Die Auswertung der Flugdaten beider Luftfahrzeuge ergab, laut Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), dass die A380 aus Dubai um 8.38 Uhr UTC die CL604 mit einem vertikalen Abstand von 1.000 Fuß (300 Meter) nahezu überflogen habe.
Nur eine Minute später neigte sich der tiefer fliegende Business Jet 42 Grad nach rechts bei einer Vertikalbeschleunigung von 1,6 g. In der folgenden Sekunde änderte sich der Wert für die Vertikalbeschleunigung auf minus 3,2 g. Danach folgten Beschleunigungs und Lagewechsel, die im Abschalten des Autopiloten gipfelten.
Um 8.39 Uhr zeichnete der Datenschreiber einen Höhenverlust von ca. 8.700 Fuß (2.650 Meter) auf. Es wurden große Ausschläge der Steuerflächen und hohe Beschleunigungswerte aufgezeichnet. Die Geschwindigkeit erhöhte sich und erreichte ca. 330 KIAS. Die Spoiler fuhren aus und waren 13 Sekunden später wieder eingefahren.
Die geringer werdende Triebwerksdrehzahl N1 am linken Triebwerk war auf einen Wert von ca. 40 Prozent gesunken, als die Interstage Turbine Temperature (ITT) anzusteigen begann und nach neun Sekunden 850 Grad Celsius erreichte. Das linke Triebwerk wurde abgestellt.
Gegen 8.56 Uhr informierte der verantwortliche Pilot (PIC) über Funk den Lotsen in Mumbai über das Ereignis, erklärte eine Luftnotlage und gab die Position, die Höhe und die Absicht, nach Oman fliegen zu wollen weiter.
Gegen 9.15 Uhr ließ die Besatzung das linke Triebwerk wieder an. Das Flugzeug stieg anschließend auf Flugfläche 250. Etwa um 9.56 Uhr wurde der Autopilot wieder aktiviert. Die CL604 landete um 11.05 Uhr auf dem Flughafen Muscat.
Wie heftig das Geschehen war lässt die Aussage des Kapitäns erahnen. Erst habe sich das Flugzeug geschüttelt und "sei dann stark nach links gerollt". "Meherere Umdrehungen später" seien beide Intertial Reference Systeme (IRS), das Flight Management System und die Lagewinkel-Anzeigen ausgefallen.
Er habe dabei sein Headset verloren, schildert der Kapitän weiter. Das Bordhandbuch sei "herumgeflogen und beschädigt worden, sodass sich viele Seiten einzeln im Cockpit verteilt hätten".
Bei der Untersuchung des Flugzeuges durch die BFU wurden keine sichtbaren äußeren Beschädigungen an Rumpf, Trag- und Leitwerk einschließlich der Steuerflächen festgestellt. Es fanden sich keine Hinweise auf Undichtigkeiten (Kraftstoff, Öl).
Der Flugzeughersteller stellte fest, dass die Flugzeugstruktur nicht mehr in einen lufttüchtigen Zustand gebracht werden kann, da bei dem Ereignis Beschleunigungswerte aufgetreten waren, die jenseits der konstruktiven Limits lagen.
Der BFU-Zwischenbericht gibt noch keine abschließenden Empfehlungen, aber er zitiert eine Wirbelschleppen-Arbeitsgruppe, die schon 2003 "dringend" eine Überarbeitung der Sicherheitsabstände zwischen schweren und leichteren Flugzeugen empfohlen hatte.
Das Problem sei aber nicht auf die A380 beschränkt. Bis zu 1.000 Fuß unter und bis zu 20 nautische Meilen hinter sehr schweren Flugzeugen im Reiseflug seien gefährliche Wirbelschleppen möglich.
© FLUG REVUE - Sebastian Steinke | Abb.: BFU | 16.05.2017 21:06
Kommentare (2) Zur Startseite
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Betrachtet man die Auswertungen der FDR Daten und die Bilder der Kabine bei AVH, kann man nur von Glück sprechen. Ein Wimpernschlag später und die Challenger hätte sich wohl völlig zerlegt.