Spanien
Älter als 7 Tage

Ryanair-Flugbegleiter verlängern Streiks um fünf Monate

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © Ryanair

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MADRID - Das in Spanien bereits seit Ende Juni für bessere Arbeitsbedingungen streikende Kabinenpersonal der Billig-Airline Ryanair verlängert seine Ausstände um weitere fünf Monate.

Man werde zwischen dem 8. August und dem 7. Januar 2023 allwöchentlich von Montag bis Donnerstag streiken, teilten die zuständigen spanischen Gewerkschaften USO und Sitcpla am Mittwoch mit. Die irische Fluggesellschaft halte sich nicht an die spanischen Gesetze und verweigere außerdem jede Verhandlung, hieß es.

Gefordert wird die Einhaltung "grundlegender Arbeitsrechte" wie etwa 22 Werktage Jahresurlaub, 14 gesetzlich festgelegte Feiertage, die Umsetzung des Gesetzes über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie eine Lohnanhebung auf das Niveau von vor der Pandemie.

Das Kabinenpersonal von Ryanair hat seit dem 24. Juni und bis Donnerstag (28.7.) bereits insgesamt 18 Streiktage angesetzt, die bisher allerdings zu keiner Lösung des Arbeitskonflikts geführt haben. Diese Arbeitsniederlegungen hätten zur Streichung von insgesamt rund 300 Flügen sowie zu etwa 3000 Verspätungen geführt, berichtete am Mittwoch der staatliche Fernsehsender RTVE.

Von den Ryanair-Streiks sind zahlreiche Flughäfen betroffen: Neben Madrid, Barcelona und Mallorca auch Málaga, Sevilla, Alicante, Valencia, Girona, Ibiza und Santiago de Compostela. Wegen der von der spanischen Gesetzgebung vorgeschriebenen Aufrechterhaltung von "Mindestdiensten" bei Streiks darf allerdings nur ein - oft relativ kleiner - Teil der Flüge abgesagt werden. Im Falle der Ryanair-Ausstände beschloss das Transportministerium zuletzt zum Beispiel, dass an den Streiktagen je nach Flughafen mindestens 73 bis 82 Prozent aller vorgesehenen Flüge absolviert werden müssen. Auf Mallorca führten die Streiks bisher zu keinen größeren Problemen.
© dpa | 27.07.2022 16:07

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Beitrag vom 29.07.2022 - 10:15 Uhr
Kennt sich jemand aus mit der spanischen Gesetzgebung? Mir kommt das, ähm, spanisch vor, dass "nur ein - oft relativ kleiner - Teil der Flüge abgesagt werden" darf. Wie geht das? Werden die FBs gezwungen, zu arbeiten? Oder generell, Arbeitnehmer?
So ähnlich, ja. Ein Streik in Spanien ist nicht unbedingt vergleichbar mit einem Streik in Deutschland (zum Beispiel dem des LH Bodenpersonal). Ein Streik muss auch hier angemeldet und genehmigt werden und unterliegt strengen Auflagen. Und hier spielt die Regierung eine wichtige Rolle. Denn diese setzt, meiner Meinung nach, sehr stark Ihre eigene Interessen durch und stellt sich eher auf die Arbeitgeberseite (also Ryanair). Im Konkreten Fall heißt das: wenn die FlugbegleiterInnen sich dazu entscheiden zu streiken, gibt die Regierung einen so genannten “minimum Service” vor. Das heißt die Airline wird dazu verpflichtet, einen Teil der Flüge durchzuführen. Ein Streik auf diese Flüge wird dadurch Illegal und kommt einer Arbeitsverweigerung gleich. Teilweise liegt dieser Wert bei 70-80% aller Flüge, weshalb es in der Vergangenheit nur zu sehr wenigen Ausfällen kam. Das ganze spielt natürlich in Ryanair’s Karten und ein Streik in Spanien ist daher nicht vergleichbar mit einem Streik in Frankreich, Deutschland oder Italien. Die Gewerkschaft kritisiert das, hat aber nicht viel Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Deshalb jetzt dieser radikale Schritt, die nächsten 5 Monate zu streiken. Am Ende hofft man wohl darauf, dass durch dieses hinauszögern kombiniert mit Kündigungen und Entlassungen die übrigen FlugbegleiterInnen an Ihre Grenze kommen und das ganze System irgendwann nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

Wenn ja, ist es dann strafbar, doch zu streiken und nicht zu arbeiten?
Ja, wie bereits geschrieben. Bei Ryanair wurden deshalb schon einige FlugbegleiterInnen fristlos gekündigt.

