Community / Kommentare zu aktuellen Nachrichten / Trimmautomatik MCAS griff irrtümlic...

Beitrag 16 - 30 von 36
Beitrag vom 06.04.2019 - 10:25 Uhr
Userdidigolf
User (353 Beiträge)
Ich halte mich normalerweise zurück, Kommentare zu kommentieren. Ich bin eher ein stiller Leser. Jedoch muss ich nun trotzdem mal Stellung beziehen zu diesem ganzen Thema. Denn was ich auf dieser Webseite zum Thema MCAS/Boeing etc... an Kommentaren lese, lässt mich nur den Kopf schütteln. So viel Meinung bei so wenig Wissen!
Ich möchte keinesfalls Boeing in Schutz nehmen. Jedoch geht mir die Diskussion nur in eine Richtung, ohne den Sachverhalt genau zu kennen oder das technische Hintergrundwissen zu haben. Mediale Berichte, die teilweise von anderen Medien abgeschrieben oder zumindest sehr schlecht recherchiert sind, werden einfach als bare Münze genommen.
Es ist erwiesener und von Boeing bestätigter Fakt, das die MCAS-Software fehlerhaft programmiert wurde. Sicherlich wird sich Boeing und die FAA dafür verantworten müssen. Bestimmt war die MCAS-Software mit ein auslösender Faktor, der zum Absturz führte. Jedoch muss man vorsichtig sein, nicht den Tunnelblick zu kriegen. MCAS alleine hat nicht zum Absturz geführt. Es braucht immer mehrere Faktoren, welche schliesslich zu einem Unfall führen. Die 737Max ist nicht per se ein unsicheres Flugzeug. Die Behauptung von Lunte, dass die 737Max ohne Trimmautomatik in x-beliebiger Konfiguration oder Fluglage nicht auskommt, ist schlicht falsch. Da müsste man sich vorher über das Design des MCAS und den technischen Gegebenheiten des 737Max informieren, bevor man solch einen Unfug schreibt. Glaubt wirklich jeder von euch, dass die beiden Piloten der Ethiopian richtig reagiert haben, so wie es die Firmenverantwortlichen sagen? Wieso wird die Ausbildungs-Kultur der Piloten in den Kommentaren nicht erwähnt? Ist es wirklich clever, bei einem "Unreliable Airspeed"-Event kurz nach dem Start sofort zu versuchen, den Autopiloten einzuschalten? Macht es Sinn, während einem aktivierten Stick-Shaker die Landeklappen einzufahren? Wurde die Grundregel Aviate-Navigate-Communicate wirklich eingehalten? Ich glaube, dass das Verhalten der Flight-Crew zumindest einen wesentlichen Beitrag zum Absturz beigetragen hat. Man vergesse nicht: Die Max hat seit ihrer Einführung schätzungsweise 250´000 Flüge gemacht, und das ist sehr konservativ gerechnet. Die meisten Auslieferungen waren nach China, USA und Europa.
Also bitte: Ball flach halten. Nicht voreilig Schlüsse ziehen, wenn man von der Sache keine Ahnung hat.

