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Russland will die Il-96 einfach nicht aufgeben

Iljuschin Il-96-400M
Iljuschin Il-96-400M, © UAC

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MOSKAU - Der Erfolg der Iljuschin Il-96 fiel in den 90er-Jahren den Wendewirren in Russland zum Opfer. Auch ein Revival des Vierstrahlers in modernisierter Ausführung floppte. Dennoch hält Russlands Luftfahrtindustrie weiter relativ unbeirrt an Plänen für eine Neuauflage fest - unter einer Bedingung.

Die Standardversion Il-96-300 verkaufte sich mies, die gestreckte Nachfolgerin Il-96-400M will niemand haben - doch begraben möchte Russlands Flugzeugbau-Holding UAC den glücklosen Großraumjet noch nicht. Insgesamt fünf Il-96, so schreibt die Nachrichtenagentur Tass, befinden sich aktuell sogar im Bau.

Vier davon sind Il-96-300, die für die russischen Regierungsflieger vorgesehen sind, außerdem läuft nach wie vor die Endmontage der ersten Il-96-400M. Von dieser grundlegend modernisierten Variante mit neuer Avionik und verbesserten Triebwerken sollen zwei Exemplare als fliegende Kommandoposten für die Luftwaffe entstehen - sogenannte "Weltuntergangsflugzeuge".

Vom zivilen Sektor allerdings wird Russlands bislang letzter Großraumjet seit Jahren mit Nichtachtung gestraft. Letzter verbliebener Nutzer der Il-96-300 ist Kubas staatliche Fluglinie Cubana. Für die zunächst hoffnungsfroh lancierte Il-96-400M, 9,35 Meter länger als die Grundversion, gingen überhaupt keine Orders ein.

Das hat einen einfachen Grund: Mit ihren vier PS-90A-Triebwerken ist die Il-96 im Passagierverkehr schlicht nicht konkurrenzfähig - und folglich selbst für die Airlines sanktionsgeplagter "Schurkenstaaten" nicht interessant. Nichtsdestotrotz hält man den Widebody, der 1988 zum Erstflug abhob, in Russland vom Design her weiter für vielversprechend und "sehr gelungen" - und sieht nach wie vor Spielraum für eine Neuauflage.

Damit diese kommerziell Erfolg haben kann, ist ein Schritt jedoch unumgänglich: Die Il-96 muss zum Zweistrahler mutieren.

"Neues Leben einhauchen"

Zumindest Russlands Stellvertretender Premierminister Fjodor Borisow sähe eine Twinjet-Il-96 gerne, wie er im Rahmen des Tjumener Öl- und Gasformus unterstrich. Borisow machte klar, dass Triebwerksbauer Awiadwigatel gerade auch einen geeigneten Motor entwickle - das PD-35 mit 35 Tonnen Schubkraft.

Das PD-35, aus dem PD-14 der Irkut MS-21 entwickelt, soll bis spätestens 2027 verfügbar sein. Es ist eigentlich für den russisch-chinesischen Widebody CRAIC CR929 vorgesehen, würde sich aber auch für die Il-96 eignen, die sich größentechisch in vergleichbaren Sphären bewegt.

Das PD-35 könne der Il-96-400M "neues Leben einhauchen", hofft Borisow. Allerdings käme man dafür um ein weiteres massives Upgrade der Il-96 dann nicht herum. Vor allem der Flügel müsse im Fall des Umbaus zum Zweistrahler komplett neu gestaltet werden, so der Vize-Premier weiter.

Fazit

Russland versucht nach wie vor, sich die Iljuschin Il-96 warmzuhalten - auch und gerade für den zivilen Sektor. Das hat nicht allein nostalgische Gründe: Scheitert das gemeinsam mit China bemühte Widebody-Projekt CR929, hätte man mit einer zweistrahligen Il-96-400M relativ kurzfristig einen Ersatz in petto. Zumal der Entwurf vom Grundsatz her durchaus noch zukunftsfähig erscheint - nur eben nicht mit vier Motoren.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: UAC | 03.10.2021 07:19

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Beitrag vom 03.10.2021 - 23:27 Uhr
Dazu nochmal der Blick auf einen wesentlichen Punkt. Das Problem ist doch nicht Korruption.
Sondern es bleibt dabei, dass die russischen Hersteller 30 Jahre nach Zerfall der Sowjetunion noch immer keine effizienten weltweiten Netze bei der Ersatzteilversorgung aufbauen konnten. Leider - denn die Produkte an sich sind innovativ!

