einem Depot erhält. Das Depot darf er frühestens die xx Jahre nach Erhalt des Bonis auflösen. Wird der Hersteller auf Produkthaftung verklagt, wird auch dem damaligen Manager die Bonis nachträglich gekürzt oder gestrichen.

In so einem Konzern wie Boeing muss es auch klare Unterschriftenregeln geben. Für solche Dinge wie das MCAS muss es Aufträge von Managern und Abnahmeprotokolle geben, die jemand unterschrieben hat. Hier wird es sicherlich und hoffentlich noch einigen Boeing Managern straf- und zivilrechtlich an den Kragen gehen. Es kann doch nicht sein, dass Muillenberg nix gewusst hat und es nicht darüber auch Meetingprotokolle gibt. Das der Mann jetzt mit 61 Mill Abfindung nach Hause geht, vom MCAS Problem nachweislich wusste und nach dem ersten Absturz kein Grounding bei der FAA gefordert hat ist für mich eine Straftat und man sollte in dafür zumindest alles nehmen können, was er bei Boeing ausser dem Gehalt erhalten hat eher mehr.
Beitrag vom 20.01.2020 - 16:19 Uhr
UserFloCo
Vielflieger
User (1628 Beiträge)
Das ist in der Tat die entscheidende Frage, auf die ich in der notwendigen Kürze eines solchen Forenbeitrags auch keine Antwort zu geben vermag. Aber ein ganz wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang sicherlich zu nennen: Dass der Aspekt der Nachhaltigkeit in den "Denkstil" unserer BWLer Einzug hält.

Sorry, aber wie kommen Sie dazu hier alle BWLer über einen Kamm zu scheren und Ihnen dann auch noch die scheinbar alleinige Schuld an allem Übel zu geben?

Ich stimme Ihnen zu, dass wir Nachhaltigkeit brauchen, aber diese brauchen wir auf Kundenseite. Der Kunde ist es doch, der immer mehr und mehr und das immer billiger und billiger haben will.

Was bringt es da, wenn wir den BWLern Nachhaltigkeit beibringen, die zwangsläufig zu geringerem Angebot und/oder höheren Preisen führen wird. Die Kunden werden zum Großteil weiterhin das günstigste Angebot nehmen.

Ryanair hat doch keine 1XX Mio Pax, weil der Manager nicht nachhaltig denkt, sondern weil er die Nachfrage des Kunden erkennt und sein Angebot entsprechend anpasst.
Beitrag vom 20.01.2020 - 16:27 Uhr
UserEricM
User (5429 Beiträge)
Was ich nicht verstehe, es ist doch nicht schwer auch andere messbare Ziele in ein Vertrag als Zielgrösse für den Bonus hinein zu schreiben.

Doch. Denn wer sollte das tun?
Die "gierigen Manager" sind ja nicht das eigentliche Problem.

Die meisten Aktien befinden sich im Besitz institutioneller Anleger. Versicherungen, Fonds, Banken, etc.
Diese haben bisher rein monetäre Ziele (Dividende und Aktienkurs) um wiederum andere Verpflichtungen mit dem so erwirtschafteten Geld zu bedienen.

So könnte es in Zukunft passieren, dass zB Versicherungen Beiträge massiv erhöhen oder Arbeitgeber Betriebsrenten Zusagen kürzen müssen, weil die zugrunde liegende Anlage jetzt nicht mehr monetär sondern gesamtgesellschaftlich optimiert wird.

Und spätestens dann wird das eine sehr interessante gesamtgesellschaftliche Diskussion :)