Mit vielem, was Sie hier geschrieben haben, stimme ich mit Ihnen überein, und auch ich wundere mich, wer hier seine weisheiten alles verbreitet, ohne Kenntnisse der Materie.
Dass aber das Verhalten der Crew einen wesentlichen Beitrag zum Unfall geleistet hat, impliziert wieder, dass andere Piloten aus Europa oder USA die Situation gemeistert hätten.
Dabei bitte ich aber zu bedenken wie das abgelaufen ist:
Kurz nach dem Start verabschiedet sich ein AOA Sensor, in Folge gibt es "Airspeed unreliable" und speed Anzeigen, mit gleichzeitiger Stallwarnung und einsetzendem Stickshaker. Warum vorher bzw wann der AP eingeschaltet wurde und auch die Klappen eingefahren wurde, wird die Untersuchung ergeben. Dann schaltet man den AP wieder aus, in Folge trimmt das MCAS die Nase nach unten. Das hat die Crew dann recht schnell unterbunden, in dem sie die Stab trim cutout switches geschaltet hat. Danach wurde versucht, mit dem manuell trim den Stab wieder zurückzutrimmen, ohne Erfolg, da mittlerweile die Speed schon zu gross war. Aus Verzweifelung hat man dann wohl die Stab trim cutout switches wieder zurückgeschaltet, um wieder elektrisch den Stab zu trimmen, wodurch aber wieder das MCAS eingesetzt hat.
Man muss bedenken, was da im Cockpit los war, und Sie wissen als 737 Pilot doch selber, wie aufwendig alleine die "Airspeed unreliable" checkliste ist. Wie schon gesagt, gleichzeitig rattert der Stickshaker obwohl man ja schon reichlich schnell war, es gibt diverse visuelle und audiowarnungen, das MCAS trimmt unvorbereitet und fliegen muss man ja auch noch!
Da ist man sehr schnell an der Grenze der menschlichen Leistungsfähigkeit, und dann werden eben auch Fehler gemacht, wie zum Beispiel die Geschwindigkeit ausser Acht gelassen.
Wenn genau diese Situation ohne Vorbereitung bzw Briefing im Simulator nachgestellt würde, behaupte ich, dass die grosse Mehrheit aller Crews das nicht gemeistert hätten!
Ob der Ablauf so wie ich geschildert habe, wirklich so war, wird der endgültige Untersuchungsbericht zeigen, darauf müssen wir noch warten. Einen vorläufigen Bericht hat die Seattle Times, eigentlich ein "Hausblatt" von Boeing am 04.04. veröffentlicht, sehr detailliert und professionell beschrieben.
 http://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/preliminary-crash-report-reveals-detail-of-ethiopian-pilots-fight-against-the-737-max-flight-controls/
Also bitte, den Ball flach halten und nicht gleich wieder denken, die Crew war mitverantwortlich!
Beitrag vom 06.04.2019 - 11:05 Uhr
UserLAWOLF
User (269 Beiträge)
Ist es außer dem MCAS Software Problem auch nicht ein Designproblem? Bei der Boeing 737 Max hängen die Triebwerke weit vorne, weil die Maschine ein zu kurzes Fahrwerk hat, beim Airbus NEO ist es nicht so, weil der Airbus ein höheres Fahrwerk besitzt.
Beitrag vom 06.04.2019 - 11:24 Uhr
User737pilot
User (17 Beiträge)
Ich halte mich normalerweise zurück, Kommentare zu kommentieren. Ich bin eher ein stiller Leser. Jedoch muss ich nun trotzdem mal Stellung beziehen zu diesem ganzen Thema. Denn was ich auf dieser Webseite zum Thema MCAS/Boeing etc... an Kommentaren lese, lässt mich nur den Kopf schütteln. So viel Meinung bei so wenig Wissen!
Ich möchte keinesfalls Boeing in Schutz nehmen. Jedoch geht mir die Diskussion nur in eine Richtung, ohne den Sachverhalt genau zu kennen oder das technische Hintergrundwissen zu haben. Mediale Berichte, die teilweise von anderen Medien abgeschrieben oder zumindest sehr schlecht recherchiert sind, werden einfach als bare Münze genommen.
Es ist erwiesener und von Boeing bestätigter Fakt, das die MCAS-Software fehlerhaft programmiert wurde. Sicherlich wird sich Boeing und die FAA dafür verantworten müssen. Bestimmt war die MCAS-Software mit ein auslösender Faktor, der zum Absturz führte. Jedoch muss man vorsichtig sein, nicht den Tunnelblick zu kriegen. MCAS alleine hat nicht zum Absturz geführt. Es braucht immer mehrere Faktoren, welche schliesslich zu einem Unfall führen. Die 737Max ist nicht per se ein unsicheres Flugzeug. Die Behauptung von Lunte, dass die 737Max ohne Trimmautomatik in x-beliebiger Konfiguration oder Fluglage nicht auskommt, ist schlicht falsch. Da müsste man sich vorher über das Design des MCAS und den technischen Gegebenheiten des 737Max informieren, bevor man solch einen Unfug schreibt. Glaubt wirklich jeder von euch, dass die beiden Piloten der Ethiopian richtig reagiert haben, so wie es die Firmenverantwortlichen sagen? Wieso wird die Ausbildungs-Kultur der Piloten in den Kommentaren nicht erwähnt? Ist es wirklich clever, bei einem "Unreliable Airspeed"-Event kurz nach dem Start sofort zu versuchen, den Autopiloten einzuschalten? Macht es Sinn, während einem aktivierten Stick-Shaker die Landeklappen einzufahren? Wurde die Grundregel Aviate-Navigate-Communicate wirklich eingehalten? Ich glaube, dass das Verhalten der Flight-Crew zumindest einen wesentlichen Beitrag zum Absturz beigetragen hat. Man vergesse nicht: Die Max hat seit ihrer Einführung schätzungsweise 250´000 Flüge gemacht, und das ist sehr konservativ gerechnet. Die meisten Auslieferungen waren nach China, USA und Europa.
Also bitte: Ball flach halten. Nicht voreilig Schlüsse ziehen, wenn man von der Sache keine Ahnung hat.