Wenn dem so ist, wie um alles in der Welt will dann jemals noch eine Berufsgruppe Forderungen wirklich schlagkräftig durchsetzen können? Das wären ja dann keine Streiks, das wären eigentlich karrieremäßige Selbstmorde, da man sich ja regelrecht outet und es einer Firma herzlich schnuppe sein wird, wenn man nicht arbeitet, denn es müssen ja doch genug trotzdem ran...
Genau das ist zur Zeit das Problem in Spanien.

Ich bin kein Fan von Streiks, aber wenn man sie nicht anwenden kann, dann ist es wie ein Land, das keine Armee und keine Schlagkraft hat. Auf Dauer wird es überrannt werden...
Es bleibt spannend.

Wieso macht die Regierung das? Nun ja, darüber kann man nur Rätseln. Aber sie verfolgt gewiss auch Ihre eigenen Interessen, denn gerade der Tourismus ist Spaniens größter Arbeitgeber und Einnahmequelle. Das ganze hat wohl auch einen historischen Hintergrund, aber an diesen kann ich mich jetzt nicht mehr ganz erinnern. Vor einigen Jahren ist wohl ein Streik mal aus dem Ruder gelaufen, weshalb das ganze jetzt stärker reglementiert ist.
Beitrag vom 28.07.2022 - 10:09 Uhr
Kennt sich jemand aus mit der spanischen Gesetzgebung? Mir kommt das, ähm, spanisch vor, dass "nur ein - oft relativ kleiner - Teil der Flüge abgesagt werden" darf. Wie geht das? Werden die FBs gezwungen, zu arbeiten? Oder generell, Arbeitnehmer?
Wenn ja, ist es dann strafbar, doch zu streiken und nicht zu arbeiten?
Wenn dem so ist, wie um alles in der Welt will dann jemals noch eine Berufsgruppe Forderungen wirklich schlagkräftig durchsetzen können? Das wären ja dann keine Streiks, das wären eigentlich karrieremäßige Selbstmorde, da man sich ja regelrecht outet und es einer Firma herzlich schnuppe sein wird, wenn man nicht arbeitet, denn es müssen ja doch genug trotzdem ran...
Ich bin kein Fan von Streiks, aber wenn man sie nicht anwenden kann, dann ist es wie ein Land, das keine Armee und keine Schlagkraft hat. Auf Dauer wird es überrannt werden...
Spannende Frage. Hier finden Sie die Hintergründe...
 http://www.dirittodellavoro.it/public/current/miscellanea/atti/israele/0039-s~1.pdf
Hier gibt es dann nichmahr
 https://www.etui.org/covid-social-impact/spain/strikes-in-spain-background-summary

Kurz, das Streikrecht wird in Spanien ziemlich hoch gehängt, wenn auch an einige Bedingungen geknüpft. Nur wenige dürfen garnicht streiken, aber dafür gibt es hohe Hürden. Fluggesellschaften oder Flughäfen gehören nicht dazu. Interessant ist, dass Streikende nicht ersetzt werden dürfen, weder intern noch extern. Man kann also einen FB in Madrid nicht durch einen aus BRU ersetzen.
Also alles gut, durchatmen und Daumen drücken, dass es Erfolg har. Irgendwann.



Dieser Beitrag wurde am 28.07.2022 10:10 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 28.07.2022 - 09:10 Uhr
Ich bin leider/zum Glück kein Jurist. Ich habe es aber mal irgendwo mitgeschnitten, dass Streiks in Spanien am Gericht angemeldet werden (oder auf Antrag des Gegners dort behandelt werden?) und die Gerichte zu klären haben, ob durch den Streik die Grundversorgung der Bevölkerung gefährdet ist. Ich hatte das bisher aber nur bei sowas wie Bahngesellschaften, Lebensmittel/Einzelhandel, Post/Telekommunikation, Medien etc. in Erinnerung. Eine so hohe Quote habe ich auch nicht wahrgenommen, was nicht bedeutet, dass es außergewöhnlich sein muss.

Im Endeffekt haben wir in Deutschland auch eine Berufsgruppe die nicht streiken darf ... das sind die Beamten. Aber im Endeffekt gibt es je nach Sozialsystem auch noch die Chance sich krankschreiben zu lassen.

Aber es liegt ja auch an uns ... das gesparte Geld für sozialverträgliche Arbeitsbedingungen geht ja in die günstigen Flugpreise. Warum unterstützen wir also solche Ausbeuter-Firmen und setzen nicht schon längst ein Zeichen auf Fliegen zu verzichten oder Airlines zu wählen, denen ihre Mitarbeiter noch etwas wert sind ... auch wenn das immer weniger werden.


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