Dieser Beitrag wurde am 20.01.2020 16:28 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 20.01.2020 - 16:44 Uhr
Userdlehmann66
User (519 Beiträge)
mmmh also die aktuelle MCAS Affaire wird sicher am Ende irgendwas zwischen 20 - 80 Mrd. kosten. Das schmälert die zu zahlenden Steuern von Boeing in den USA aber auch die Dividende und auch die nächsten 5 - 10 Jahre wird wohl der Gewinn von Boeing eine mehr oder weniger grosse Delle hinehmen müssen. Es hat und wird Boeing langfristig Marktanteile kosten, die sie nur zurück kriegen können, wenn Airbus Fehler macht. Als kurzfrisitger Anleger wäre mir das egal aber als institutioneller Anleger wie Versicherungen, Fonds, Banken hat schmälert das Problem von Boeing meine Rendite langfristig und ich würde mich für die Zukunft besser über die Nachhaltigkeit und die strategische Ausrichtung einer Firma interessieren in die ich investiere um solche Dellen in meinen Anlagen zu vermeiden.
Beitrag vom 21.01.2020 - 00:36 Uhr
Userfbwlaie
User (4863 Beiträge)
Eine "kleine" Anmerkung dazu aus Seattle (bzw. The New York Times)....
 https://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/how-boeings-responsibility-in-a-deadly-crash-got-buried/
Und 6 oder 7 Jahre später war alles vergessen?


Beitrag vom 21.01.2020 - 07:52 Uhr
UserEricM
User (5429 Beiträge)
Eine "kleine" Anmerkung dazu aus Seattle (bzw. The New York Times)....
 https://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/how-boeings-responsibility-in-a-deadly-crash-got-buried/
Und 6 oder 7 Jahre später war alles vergessen?

Und ich hatte gehofft, die MAX wäre ein Einzelfall gewesen. Mist...
Ich hätte jetzt gerne eine Liste aller sicherheitskritischen Sensoren in Boeing Flugzeugen, die im Flug nur als Einzelsensor ohne Plausibilitätschecks genutzt werden...
Beitrag vom 21.01.2020 - 09:47 Uhr
UserNicci72
User (570 Beiträge)
Das ist in der Tat die entscheidende Frage, auf die ich in der notwendigen Kürze eines solchen Forenbeitrags auch keine Antwort zu geben vermag. Aber ein ganz wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang sicherlich zu nennen: Dass der Aspekt der Nachhaltigkeit in den "Denkstil" unserer BWLer Einzug hält.

Sorry, aber wie kommen Sie dazu hier alle BWLer über einen Kamm zu scheren und Ihnen dann auch noch die scheinbar alleinige Schuld an allem Übel zu geben?

Ich stimme Ihnen zu, dass wir Nachhaltigkeit brauchen, aber diese brauchen wir auf Kundenseite. Der Kunde ist es doch, der immer mehr und mehr und das immer billiger und billiger haben will.

Was bringt es da, wenn wir den BWLern Nachhaltigkeit beibringen, die zwangsläufig zu geringerem Angebot und/oder höheren Preisen führen wird. Die Kunden werden zum Großteil weiterhin das günstigste Angebot nehmen.

Ryanair hat doch keine 1XX Mio Pax, weil der Manager nicht nachhaltig denkt, sondern weil er die Nachfrage des Kunden erkennt und sein Angebot entsprechend anpasst.

Ich schere nicht alle BWLer über einen Kamm (das können Sie sicherlich nicht in meinem Beitrag gelesen haben). Ohne studierte Betriebswirte können Sie heute auch sicherlich kein großes Unternehmen führen, das ist eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich nicht gesagt zu werden braucht. Und sicherlich muss man Dinge immer noch komplexer sehen und damit auch die Rolle des Endverbrauchers in der Wirtschaft, damit haben Sie Recht. Das ist aber nicht Thema des Artikels und damit auch nicht meines Kommentars.