Mit vielem, was Sie hier geschrieben haben, stimme ich mit Ihnen überein, und auch ich wundere mich, wer hier seine weisheiten alles verbreitet, ohne Kenntnisse der Materie.
Dass aber das Verhalten der Crew einen wesentlichen Beitrag zum Unfall geleistet hat, impliziert wieder, dass andere Piloten aus Europa oder USA die Situation gemeistert hätten.
Dabei bitte ich aber zu bedenken wie das abgelaufen ist:
Kurz nach dem Start verabschiedet sich ein AOA Sensor, in Folge gibt es "Airspeed unreliable" und speed Anzeigen, mit gleichzeitiger Stallwarnung und einsetzendem Stickshaker. Warum vorher bzw wann der AP eingeschaltet wurde und auch die Klappen eingefahren wurde, wird die Untersuchung ergeben. Dann schaltet man den AP wieder aus, in Folge trimmt das MCAS die Nase nach unten. Das hat die Crew dann recht schnell unterbunden, in dem sie die Stab trim cutout switches geschaltet hat. Danach wurde versucht, mit dem manuell trim den Stab wieder zurückzutrimmen, ohne Erfolg, da mittlerweile die Speed schon zu gross war. Aus Verzweifelung hat man dann wohl die Stab trim cutout switches wieder zurückgeschaltet, um wieder elektrisch den Stab zu trimmen, wodurch aber wieder das MCAS eingesetzt hat.
Man muss bedenken, was da im Cockpit los war, und Sie wissen als 737 Pilot doch selber, wie aufwendig alleine die "Airspeed unreliable" checkliste ist. Wie schon gesagt, gleichzeitig rattert der Stickshaker obwohl man ja schon reichlich schnell war, es gibt diverse visuelle und audiowarnungen, das MCAS trimmt unvorbereitet und fliegen muss man ja auch noch!
Da ist man sehr schnell an der Grenze der menschlichen Leistungsfähigkeit, und dann werden eben auch Fehler gemacht, wie zum Beispiel die Geschwindigkeit ausser Acht gelassen.
Wenn genau diese Situation ohne Vorbereitung bzw Briefing im Simulator nachgestellt würde, behaupte ich, dass die grosse Mehrheit aller Crews das nicht gemeistert hätten!
Ob der Ablauf so wie ich geschildert habe, wirklich so war, wird der endgültige Untersuchungsbericht zeigen, darauf müssen wir noch warten. Einen vorläufigen Bericht hat die Seattle Times, eigentlich ein "Hausblatt" von Boeing am 04.04. veröffentlicht, sehr detailliert und professionell beschrieben.
 http://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/preliminary-crash-report-reveals-detail-of-ethiopian-pilots-fight-against-the-737-max-flight-controls/
Also bitte, den Ball flach halten und nicht gleich wieder denken, die Crew war mitverantwortlich!


Ich kenne den Zwischenbericht und aus diesem Bericht geht klar hervor, WANN die Crew versucht hat, den Autopiloten einzuschalten und die Klappen einzufahren. Die "AIRSPEED UNRELIABLE” ist allerdings ein wenig aufwändig. Jedoch ist die Checkliste so konzipiert, dass man als Erstes als "Memory Items” die Fluglage stabilisiert und erst danach, nachdem die Situation analysiert wurde, die Checkliste gelesen wird. Auch beim "STABILIZER RUNAWAY” macht man zuerst die Memory Items. Aus dem Zwischenbericht geht hervor, dass diese Memory Items nach der AND-Trimmung gemacht wurden, jedoch mit beachtlicher Verspätung... Klar, es ist eine komplexe Situation. Jedoch sollte man von einer Crew erwarten, diese bewältigen zu können. Alles, was ich sagen wollte ist, dass man nun nicht nur in eine Richtung schiesst, sondern alle Faktoren anschaut und analysiert.
Beitrag vom 06.04.2019 - 11:27 Uhr
UserEricM
User (5500 Beiträge)
Ist es außer dem MCAS Software Problem auch nicht ein Designproblem? Bei der Boeing 737 Max hängen die Triebwerke weit vorne, weil die Maschine ein zu kurzes Fahrwerk hat

Diese Design Eigenschaft machte das MCAS in der Form überhaupt erst notwendig, da ein positiver AoA durch die zusätzliche aerodynamische Auftriebswirkung der Triebwerksverkleidung vor dem Masse-Schwerpunkt den Auftriebs-Schwerpunkt nach vorn verlagert und so eine Rollbewegung um die Querachse (Nose Up) bewirkt.

