TaxiBots im Test
Älter als 7 Tage

Neue Flugzeugschlepper sollen Kerosin sparen helfen

TaxiBot bei Lufthansa LEOS
TaxiBot bei Lufthansa LEOS, © Lufthansa LEOS
Lufthansa LEOS
TaxiBot bei Lufthansa LEOS, © Lufthansa LEOS
FRANKFURT - Aus dem Cockpit der Boeing 737 ist der 27-Tonnen-Schlepper am Bugrad der Maschine gar nicht zu sehen. Lufthansa-Kapitän Rainer Frischkorn löst die Bremsen seines Jets, der sich unmittelbar in Bewegung setzt, obwohl die beiden Triebwerke noch gar nicht eingeschaltet sind.

Für den Vortrieb von bis zu 42 km/h sorgt der weltweit neuartige Flugzeugschlepper TaxiBot, der derzeit am Frankfurter Flughafen auf seine Alltagstauglichkeit getestet wird. Ziel der israelisch-französisch-deutschen Gemeinschaftsentwicklung ist es, die Abläufe an den Flughäfen zu beschleunigen, große Mengen Kerosin zu sparen und Lärm zu vermeiden.

Bislang können Flugzeuge am Boden aus Sicherheitsgründen nicht geschleppt werden, sondern werden lediglich von ihren Positionen weggeschoben. Nach dem "Push Back" lassen die Piloten die Triebwerke hochlaufen und fahren mit eigener Kraft zur Startposition. "Das ist ungefähr so effektiv wie ein Skateboard, das von einem Fön angetrieben wird", spottet einer der Techniker. Die Turbinen sind darauf ausgelegt, in 10 000 Meter Höhe die Jets auf einer Reisegeschwindigkeit von rund 900 Stundenkilometern zu bewegen und nicht auf gemütliche Streckenfahrten über das Vorfeld.

Gegen lange Schleppvorgänge am Boden sprach bislang, dass Passagierjets viel zu schwer sind, als dass sie von einem am Vorderrad hängenden Schlepper gebremst werden könnten. "Wenn beim A 380 mehr als 500 Tonnen nach vorne schieben, hält die so schnell nichts auf", beschreibt Lufthansa-Ingenieur Thomas Killmaier das bislang unlösbare Problem.

TaxiBot: Diesel-Hybrid mit 800 PS

Der Flugzeugschlepper TaxiBot schöpft seine Kraft von knapp 800 PS aus einem Hybrid-System. Zwei Dieselmotoren treiben zwei Stromgeneratoren an. Über acht Elektromotoren werden die Lenkimpulse des Flugzeugpiloten auf die Allradsteuerung des Gefährts übertragen. Der 26,8 Tonnen schwere und 8,70 Meter lange Schlepper kann das Gespann auf 42 km/h beschleunigen. Er ist für die Flugzeugtypen A320, Boeing 737 und 757 von den Herstellern akzeptiert. Laut Lufthansa ist die Zertifizierung abgeschlossen und die Europäische Luftfahrtbehörde EASA bearbeitet den Zulassungsantrag.
Beim neuen TaxiBot - eine Kurzform von Taxi-Robot - übernimmt nach dem Push Back sofort der Jet-Pilot das Kommando. Das Bugrad seiner Maschine steht auf einem mit zahlreichen Sensoren ausgestatteten, pendelnd gelagerten Drehteller in der Mitte des TaxiBots, der sämtliche Lenkbewegungen sofort an die Elektromotoren des Schleppers überträgt. Wie bei einem Automatik-Auto setzt sich das Gespann in Bewegung, sobald der Pilot die Bremsen seines Flugzeuges löst. Gasgeben kann er nicht: Zum Anhalten oder Verlangsamen werden die Flugzeugbremsen wieder angezogen, über die Sensoren verringert auch der Roboter seine Geschwindigkeit bis zum Stillstand.

Dass der Pilot eigentlich nichts anders machen muss, als wenn er mit der Kraft der eigenen Triebwerke rollen würde, ist der Clou des Projekts. "Jede Veränderung am Flugzeug würde zahlreiche Zulassungsformalien nach internationalem Recht nach sich ziehen. Das wollten wir unbedingt vermeiden", sagt Killmaier. Für die Piloten genüge eine kleine Einweisung mit veränderter Checkliste zum Start.

Die Technik entwickelt hat die auch in der Rüstung tätige Firma "Israel Aerospace Industries" (IAI). So kommen zum Beispiel aus Drohnen bekannte Hochleistungsrechner zum Einsatz. Der französische Marktführer für Flugzeugschlepper, TLD, investierte in die Entwicklung der mit Scania-Diesel und Siemens-Elektromotoren ausgestatteten TaxiBots, die von Lufthansa bislang an kleineren Boeing- und Airbus-Typen getestet wurden. Für die ganz großen Jumbos wird gerade der erste, rund doppelt so starke TaxiBot gebaut.