Im Artikel, der zu den besten gehört, die ich hier auf aero.de gelesen habe und der es wert wäre, hier ganz oben auf der Website dauerhaft "angepinnt" zu werden, wird die mangelhafte Sicherheitskultur bei Boeing, die zu dem derzeitigen Desaster des Unternehmens geführt hat, auf eine spezifische, konkret beschriebene Managementstrategie (in English: "Business Model") zurückgeführt, die ihrerseits auf eine wirtschaftswissenschaftliche "Schule" zurückgeführt wird, die in meinen beruflichen Zusammenhängen salopp als die "Chicago Boys" bekannt ist, weil sie in den 70er- und 80er-Jahren an der University of Illinois entwickelt und dann über die einschlägigen angelsächsischen Elite-Universitäten diffundiert wurde, allen voran über die Harvard Business School und die London School of Economics. Ihr Präzeptor im Bereich der Management-Theorien ist der im Artikel genannte Jack Welch, öffentlich bekannter ist der "Godfather of currency" Alan Greenspan, der über Jahrzehnte im Bereich der Währungspolitik den Status hatte, den Welch bis heute im Bereich des Unternehmensmanagements genießt. Welch war von 1981 bis 2001 CEO von GE und hat in diesen Jahren den Unternehmensgewinn versiebenfacht und die Belegschaft gleichzeitig um ein Viertel reduziert - er trägt aber auch die Hauptverantwortung dafür, dass die GE-Aktie heute eher im Cent-Bereich als im Dollar-Bereich zu finden ist (in meinen beruflichen Zusammenhängen salopp "ein Unternehmen auslutschen" genannt). Wenn man sich die Berufsbiografien und die Karriereverläufe der heutigen Top-Manager anschaut (auch, aber natürlich nicht nur in der Luftfahrtbranche), dann sind sie von dieser "Schule" geprägt und sie führen ihre Unternehmen nach den Maximen dieser Schule. Und bitte: Das ist kein Vorwurf, das ist eine absolut sachliche Feststellung. Es gibt natürlich Ausnahmen, die man auch konkret benennen kann, Thomas Winkelmann, der CEO von Germanwings war und dann der letzte CEO von Air Berlin, ist so eine. Winkelmann ist studierter Linguist und Althistoriker, der erst als "spätberufener" Mittdreißiger von den Geisteswissenschaften ins Unternehmensmanagement gewechselt ist und erst mit 45 ein Betriebswirtschaftsstudium als Zweitstudium abschloss - das dann aber, ja wo wohl? - an der Harvard Business School. Die meisten Berufsbiografien von Top-Managern verlaufen aber anders, sie gehen über ein direktes Studium der Betriebswirtschaft und eine praktische Qualifizierung im Low Management durch Leistung und Kooptation über das Middle Management ins Top Management - und dabei erfahren sie eine intellektuelle, habituelle und dispositive Prägung (wie jede Generation von Top-Managern vor ihnen und wohl auch jede nach ihnen kommende), die spezifisch ist und am besten mit dem Begriff der Enkulturierung oder Kulturalisierung zu bezeichnen. Diese Kulturalisierung hat dann ihrerseits, wenn sie "oben" angekommen sind, wesentlichen Einfluss darauf, in welcher "Richtung" sie denken, wie sie ihre Prioritäten in der Unternehmensführung setzen und wie sie darauf aufbauende Entscheidungen umsetzen.
Die heutige Generation von Top-Managern, von denen die meisten so zwischen Ende 40 und um die 60 sind, wurden biografisch nachweisbar von den Maximen der "Chicago Boys" geprägt - und für ihre Managementstrategie heißt das konkret:
- Fokussierung auf das Kostenmanagement,
- Orientierung am Shareholder Value,
- kurzfristige Ausrichtung der Unternehmensziele (die berühmte amerikanische Quartalsbilanz).
Auf das Alltagsgeschäft heruntergebrochen heißt das: Personalwirtschaft wird primär als Kosten- und damit Störfaktor gesehen und durch Outsourcing, Automatisierung und Arbeitsverdichtung reduziert, Produktion und Dienstleistung gewinnt einen rein instrumentellen Stellenwert zur Steigerung des Ebits, Investitionen werden als kurzfristiger Kostenfaktor auf ein kleinstmögliches Minimum reduziert (das genannte "Auslutschen").
Das sind die Maximen, nach denen große Unternehmen, basierend auf der dominierenden Managementstrategie, heute üblicherweise geführt werden - und bisher eben auch Boeing (mit Betonung auf "auch").