Das wiederum vergrößert ohne Korrektur den AoA weiter und das wiederum die oben beschriebene aerodynamische Wirkung der Triebwerkspositon, es handelt sich also um einen sich selbst verstärkenden Effekt, eine dynamische Instabilität.
Diese sollte MCAS ausgleichen.
Beitrag vom 06.04.2019 - 11:32 Uhr
UserLP
User (397 Beiträge)
@737 Pilot: Sie haben auf jeden Fall Recht, es werden auch hier mehrere Faktoren beteiligt sein. Und klar, sind hier nicht ausschließlich 737 Piloten unterwegs, ein Forum dient eben einer breiteren Mehrheit. Luftfahrt begeistert eben. Was so an Wissen und Vermutungen umherschwirrt, ist zahlreich und nicht alles richtig. Der Forumteilnehmer muss halt filtern. Um so besser, wenn mal ein wirklich Wissender dabei ist. Was sind denn Ihre Erfahrungen mit dem MCAS. Und was erzählen sich denn Piloten untereinander so darüber. Ich behaupte mal, dass Szenario ist schon bei anderen ähnlich aufgetreten, aber man hat es gemeistert. Da müssen doch Erzählungen bekannt sein, bei konservativen 250000 Flügen.
Beitrag vom 06.04.2019 - 11:54 Uhr
Userdidigolf
User (353 Beiträge)
In meiner Antwort auf den 737 Piloten wollte ich nur darauf hinweisen, wie komplex die ganze Situation war und natürlich, hier in aller Ruhe am PC kann man das ganze gut nachvollziehen und weiss auch was zu tun ist, um die Situation zu meistern.
Wenn es einen aber völlig unvorbereitet trifft mit so vielen Problemen gleichzeitig, wird es schwer bis unmöglich das zu handeln!
Natürlich hatte der FO nicht so viel Erfahrung. Aber selbst bei der LH war die 737 das Schulungsmuster, für sehr viele die direkt von der Flugschule kamen war das der erste echte Flieger in Ihrer Karriere, heute ist es eben der A320.
Und auch für Kapitäne war die B737 das erste Kapitänsmuster.
Auch bei Hapag bzw Tuifly sitzen viele noch nicht so erfahrene Piloten im Cockpit, irgendwann muss ja jeder mal anfangen.
Da ist halt nicht jeder ein "Top Gun", oder Chuck Jaeger oder so.
Und was man auch berücksichtigen muss, selbst die Tagesform spielt eine grosse Rolle, jeder Golfer kennt das, aber das sieht man auch bei fast jedem Simulatorereignis.
Es sollte aber nie dazu kommen, dass nur super erfahrene und in Top Form befindliche Piloten eine solche Fehlerkette meistern können, sondern jede durchschnittliche Crew sollte in der Lage sein damit fertig zu werden. Das war ja bisher auch der Grund, warum die tausende B737 vorher täglich meist ohne Probleme zuverlässig unterwegs waren.

Beitrag vom 06.04.2019 - 12:10 Uhr
Uservalhs
User (193 Beiträge)
Wenn genau diese Situation ohne Vorbereitung bzw Briefing im Simulator nachgestellt würde, behaupte ich, dass die grosse Mehrheit aller Crews das nicht gemeistert hätten!

Möglicherweise ist folgendes Problem die Ursache:
‚With the 737NG cutout switches, MCAS runaway is stopped by just throwing the autopilot cutout switch, leaving electric trim fully operable.
With the 737MAX cutout switches, MCAS runaway is stopped by throwing both switches, losing electric trim altogether. In this case, the flight crew must rely on manual trim via turning the trim wheel/crank. As discussed above, the manual crank can bind up, making flying much more difficult.‘
Quelle:  Trim Cutout with Severe Out-of-Trim Stabilizer can be difficult to recover

Der 737 Examiner 'Mentour Pilot' hat es in einem Video mit tragischen Eindrücken simuliert. Um dieser Tagik keine Nahrung zu geben, hat er das Video zurückgezogen -  Where did the "secret" video go? MAX drama - Live.

Da die Handlungsanweisungen der verschiedenen 737 Versionen sich über die Zeit auch änderten, werden möglicherweise nicht mehr für notwendig geglaubte Bestandteile sich in der zukünftigen Ausbildung wieder finden.
Beitrag vom 06.04.2019 - 13:24 Uhr
User737pilot
User (17 Beiträge)
Möglicherweise ist folgendes Problem die Ursache:
‚With the 737NG cutout switches, MCAS runaway is stopped by just throwing the autopilot cutout switch, leaving electric trim fully operable.
With the 737MAX cutout switches, MCAS runaway is stopped by throwing both switches, losing electric trim altogether. In this case, the flight crew must rely on manual trim via turning the trim wheel/crank. As discussed above, the manual crank can bind up, making flying much more difficult.‘
Quelle:  Trim Cutout with Severe Out-of-Trim Stabilizer can be difficult to recover