Im es etwas genauer zu sagen, auch die Verfügbarkeit von Sims, Ausbildern ect ist nicht ansatzweise auf dem Niveau, die jeder Airline der Welt bei Airbus oder Boeing zur Verfügung stünde.

Was nutzen einem moderne Superjets in Mexiko, die man günstig bekommen konnte, wenn Flieger wegen Kleinigkeiten viel zu lange AOG sind, die man mit Boeing, Airbus oder Embraer vielleicht nur stundenweise hätte!?
Der springende Punkt ist hier, dass das nicht nur westliche Airlines betrifft sondern im Prinzip ja jede Airline überall. Sich also auch die Bestellungen "aus der dritten Welt" oder den zynisch so genannten "Schurkenstaaten" dadurch noch nicht einmal einstellen.

Böse gesagt - selbst im Iran wäre es einfacher ein Ersatztriebwerk für einen Airbus über Zwischenhändler zu bekommen als eines von Iljuschin. Und oft sind es viel marginalere Teile...

Die russischen Hersteller begreifen nicht, dass sie sich seit Jahrzehnten aus Unvermögen selbst das Geschäft ruinieren. Ich muss es so hart ausdrücken, denn genauso scheint es mir
Also dass "Pioniere" (sei es bei der TU 204, beim Superjet ect) im Regen stehen gelassen werden. So vergibt man sich einmalige Chancen für Schlüsselmärkte für weitere Jahrzehnte, weil wer sonst sollte sich abermals die Finger verbrennen?

Vielleicht sollte man es Suchoj und anderen mal flüstern
...CityJet oder InterJet sind für ganze Marktregionen jedem anderen potenziellen Kunden ein Beispiel.

Es ist so schade! Man schmeißt sich weiter die Knüppel selbst vor die Beine.

Das ist so eine eindimesionale Betrachtung. Wenn die Welt doch nur so einfach wäre.

Ich finde das auch spannend, denn sie missachten wesentliche Punkte.

Das Argument Sowjet Union und die dortigen so smarten Ingenieure zählt halt nicht, wir sind mittlerweile 30 Jahre weiter und es sind gänzlich andere Dinge gefragt.
Flugzeuge baut man heute mit hohem Composite Anteil, das hat der Superjet nicht, und Russland ist nicht dafür bekannt bei composite führend zu sein.
Sie können sich ja mal schlau machen, was das bei A und B für Probleme verursacht hat. Bei den Gelegen, bei den AUtoklaven, etc. etc.

Dann ist es heute entscheidend, als Systemintegrator zu funktionieren. Das ist nichts worin die Sowjetunion stark war.
Weiterhin ist es entscheidend, hohe Qualitätsstandarts zu günstigen Preisen zu produzieren.

Die technischen Probleme des SUperjets laufen ja auch auf die Entwicklung- & Konstruktion zurück. Zu sagen die Ersatzteile fehlen - tja das stimmt und ist nicht falsch, aber es ist halt auch nur ein Teil des Bilds.

Und dann vergessen sie, das Regionalflugzeuge immer ein schwieriger Markt sind.
Von den letzten paar Versuchen sind die meisten Krachend gescheitert:
- Dorniers ANsatz war gut, aber leider ist das Geld ausgegangen.
- Embraer war mit den E-Jets erfolgreich
- Bombadier hat es nicht geschaft die CRJ Jets auf das Level der E-Jets zu bringen.
- Bomba ist dann mit der C-Series quasi Pleite gegangen und musste 2x Mal gerettet werden
- Bomba ist heute komplett raus aus dem Flugzeugbau
- der Mitsubishi Versuch fliegt immer noch nicht und wird es vlt. auch nie
- der Chinesische Versuch ARJ21 kommt kaum vom Fleck
- ATR hat auch seit ewigen Zeiten kein neues Turboprob angeboten. UNd auch dieser Chinesische Versuch MA60 ist nicht erfolgreich.

Regionalflugzeuge sind schwierig.