Den Namen David Calhoun habe ich in meinen beruflichen Zusammenhängen übrigens erstmals als Buchautor gehört - als Co-Autor eines Werkes, das ziemlich gehypet wurde:
Rick Kash/ David Calhoun: How Companies Win. Profiting from Demand-Driven Business Models No Matter What Business You´re in. New York: Harper Business 2010.
Es geht darin darum, "how to find new customers and bigger profits" und ich kann seine Lektüre nur jedem und jeder empfehlen, der oder die nachvollziehen möchte, wie der neue Boeing-CEO tickt. Das Buch beinhaltet übrigens ein Empfehlungsschreiben von Jack Welch, was auch nicht weiter verwundert, wenn man weiß, dass Calhoun seine Managerkarriere bei GE - und das heißt: bei Jack Welch begann, bevor er dann über die Funktion als CEO von Nielsen (einer großen Unternehmensberatungsfirma) zu Blackstone kam. Die Grundthese des Buches ist, dass nur eine aggressive Marketingstrategie die notwendig radikale Kostenoptimierung einer effizienten Unternehmensführung erfolgreich abzusichern vermag. Daher auch mein Hinweis in meinem Beitrag: Ich fürchte für Boeing und die gesamte Luftfahrtbranche, der neue CEO könnte - mit diesem intellektuellen Marschgepäck ausgerüstet - die derzeitigen Probleme von Boeing vor allem auf die - natürlich mangelhafte - PR von Dennis Muilenburg zurückführen und nicht auf eine verfehlte Managementstrategie, was nach meinem Dafürhalten Boeing dorthin bringen könnte wo GE heute steht.

"Nachhaltigkeit" ist ebenfalls zunächst einmal eine Managementstrategie und hat zunächst einmal mit Ökologie nur mittelbar etwas zu tun. Sie bedeutet konkret:
- Verlagerung der Fokussierung vom Kostenmanagement auf Ressourcenbewirtschaftung,
- Transformation von Produktion und Dienstleistung zum Schwerpunkt des Geschäftsmodells,
- Orientierung am Stakeholder Value,
- langfristige Ausrichtung der Unternehmensziele.

Wie in meinem Beitrag erwähnt fürchte ich aber, dass es dazu einer neuen Generation von Top-Managern bedarf, die eine andere Kulturalisierung und damit intellektuelle Prägung aufweisen als die heutige Generation (und wie gesagt: die Ausnahmen von der Regel gibt es immer und überall) - und bis diese auf den "Kommandohöhen" der CEO-Positionen angekommen ist, werden noch so 15 bis 20 Jahre ins Land gehen.

Ich hoffe, ich konnte mit diesen Ausführungen Missverständnisse aufklären.



Dieser Beitrag wurde am 21.01.2020 09:53 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 21.01.2020 - 09:56 Uhr
Userdlehmann66
User (519 Beiträge)
Danke @ Nicci 72, das war auch mal über den Tellerrand der Luftfahrt hinaus sehr interessant.
Beitrag vom 21.01.2020 - 10:27 Uhr
UserFloCo
Vielflieger
User (1628 Beiträge)
Ich schere nicht alle BWLer über einen Kamm (das können Sie sicherlich nicht in meinem Beitrag gelesen haben). Ohne studierte Betriebswirte können Sie heute auch sicherlich kein großes Unternehmen führen, das ist eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich nicht gesagt zu werden braucht.

Nur einige Auszüge aus Ihrem Kommentar, auf den ich Bezug genommen habe:
"Dass der Aspekt der Nachhaltigkeit in den "Denkstil" unserer BWLer Einzug hält."
"weil die jetzt in die wirtschaftlichen Führungspositionen gelangenden und dort befindlichen BWLer im Geiste [...] die Wenigsten (Anmerkung von mir: Nach der deutschen Sprache ist sind damit die vorherigen genannten BWLer gemeint) von ihnen das intellektuelle Rüstzeug zur reflexiven Selbstkritik besitzen."
"war und die BWLer von Airbus deshalb nicht vor dieselben Entscheidungen stellte wie die BWLer von Boeing."
So oft, wie Sie hier pauschal von "BWLern" sprechen, ist das schon eine sehr pauschale Formulierung gegen den Studiengang BWL. den Sie hier anführen.

Und sicherlich muss man Dinge immer noch komplexer sehen und damit auch die Rolle des Endverbrauchers in der Wirtschaft, damit haben Sie Recht. Das ist aber nicht Thema des Artikels und damit auch nicht meines Kommentars.