Das ist genau was ich meine. Da werden Sachen entweder falsch zitiert, oder man bezieht sich auf Quellen, welche falsch sind. Die 737NG hat kein MCAS. Diese Software wurde nur in der 737Max eingebaut.
Die Memory Items für eine Stabilizer Runaway sind identisch, egal ob man auf der NG oder auf der Max fliegt. Und für mich, als Piloten, ist es in erster Linie irrelevant, aus welchem technischen Grund eine Stabilizer Runaway eintritt, sondern für mich als Pilot ist es wichtig zu wissen, wie ich darauf reagiere.
Ich stimme überein mit der Meinung, dass dies eine komplexe Situation in einer kritischen Flugphase war, und dass diese Situation wohl nicht von allen Besatzungen zu retten ist. Die Airline-Branche hat in den letzten 20 Jahren rasant expandiert. Dies hat seine Auswirkungen. Ich bin seit 21 Jahren in dieser Branche, bin davon 12 Jahre die 737NG geflogen, 8 Jahre davon als Ausbilder. Nun auf der 777. Ich erwähne dies nicht, um azugeben, sondern um zu zeigen, dass ich die Meinung, die ich hier vertrete, durch eine gewisse Erfahrung stütze. Das Fliegen ist statistisch viel sicherer geworden. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass die Piloten besser geworden wären. Im Gegenteil: meine Beobachtung ist, dass durch die starke Expansion teilweise die Qualität der Piloten nachgelassen hat. Solange alles gut läuft, ist das Fliegen extrem sicher. Das hat mit dem verbesserten Safety-Net zutun, welches viele Unfälle verhindert. Sobald jedoch eine kritische Situation entsteht, reagieren die Piloten leider oft falsch. Dies ist meine Beobachtung/Erfahrung. Leider ist nicht jeder ein Sullenberger. Kann auch nicht erwartet werden. Um am Schluss einer Fehlerkette steht in den allermeisten Fällen der Faktor Mensch.
Beitrag vom 06.04.2019 - 13:53 Uhr
UserWeideblitz
Moderator
Das ist genau was ich meine. Da werden Sachen entweder falsch zitiert, oder man bezieht sich auf Quellen, welche falsch sind. Die 737NG hat kein MCAS. Diese Software wurde nur in der 737Max eingebaut.
Die Memory Items für eine Stabilizer Runaway sind identisch, egal ob man auf der NG oder auf der Max fliegt. Und für mich, als Piloten, ist es in erster Linie irrelevant, aus welchem technischen Grund eine Stabilizer Runaway eintritt, sondern für mich als Pilot ist es wichtig zu wissen, wie ich darauf reagiere.
Ich stimme überein mit der Meinung, dass dies eine komplexe Situation in einer kritischen Flugphase war, und dass diese Situation wohl nicht von allen Besatzungen zu retten ist. Die Airline-Branche hat in den letzten 20 Jahren rasant expandiert. Dies hat seine Auswirkungen. Ich bin seit 21 Jahren in dieser Branche, bin davon 12 Jahre die 737NG geflogen, 8 Jahre davon als Ausbilder. Nun auf der 777. Ich erwähne dies nicht, um azugeben, sondern um zu zeigen, dass ich die Meinung, die ich hier vertrete, durch eine gewisse Erfahrung stütze. Das Fliegen ist statistisch viel sicherer geworden. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass die Piloten besser geworden wären. Im Gegenteil: meine Beobachtung ist, dass durch die starke Expansion teilweise die Qualität der Piloten nachgelassen hat. Solange alles gut läuft, ist das Fliegen extrem sicher. Das hat mit dem verbesserten Safety-Net zutun, welches viele Unfälle verhindert. Sobald jedoch eine kritische Situation entsteht, reagieren die Piloten leider oft falsch. Dies ist meine Beobachtung/Erfahrung. Leider ist nicht jeder ein Sullenberger. Kann auch nicht erwartet werden. Um am Schluss einer Fehlerkette steht in den allermeisten Fällen der Faktor Mensch.

Danke für diese Beiträge, @737pilot.

Ich kann das nur unterstreichen, aber dennoch einige Anmerkungen gerade zum Thema steigende Pilotenzahl & Pilotenperformance:
Gerade weil der Flugverkehr, die Zahl der Flugzeuge und Piloten weiter zunimmt, ist zumindest die graduelle Abnahme der Pilotenqualität auf globale Sicht ein Umstand, mit dem die Flugzeughersteller und -Behörden Rechnung tragen müssen. Die Qualität durch eine weitere Verbesserung der Trainingsstandards bleibt eine Herausforderung, aber wesentlich effektiver wäre es, die Bedienung der Flugzeuge weiter zur vereinfachen und hier sind die Hersteller gefordert. Genau darin liegt ja auch der Grund, warum der Automatisierungsgrad im Cockpit im Vergleich zu vor 30-40 Jahren massiv zugenommen hat (FBW, Flight Envelope-Protections,..). Die Unfallstatistiken belegen, dass diese Entwicklung richtig ist, auch wenn bei der Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) sich neue Problemfelder aufgetan haben (siehe auch AF447) und sich einige Piloten ggf. auch dem Spass beim Fliegen zunehmend beraubt fühlen...;-).
Bezugnehmend zur 737 Max muss man aber feststellen, das sich diese Schnittstelle auch im direkten Vergleich nur 737 NG verkompliziert hat (MCAS) und damit die Entwicklung in die falsche Richtung geht, als was durch die steigende Anzahl (auch weniger guter) Piloten absolut geboten wäre.