Beitrag vom 03.10.2021 - 21:48 Uhr
Dazu nochmal der Blick auf einen wesentlichen Punkt. Das Problem ist doch nicht Korruption.
Sondern es bleibt dabei, dass die russischen Hersteller 30 Jahre nach Zerfall der Sowjetunion noch immer keine effizienten weltweiten Netze bei der Ersatzteilversorgung aufbauen konnten. Leider - denn die Produkte an sich sind innovativ!

Im es etwas genauer zu sagen, auch die Verfügbarkeit von Sims, Ausbildern ect ist nicht ansatzweise auf dem Niveau, die jeder Airline der Welt bei Airbus oder Boeing zur Verfügung stünde.

Was nutzen einem moderne Superjets in Mexiko, die man günstig bekommen konnte, wenn Flieger wegen Kleinigkeiten viel zu lange AOG sind, die man mit Boeing, Airbus oder Embraer vielleicht nur stundenweise hätte!?
Der springende Punkt ist hier, dass das nicht nur westliche Airlines betrifft sondern im Prinzip ja jede Airline überall. Sich also auch die Bestellungen "aus der dritten Welt" oder den zynisch so genannten "Schurkenstaaten" dadurch noch nicht einmal einstellen.

Böse gesagt - selbst im Iran wäre es einfacher ein Ersatztriebwerk für einen Airbus über Zwischenhändler zu bekommen als eines von Iljuschin. Und oft sind es viel marginalere Teile...

Die russischen Hersteller begreifen nicht, dass sie sich seit Jahrzehnten aus Unvermögen selbst das Geschäft ruinieren. Ich muss es so hart ausdrücken, denn genauso scheint es mir
Also dass "Pioniere" (sei es bei der TU 204, beim Superjet ect) im Regen stehen gelassen werden. So vergibt man sich einmalige Chancen für Schlüsselmärkte für weitere Jahrzehnte, weil wer sonst sollte sich abermals die Finger verbrennen?

Vielleicht sollte man es Suchoj und anderen mal flüstern
...CityJet oder InterJet sind für ganze Marktregionen jedem anderen potenziellen Kunden ein Beispiel.

Es ist so schade! Man schmeißt sich weiter die Knüppel selbst vor die Beine.
Beitrag vom 03.10.2021 - 20:59 Uhr
Fehlt nur noch die Meldung das Sachsenring bald 4 Trabbis bauen wird da das Design vielversprechend sei (auch wenn selbst Schurkenstaaten nicht mehr Trabbi fahren). Diese russischen Luftfahrtprojekte werden wahrscheinlich für Korruption und Stimmenkauf weitergeführt. Man schafft gut bezahlte Jobs und die Mitarbeiter stimmen dann für die Regierung Putins. Aeroflot fliegt mit Ausnahme von gelegentlichen Flügen mit dem Superjet (der aber auch eher ein westliches Flugzeug ist) schon lange keine russischen Modellen mehr, die anderen grösseren Airlines ebensowenig.

Übertreiben wir mal nicht.

Schon möglich dass das eine Schnapsidee von Putin persönlich ist, man hat ja u.a. auch einen neuen Limousinen Hersteller gegründet mit dessen Produkten er jetzt rumfährt ...

Mit modernen Tragflächen mit modernen Triebwerken wäre aber vermutlich sogar die Ju52 von der Flugleistung her wieder wettbewerbsfähig ...

Dass die das Know-How und die Infrastruktur welche die SU ihnen hinterlassen hat grundsätzlich nutzen wollen ist auch nur logisch und sinnvoll, leider kommen die damit etwas spät. Eigentlich schon fast zu spät (ein Ingenieur der damals 30 Jahre alt war, also nicht mal sehr erfahren, ist heute 60) aber diese ganzen Programme von Il-96 bis MC-21 laufen ja schon eine ganze Weile.

Vermutlich liegt es auch daran dass Putin anfangs noch nicht fest genug im Sattel saß um sowas wie eine modernisierte Il-96 oder gar Neukonstruktionen durchzuboxen ...

Ich kann mir aber nicht vorstellen dass bei den internationalen Programmen (also im Grunde auch Superjet und MC-21) derselbe Filz herrscht wie bei den nationalen, SU-Technik-aufpolier Programmen wie der Il-96 oder hoffe es zumindest.


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