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Allianzmodelle am Prüfstand

airberlin und Etihad Airways
airberlin und Etihad Airways am Flughafen München, © Flughafen München GmbH

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WIEN - Nix ist fix, auch nicht bei Luftfahrtbündnissen. Die fortschreitende Konsolidierung der Airlines, multilaterale Beteiligungen und strategisch relevante Marktverschiebungen rütteln kräftig am Gefüge der Allianzen. Dazu verstärkt die rasante Entwicklung der neuen Märkte in Nahost, Asien/Pazifik, Lateinamerika nun auch allianzübergreifend den Kooperationsdruck. Haben die von den US- und EU-Majors dominierten Allianzen überhaupt noch Zukunft?

Die Liste der Machtverschiebungen wird täglich länger. Nach der Fusion von LAN (Oneworld) mit TAM (Star) zum lateinamerikanischen Oneworld-Schwergewicht LATAM und den umtriebigen Bemühungen von Etihad über alle Bündnischranken hinweg mittels Beteiligungen (Aerlingus, Virgin Australia, Air Berlin) und strategischen Kooperationen (Airfrance-KLM, Air New Zealand, Garuda plus) in Abu Dhabi einen interkontinentalen Brückenkopf aufzubauen, löst sich nun Qantas von Bündnispartner British Airways (beide Oneworld) und bastelt zusammen mit der bündnisscheuen Emirates in Dubai an einem neuen Europahub. Dagegen verbündet sich jetzt Qatar Airways, die Nummer Zwei am Golf, in Doha mit Oneworld, das Golfturnier wird immer spannender.

Aber auch in den alten Märkten verschieben sich die Gewichte. So geht in Europa Oneworld-Frischling und Etihad-Schützling Air Berlin zunehmend in Konkurrenz zu seinen frisch angetrauten Bündnispartnern und peppt sein ausgedünntes Netz durch Codeshares mit dem Skyteam-Riesen Airfrance-KLM auf, während in den USA die marode American (oneworld) sich müht ihre schwindende Marktkraft mit Hilfe von Wettbewerber USAirways (Star) zurückzugewinnen.

Der Hintergrund: Die Allianzairlines verdienen in ihren Heimatmärkten immer weniger Geld, falls überhaupt. Dazu treiben schwache Konjunkturzahlen und die erratische Entwicklung auf den Finanzmärkten die Kunden zunehmend zu den Billigairlines, selbst Geschäftskunden schauen inzwischen penibel aufs Geld.

Der Konter: Die Klassiker kopieren, auf hohem Kostenniveau, die Geschäftsmodelle der Neuen. Zwar konnten sie deren Höhenflug damit etwas einbremsen, aber auf Kosten der Erträge. Ihr Heilsrezept: Die Trennung von Hub- und Direktverkehr durch spezialisierte Unternehmen (Lufthansa - Germanwings). Die Hoffnung: Weniger Kosten durch abgeschlankten und damit billigeren Betrieb.

Aber auch die Neuen reagieren, mit (gar nicht mehr billigen) Angeboten für Selbst-Umsteiger (Easyjet, Ryanair, Wizzair), bis zur (kostspieligen) Vernetzung ihrer bis dato kostengünstigen Direktflüge (Airberlin, Norwegian, Vueling....).

Wo aber wird auch was verdient? Bei den Allianzairlines vor allem fern der Heimat, im globalen Fernverkehr, und mit hochwertigen Produkten. Vorausgesetzt die Netzstrukturen stimmen. Die aber stimmen noch lange nicht, die globale Infrastruktur ist immer noch im Werden. Und damit auch die Struktur der Bündnisse. Ihre Gründung folgte der Logik der Liberalisierung in Nordamerika und Europa, die Wahl der Partner aber primär strategischen Zielen, und nur sekundär den Märkten. Die logische Folge: Teure Umwege, die sich auf Dauer für keinen rechnen, weder für die Airline noch den Kunden.

Am Prüfstand steht nicht der Bündnisgedanke, sondern die Valenz der Bündnistreue. Und damit auch der Sinn und Zweck der Kundenbindung. Märkte sind eben weder strategisch planbar noch taktisch steuerbar. Wer wann mit wem wohin fliegt, entscheidet nicht die Airline, sondern der Kunde. Vorausgesetzt er hat die Wahl. Und eben dies entscheidet, ob sich Märkte bedarfsgerecht entwickeln können.

Damit die strategisch getrimmten Bündnisse nicht zum Hemmschuh ihrer Betreiber werden, müssen sie sich organisch entwickeln können. Der Stoff aus dem die Allianzen wachsen, ist nicht die Marktmacht der Anbieter, sondern der Mehrwert (Nutzen) für den Kunden. Und da sind die Golfairlines die Hechte im Karpfenteich, die dafür sorgen, dass die Bündnisse nicht an sich selbst erstarren. Gerät eine Allianz zum Bollwerk (zur Sicherung von Marktanteilen), führt das naturgemäß in die Isolation.

Lufthansas Beharrlichkeit, sich Emirates & Co zu Haus vom Hals zu halten, kann sie noch teuer zu stehen kommen. Gerechte Wettbewerbsbedingungen sind eine Illusion, die schier unbegrenzten Ressourcen und Standortvorteile der Staatsairlines am Golf hingegen die Realität. Dazu haben die Araber auch ein vitales Interesse ihre Region wirtschaftlich wie politisch zu stärken.

Mit ihrer Open-Sky Politik und massiven Investitionen in ihre Infrastruktur bieten die Golfstaaten den Gastairlines die Chance, den Standort auch für sich selbst zu nutzen, u.a. zur Erschließung neuer, hochpotenter Regionalmärkte durch Codeshares mit ihren Homecarriern. Und genau das tun sie jetzt. Qantas, Airfrance-KLM, airberlin, Virgin, Air New Zealand, Garuda sind erst der Anfang, und mehr Lufthansa am Golf wäre noch lange nicht das Ende.
© Bob Gedat, aero.at | Abb.: Flughafen München | 26.10.2012 16:47


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