Dieser Beitrag wurde am 06.04.2019 21:12 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 06.04.2019 - 13:59 Uhr
Uservalhs
User (193 Beiträge)
Das ist genau was ich meine. Da werden Sachen entweder falsch zitiert, oder man bezieht sich auf Quellen, welche falsch sind. Die 737NG hat kein MCAS. Diese Software wurde nur in der 737Max eingebaut.

Wie unterschiedlich Texte interpretiert werden, zeigt dieses kleine Beispiel.

Vielleicht hilft der Kommentar des Autors:
'I know this is confusing. I was trying to say if you had the 737NG switches on the 737MAX, then you could stop MCAS with the autopilot cutout and leave electric trim available.'
Quelle:  Peter Lemme, April 4, 2019 at 8:12 PM
Beitrag vom 06.04.2019 - 14:10 Uhr
User21papacharlie
Linkl.
User (194 Beiträge)
Möglicherweise ist folgendes Problem die Ursache:
‚With the 737NG cutout switches, MCAS runaway is stopped by just throwing the autopilot cutout switch, leaving electric trim fully operable.
With the 737MAX cutout switches, MCAS runaway is stopped by throwing both switches, losing electric trim altogether. In this case, the flight crew must rely on manual trim via turning the trim wheel/crank. As discussed above, the manual crank can bind up, making flying much more difficult.‘
Quelle:  Trim Cutout with Severe Out-of-Trim Stabilizer can be difficult to recover

Das ist genau was ich meine. Da werden Sachen entweder falsch zitiert, oder man bezieht sich auf Quellen, welche falsch sind. Die 737NG hat kein MCAS. Diese Software wurde nur in der 737Max eingebaut.
Die Memory Items für eine Stabilizer Runaway sind identisch, egal ob man auf der NG oder auf der Max fliegt. Und für mich, als Piloten, ist es in erster Linie irrelevant, aus welchem technischen Grund eine Stabilizer Runaway eintritt, sondern für mich als Pilot ist es wichtig zu wissen, wie ich darauf reagiere.
Ich stimme überein mit der Meinung, dass dies eine komplexe Situation in einer kritischen Flugphase war, und dass diese Situation wohl nicht von allen Besatzungen zu retten ist. Die Airline-Branche hat in den letzten 20 Jahren rasant expandiert. Dies hat seine Auswirkungen. Ich bin seit 21 Jahren in dieser Branche, bin davon 12 Jahre die 737NG geflogen, 8 Jahre davon als Ausbilder. Nun auf der 777. Ich erwähne dies nicht, um azugeben, sondern um zu zeigen, dass ich die Meinung, die ich hier vertrete, durch eine gewisse Erfahrung stütze. Das Fliegen ist statistisch viel sicherer geworden. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass die Piloten besser geworden wären. Im Gegenteil: meine Beobachtung ist, dass durch die starke Expansion teilweise die Qualität der Piloten nachgelassen hat. Solange alles gut läuft, ist das Fliegen extrem sicher. Das hat mit dem verbesserten Safety-Net zutun, welches viele Unfälle verhindert. Sobald jedoch eine kritische Situation entsteht, reagieren die Piloten leider oft falsch. Dies ist meine Beobachtung/Erfahrung. Leider ist nicht jeder ein Sullenberger. Kann auch nicht erwartet werden. Um am Schluss einer Fehlerkette steht in den allermeisten Fällen der Faktor Mensch.

