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Älter als 7 Tage

Erfolgstrip von SpaceX soll neues Weltraumzeitalter einläuten

HAWTHORNE - Die weltweit bestaunte Szene hatte etwas von einem Science-Fiction-Film aus den sechziger Jahren. Eine weiße Rakete in Form eines Bleistifts nähert sich aus einem blassblauen, wolkenverhangenen Himmel, um sich unter Bildung weißen Rauchs langsam, aber offenbar trittsicher auf einem vollautomatischen Drohnenschiff mitten im Atlantik niederzulassen.

Nach dieser beispiellosen Aktion hat Elon Musk einen weiteren Meilenstein als ernstzunehmender privater Raumfahrtunternehmer geschafft und könnte seinem Ziel näher gekommen sein, eines Tages Menschen auf den Weg zum Mars zu schicken. Fürs Erste hat er die wiederverwendbare Rakete ihrem Härtetest erfolgreich unterzogen.

SpaceX
Schwimmender Landeplatz "Of Course I Still Love You", © SpaceX

Und was war das für eine Woche für Musk. Nur wenige Tage nach Vorstellung des neuesten Tesla-Elektroautos, diesmal gedacht für den Massenmarkt, haben Millionen den Raketenstart der Falcon 9 via Internet und auf den Fernsehbildschirmen verfolgt - und rund acht Minuten später deren spektakuläre Landung auf See.

Zu den ersten Gratulanten zählte US-Präsident Barack Obama und Apollo-Astronaut Buzz Aldrin, der vor fast einem halben Jahrhundert mit dem ersten Moonwalk eine wohl vergleichbare Pioniertat vollzog.

Musk reagierte mit der für ihn üblichen Unbescheidenheit, als er twitterte: "Tickets für Weltraumhotels, den Mond und den Mars werden billiger zu haben sein als gedacht."

SpaceX gelingt Raktenlandung auf schwimmender Plattform
SpaceX gelingt Raketenlandung auf schwimmender Plattform, © SpaceX

"Ich halte das für die dramatische Visualisierung des neuen Weltraumzeitalters", sagte der leitende Analyst Marco Caceres von der Teal Group in Fairfax im US-Bundesstaat Virginia zur Raketenlandung. "Die NASA hat immer wieder versucht, die Begeisterung der Apollo-Ära zurückzubringen. Elon Musk hat es einfach getan", sagte er.

Space Exploration Technologies Corp. war vor 14 Jahren von Musk gegründet worden mit dem Ziel, die Raumfahrt zu revolutionieren und ausdrücklich auch, um langfristig eine Kolonie auf dem Mars zu errichten. Inzwischen steht SpaceX kurz davor, den Markt für kommerzielle Trägerraketen zu dominieren. Für das laufende Jahr sind noch 18 Starts geplant und damit dreimal so viele wie 2015.

Der spektakuläre Raketenumlauf am vergangenen Freitag war ein Versorgungsflug zur Internationalen Raumstation ISS und erst der dritte Start in diesem Jahr. Sollte SpaceX die geplante Zahl der Starts schaffen, so würden die funktionierenden Konkurrenzsysteme aus den USA, Frankreich, Russland und China geradezu deklassiert.

SpaceX gelingt Raktenlandung auf schwimmender Plattform
SpaceX gelingt Raketenlandung auf schwimmender Plattform, © SpaceX

Der Raketenantrieb, der die Landung auf den Drohnenschiff vollzogen hat, wird jetzt an Land gebracht und dort weiteren Tests unterzogen. Sollte technisch alles im Lot sein, könnte genau diese Rakete bereits im Juni wieder den Weg in den Weltraum antreten. Ab dem zweiten Halbjahr soll die Praxis dann zur Routine werden, so die Planungen. Musk plant dann mit SpaceX alle zwei bis drei Wochen einen Start - und eine Landung.

Spätestens dann werden die etablierten Konkurrenten wie Arianespace mit der europäischen Ariane 5, und die aus einem Joint Venture von Boeing Co. und Lockheed Martin Corp. entstandene United Launch Alliance (ULA) ins Grübeln geraten. SpaceX bietet niedrigere Fixkosten und verbindet das auch noch mit der High-Tech-Aura des Silicon Valley. Aber auch die Konkurrenten arbeiten natürlich an Systemen mit wiederverwendbaren Raketen.

Laut Webseite schlägt ein Raketenstart mit der Falcon 9 mit 61,2 Millionen Dollar zu Buche. Die Konkurrenz wird diesen Preis voraussichtlich noch für einige Jahre nicht unterbieten können. Vor zwei Jahren wurde der Start einer ULA Atlas V Rakete, die wohlgemerkt nicht wiederverwendbar ist, für 184 Millionen Dollar angeboten. Seitdem konnte der Preis offenbar um ein Drittel gesenkt werden, aber unter die Marke von 100 Millionen Dollar wird er frühestens 2019 fallen können.

Die NASA, wegen der Raumstation ISS auf regelmäßige Versorgungsflüge angewiesen, hatte das wiederverwendbare Space Shuttle 2011 in Rente geschickt und arbeitet nunmehr mit den privaten Anbietern zusammen, um Fracht und Personal ins All zu befördern. Wie beim letzten Start eben auch mit SpaceX.

SpaceX gelingt Raktenlandung auf schwimmender Plattform
SpaceX gelang 2016 Raketenlandung auf schwimmender Plattform, © SpaceX

Staatliche Organisationen wie die NASA sind nur ein Teil der potenziellen Kundschaft. Kommerzielle Satellitenbetreiber sind ebenfalls auf Raketenstarts angewiesen, um die Kommunikationssatelliten in eine Umlaufbahn zu schießen. Der dritte große Markt ist die Rüstungsindustrie, die teils geheime Missionen für das Militär durchführt. SpaceX beteiligt sich etwa am Programm für GPS-Satelliten für die US-Air Force.

Musk macht sein eigenes Ding

SpaceX bewegt sich überdies außerhalb eines in Jahrzehnten etablierten Systems von Zulieferern und Subunternehmen, die ein teils undurchschaubares Geflecht gebildet haben. SpaceX baut nicht nur die Rakete Falcon 9 selbst, sondern auch den Antrieb namens Merlin. Das Unternehmen gehe eher vor wie im Silicon Valley, hieß es kürzlich in einer Studie von Alix Partners.

"Dass SpaceX den Antrieb selber baut, ist ein riesiger Vorteil", stellte Analyst David Wireman von Alix Partners fest, "denn es handelt sich bei jeder Rakete um den kostspieligsten Teil. Mit SpaceX ist die übliche Lieferkette einfach durchbrochen worden".

SpaceX
SpaceX gelingt Raketenlandung auf schwimmender Plattform, © SpaceX

Der Luxemburger Satellitenbetreiber SES hatte mit SpaceX erstmals 2013 gearbeitet und bis 2017 vier weitere Starts gebucht. Neben den Kostengründen war es die Herangehensweise, die den Kunden fasziniert hat.

Über das jugendliche und frischere Auftreten der Mitarbeiter von SpaceX bei Verkaufsveranstaltungen hinaus hat SES-TechnikchefMartin Halliwell noch einen weiteren Unterschied beim Musk-Unternehmen zu den etablierten Anbietern ausgemacht. "Der fundamentale Unterschied ist ihre Mission, und diese Mission ist der Flug zum Mars", sagte er. Das sei in der Branche absolut einzigartig. Diese Leidenschaft sei, ebenso wie bei Musk, bei jedem einzelnen Mitarbeiter spürbar.
© Bloomberg News | Abb.: SpaceX | 17.04.2016 11:26


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