Das neue, bereits prämierte Verfahren soll am Flughafen Lärm reduzieren sowie Kerosin und vor allem Zeit sparen. "Das ist weltweit vor allem für große Drehkreuze mit langen Rollwegen und engen Flugzeughöfen interessant", sagt der für die strategische Planung des Projekts zuständige Lufthansa-Manager Sven Meyenburg. Der zeitliche Vorteil entsteht vor allem damit, dass die Flieger ihre Triebwerke nicht unmittelbar nach Verlassen der Block-Position hochlaufen lassen müssen.

Wenn ab September die ersten Lufthansa-Jets von den drei Test- Schleppern bis kurz vor die Startbahn West gezogen werden, können die Triebwerke weit später angeworfen werden. Rund 800 Kilogramm Kerosin lassen sich nach vorläufigen Berechnungen pro Startvorgang sparen, entsprechend weniger Kohlendioxid wird in die Luft geblasen. Das TaxiBot-Gespann sei zudem nicht einmal halb so laut wie ein konventionell rollendes Flugzeug. Den Vorteilen stehen allerdings auch Nachteile gegenüber, die gegengerechnet werden müssen. So sind die TaxiBots etwa doppelt so teuer wie konventionelle Geräte und zudem noch wesentlich länger am Flugzeug. Dafür braucht es auch mehr Fahrer, so dass der Betriebsrat schon ganz begeistert ist.
© Christian Ebner, dpa | Abb.: Lufthansa LEOS | 22.07.2014 12:50

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Beitrag vom 23.07.2014 - 10:48 Uhr
Natürlich sind Schlepper auf den Taxiways zulässig. Jeden Tag kann man unzählige Flieger sehen, die über alle Taxiways von A -> B geschleppt werden. Ist nichts anderes.
Ob nun der Pilot Kontrolle hat oder der Fahrer unten einen unbemannten Flieger schleppt. Wenn man die Verantwortlichkeit klärt ist alles ok.

APU Time kostet, aber immer weniger ( Technik u Kerosin ) als 2-4 Triebwerke.

Beitrag vom 23.07.2014 - 10:36 Uhr
Wie sind die APUs ausgelegt? Die müssten dann doch länger im Betrieb sein.
Für Flughäfen wie FRA oder MUC dürften genügend Bewegungsabläufe dokumentiert sein, so dass man den Einfluss der Integration der Schlepper simulieren und beurteilen kann.
Ist das Starten der Motoren beim Rollen zulässig?
Beitrag vom 23.07.2014 - 08:15 Uhr
So mir bekannt, darf einem Flugzeug auf dem Taxi-way kein Gefährt welcher Art auch immer entgegen kommen.
Ad a) Stimmt das?
Ad b) Wenn ja: Auf welchen Wegen, auf welcher Infrastruktur sollen die ganzen "Schlepper" wieder zurück kommen. Auf die üblichen Betriebsstraßen im Runway-Areal passen die doch nicht drauf ...
Ad c) Darf einem geschleppten Flieger (bisher unter Kontrolle des Schlepper-Fahrers) ein Bodendienst-Fahrzeug entgegen kommen? Oder gelten hier die selben Regeln wie bei Lenkung des Flugzeugs beim taxeln durch den Piloten?

Also auf Taxiways dürfen die Feuerwehr im Einsatz und die Follow-Me-Fahrzeuge fahren, ganz so strikt ist es also nicht.
Zumindest in Frankfurt passen die Schlepper auf die Betriebsstraßen, und somit können sie dann überall hin gelangen.
So wie ich es verstanden habe, gibt der Schlepperfahrer nach dem Pushback die Kontrolle an den Kapitän ab, der dann das Flugzeug lenkt. Rechtlich gesehen müsste er also verantwortlich sein, und der Schlepperfahrer ist nur Beifahrer. Von daher wäre so ein Flugzeug gleichzusetzen mit einem, das mit eigener Kraft rollt.

Das Schleppen auf die Parkposition wird meines Erachtens nach durch zwei Dinge beeinträchtigt: Auf der einen Seite der bereits erwähnte Mangel an entsprechendem Platz dafür. Und zweitens ist es zumindest auf der 737 und ich glaube auch auf anderen Flugzeugen so, dass der Hersteller empfiehlt, die Triebwerke nach der Landung 3 Minuten oder so in Idle laufen zu lassen. Wenn man dann noch beachtet, dass ja heute schon viele Fluggesellschaften mit nur einem laufenden Triebwerk zur Parkposition rollen stellt sich die Frage, ob die Ersparnis durch einen Schlepper so groß sein kann.


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