Nur gibt es bisher sehr wenige Anzeichen dafür, das tatsächlich die Besatzung viel dazu beigetragen hat. Daher verstehe ich auch nicht, wie gerade sie als Pilot da den Fehler überwiegend dort vermuten.
Bisher weiß man: 6 Minuten Zeit, ein recht erfahrener (und auch in Äthiopien geachteter) Pilot und ein relativ frischer Copilot. Der Pilot wusste immerhin von den Maßnahmen die empfohlen wurden (im Gegensatz zu manchen US-Crews die selbst MAX Piloten sind) und versuchte diese umzusetzen, nachdem man schon 5 Nose Down Commands gegensteuern musste, musste das jedoch aufgeben da physisch wahrscheinlich nicht mehr möglich war die Höhenruder manuell zu beeinflussen.
Da vergehen aus meiner Sicht schein ein paar Minuten, weshalb man aus 2400 Meter relativ schnell Richtung Boden ging und aufschlug.
Start und Landung sind nunmal sehr kritische Flugphasen, da führen technische Fehler leicht unvermeidbar zur Katastrophe.
Wo genau da jetzt bisher Anhaltspunkte für großartige Pilotenfehler sind, kann ich nicht ganz sehenm
Beitrag vom 06.04.2019 - 14:49 Uhr
User737pilot
User (17 Beiträge)
@Weideblitz:
Ich kann das nur unterstreichen, was Sie sagen. Sehe ich genau so.

@nur_lufthansa:
Entweder interpretieren Sie mein Post falsch, oder ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich suche die Hauptschuld NICHT HAUPTSÄCHLICH bei den Piloten, will aber dafür sorgen, dass hier alle Seiten beleuchtet werden. Falsche Fakten verbreiten sich genau so schnell wie wirkliche Fakten und verunsichern die Leute zusätzlich.
Aus dem Zwischenbericht geht hervor, dass die Piloten zwar die elektrische Trimmung ausgeschalten haben (Cutout Switches), jedoch vergingen etwa 40 Sekunden, bis dies getan wurde. 40 Sekunden ist in einer solchen Situation sehr viel Zeit. Die Memory Items sind deshalb Memory Items, weil es eine zeitkritische Sache ist, wo eine schnelle Reaktion gefordert ist. Der Flieger war in dieser Situation bereits so vertrimmt, dass es die Situation verschlimmert hat. Prevention ist immer an erster Stelle. Den Flieger bei Highspeed und Vertrimmung noch manuell zu trimmen ist dann wirklich fast unmöglich...
Verzeihung für mein Deutsch. Das Hochdeutsch ist nicht meine Muttersprache...
Beitrag vom 06.04.2019 - 15:53 Uhr
Userleser xaz
User (70 Beiträge)
Ich halte mich normalerweise zurück, Kommentare zu kommentieren. Ich bin eher ein stiller Leser. Jedoch muss ich nun trotzdem mal Stellung beziehen zu diesem ganzen Thema. Denn was ich auf dieser Webseite zum Thema MCAS/Boeing etc... an Kommentaren lese, lässt mich nur den Kopf schütteln. So viel Meinung bei so wenig Wissen!
Ich möchte keinesfalls Boeing in Schutz nehmen. Jedoch geht mir die Diskussion nur in eine Richtung, ohne den Sachverhalt genau zu kennen oder das technische Hintergrundwissen zu haben. Mediale Berichte, die teilweise von anderen Medien abgeschrieben oder zumindest sehr schlecht recherchiert sind, werden einfach als bare Münze genommen.
Es ist erwiesener und von Boeing bestätigter Fakt, das die MCAS-Software fehlerhaft programmiert wurde. Sicherlich wird sich Boeing und die FAA dafür verantworten müssen. Bestimmt war die MCAS-Software mit ein auslösender Faktor, der zum Absturz führte. Jedoch muss man vorsichtig sein, nicht den Tunnelblick zu kriegen. MCAS alleine hat nicht zum Absturz geführt. Es braucht immer mehrere Faktoren, welche schliesslich zu einem Unfall führen. Die 737Max ist nicht per se ein unsicheres Flugzeug. Die Behauptung von Lunte, dass die 737Max ohne Trimmautomatik in x-beliebiger Konfiguration oder Fluglage nicht auskommt, ist schlicht falsch. Da müsste man sich vorher über das Design des MCAS und den technischen Gegebenheiten des 737Max informieren, bevor man solch einen Unfug schreibt. Glaubt wirklich jeder von euch, dass die beiden Piloten der Ethiopian richtig reagiert haben, so wie es die Firmenverantwortlichen sagen? Wieso wird die Ausbildungs-Kultur der Piloten in den Kommentaren nicht erwähnt? Ist es wirklich clever, bei einem "Unreliable Airspeed"-Event kurz nach dem Start sofort zu versuchen, den Autopiloten einzuschalten? Macht es Sinn, während einem aktivierten Stick-Shaker die Landeklappen einzufahren? Wurde die Grundregel Aviate-Navigate-Communicate wirklich eingehalten? Ich glaube, dass das Verhalten der Flight-Crew zumindest einen wesentlichen Beitrag zum Absturz beigetragen hat. Man vergesse nicht: Die Max hat seit ihrer Einführung schätzungsweise 250´000 Flüge gemacht, und das ist sehr konservativ gerechnet. Die meisten Auslieferungen waren nach China, USA und Europa.
Also bitte: Ball flach halten. Nicht voreilig Schlüsse ziehen, wenn man von der Sache keine Ahnung hat.