Das sehe ich anders. Ihre Ausführungen im Nachgang beinhalten sicherlich viel Richtiges, ist aber eine einseitige Betrachtungsweise. Sie betrachten rein die Unternehmensführung und implizieren damit die Schuld dieser an der aktuellen Misere. Das kann man aber nicht machen, ohne auch die Kundenseite zu betrachten. Von daher kommt man nicht umhin auch die Kunden mit in diese Diskussion einzuziehen. Denn alles was Sie hier dem Management verschiedener Unternehmen oder "Denkschulen" anlasten, hat den Ursprung im Geiz und der Gier des Menschen. Es hätte doch kein Manager mit der Strategie, die Kosten zu drücken, bis an die Spitze kommen können, wenn die Kunden gesagt hätte: "Ach ne, ich lege Wert auf faire Arbeitsbedingungen, kein Outsourcing, Nachhaltige Unternehmensführung, etc. Ich kaufe nicht bei denen!"

Der Kunde will und vor allem wollte es immer alles billiger. Nur so konnten diese Unternehmen mit der Unternehmenspolitik so erfolgreich sein. Erfolgreich war/ist, wer billig ist oder sich auf Nischenmärkte konzentriert und sich damit zufrieden gibt.

Und das wird sich auch nicht ändern. Da kann gerne eine neue "Denkschule" bei den BWLern Einzug halten, wenn der Kunde nicht mitzieht, dann bringt dem Unternehmen das absolut gar nichts.

Welch war von 1981 bis 2001 CEO von GE und hat in diesen Jahren den Unternehmensgewinn versiebenfacht und die Belegschaft gleichzeitig um ein Viertel reduziert - er trägt aber auch die Hauptverantwortung dafür, dass die GE-Aktie heute eher im Cent-Bereich als im Dollar-Bereich zu finden ist (in meinen beruflichen Zusammenhängen salopp "ein Unternehmen auslutschen" genannt).

Jetzt übertreiben Sie aber etwas um Ihren Standpunkt darzustellen, oder? GE steht bei über 10 $ je Aktie...das ist nicht gerade der Cent Bereich.


Ich hoffe, ich konnte mit diesen Ausführungen Missverständnisse aufklären.

Danke für die lange Ausführung, aber für mich bleibt Ihre Betrachtungsweise einseitig. Für bleibt es dabei, dass der Kunde eine der Hauptursachen des Problems ist und daher nicht einfach "weggelassen" werden kann.
Beitrag vom 21.01.2020 - 11:40 Uhr
UserULFT Cargo
User (79 Beiträge)
Es macht viel Freude die Meinungen zu lesen. Zeigt es doch das das wirkliche Problem, nämlich wir, durchaus erkannt ist.

Bleibt meinem Kommentar zu "Wie kommen wir da raus" nur hinzuzufügen:

Bewusster unsere Kinder (die zukünftigen BWLer) erziehen!

Und ja damit schere ich ALLE BWLer der Zukunft über einen Kamm!
Beitrag vom 21.01.2020 - 12:22 Uhr
UserFloCo
Vielflieger
User (1628 Beiträge)

Bewusster unsere Kinder (die zukünftigen BWLer) erziehen!

Und ja damit schere ich ALLE BWLer der Zukunft über einen Kamm!

Das würde das Problem aber auch nicht lösen bzw. uns nicht glücklich machen. Letztendlich kommt es genau auf die Mischung und den Austausch zwischen den verschiedenen Denkmustern an.

Das könnte aber auch ein Problem der heutigen Zeit sein: Es wird oft nur schwarz oder weiß gesehen. Wir sehen es ja auch in der Politik, wo oft nur nach "massiven Investitionen und Steuersenkungen" geschrien wird oder eben nach "wir müssen sparen, sparen, sparen". Den Mittelweg, den fordert kaum jemand (ernsthaft).

Von daher wäre es jetzt aber auch nicht gut, wenn wir alle unsere BWLer oder Konzernlenker umschulen auf: Scheiß auf's Geld, wir wollen jetzt Qualität/Nachhaltigkeit.

Am Ende muss es eine gesunde Mischung sein, die es dann aber so eben auch wieder auf der anderen Seite, beim Kunden, geben muss.
Beitrag vom 21.01.2020 - 12:44 Uhr
UserULFT Cargo
User (79 Beiträge)
Mit einer bewussten Kindererziehung meine ich auch sicher nicht eine Zitat: "Scheiß" drauf (worauf auch immer) Mentalität. Dann hätte ich meine Aufgabe wohl grundlegend falsch angegangen!
1 | 2 | « zurück | weiter »