Mit vielem, was Sie hier geschrieben haben, stimme ich mit Ihnen überein, und auch ich wundere mich, wer hier seine weisheiten alles verbreitet, ohne Kenntnisse der Materie.
Dass aber das Verhalten der Crew einen wesentlichen Beitrag zum Unfall geleistet hat, impliziert wieder, dass andere Piloten aus Europa oder USA die Situation gemeistert hätten.
Dabei bitte ich aber zu bedenken wie das abgelaufen ist:
Kurz nach dem Start verabschiedet sich ein AOA Sensor, in Folge gibt es "Airspeed unreliable" und speed Anzeigen, mit gleichzeitiger Stallwarnung und einsetzendem Stickshaker. Warum vorher bzw wann der AP eingeschaltet wurde und auch die Klappen eingefahren wurde, wird die Untersuchung ergeben. Dann schaltet man den AP wieder aus, in Folge trimmt das MCAS die Nase nach unten. Das hat die Crew dann recht schnell unterbunden, in dem sie die Stab trim cutout switches geschaltet hat. Danach wurde versucht, mit dem manuell trim den Stab wieder zurückzutrimmen, ohne Erfolg, da mittlerweile die Speed schon zu gross war. Aus Verzweifelung hat man dann wohl die Stab trim cutout switches wieder zurückgeschaltet, um wieder elektrisch den Stab zu trimmen, wodurch aber wieder das MCAS eingesetzt hat.
Man muss bedenken, was da im Cockpit los war, und Sie wissen als 737 Pilot doch selber, wie aufwendig alleine die "Airspeed unreliable" checkliste ist. Wie schon gesagt, gleichzeitig rattert der Stickshaker obwohl man ja schon reichlich schnell war, es gibt diverse visuelle und audiowarnungen, das MCAS trimmt unvorbereitet und fliegen muss man ja auch noch!
Da ist man sehr schnell an der Grenze der menschlichen Leistungsfähigkeit, und dann werden eben auch Fehler gemacht, wie zum Beispiel die Geschwindigkeit ausser Acht gelassen.
Wenn genau diese Situation ohne Vorbereitung bzw Briefing im Simulator nachgestellt würde, behaupte ich, dass die grosse Mehrheit aller Crews das nicht gemeistert hätten!
Ob der Ablauf so wie ich geschildert habe, wirklich so war, wird der endgültige Untersuchungsbericht zeigen, darauf müssen wir noch warten. Einen vorläufigen Bericht hat die Seattle Times, eigentlich ein "Hausblatt" von Boeing am 04.04. veröffentlicht, sehr detailliert und professionell beschrieben.
 http://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/preliminary-crash-report-reveals-detail-of-ethiopian-pilots-fight-against-the-737-max-flight-controls/
Also bitte, den Ball flach halten und nicht gleich wieder denken, die Crew war mitverantwortlich!


Ich kenne den Zwischenbericht und aus diesem Bericht geht klar hervor, WANN die Crew versucht hat, den Autopiloten einzuschalten und die Klappen einzufahren. Die "AIRSPEED UNRELIABLE” ist allerdings ein wenig aufwändig. Jedoch ist die Checkliste so konzipiert, dass man als Erstes als "Memory Items” die Fluglage stabilisiert und erst danach, nachdem die Situation analysiert wurde, die Checkliste gelesen wird. Auch beim "STABILIZER RUNAWAY” macht man zuerst die Memory Items. Aus dem Zwischenbericht geht hervor, dass diese Memory Items nach der AND-Trimmung gemacht wurden, jedoch mit beachtlicher Verspätung... Klar, es ist eine komplexe Situation. Jedoch sollte man von einer Crew erwarten, diese bewältigen zu können. Alles, was ich sagen wollte ist, dass man nun nicht nur in eine Richtung schiesst, sondern alle Faktoren anschaut und analysie

40 Sekunden vor dem Impact nochmal nachschlagen in Manuals?
Beitrag vom 06.04.2019 - 16:13 Uhr
Userleser xaz
User (70 Beiträge)
Es geht mMn nach längst nicht mehr um Schuld oder Unschuld
wie 737 Pilot zu insinuiren scheint: er will der cockpit-crew ja
keinen Vorwurf machen: genau das indes macht 737 Pilot indes.
Beitrag vom 06.04.2019 - 22:03 Uhr
UserWeideblitz
Moderator
2 Beiträge gelöscht wegen Unleserlichkeit und Sinnfreiheit.