Boeing 747-400 geht bei British Airways in die Verlängerung

LONDON - Sollte die Boeing 747-400 tatsächlich ein Auslaufmodell sein, hat British Airways davon noch nichts mitbekommen. Andere Airlines konnten ihre Jumbos zuletzt nicht schnell genug in der Wüste abstellen - British Airways, Betreiber der größten 747-Flotte weltweit, frischt gerade die Kabinen von 18 Fliegern auf.

Singapore Airlines und Japan Airlines, einst ebenfalls große Fans der 747-400, gaben ihre letzten Flugzeuge bereits vor drei Jahren ab. Die Nachfrage nach der Neuauflage 747-8 hält sich in Grenzen - Fluggesellschaften setzen heute lieber auf spritsparende Zweistrahler wie den Airbus A350 oder die Boeing 787.

Die anhaltende Treue von British Airways zur 747-400 hat einen einfachen Grund. Zu einer Zeit, in der billiger Treibstoff den Einsatz älterer Flugzeuge wieder interessant macht, schöpft die 747-400 maximalen Umsatz aus den wertvollen Startfenstern am Flughafen London-Heathrow.

Flugzeuge mit überholten Kabinen, die erste 747-400 kehrt im September vom Werftaufenthalt aus Cardiff zurück, erhalten 16 zusätzliche Sitze in der Business Class. Der Einsatz von 747-400 auf den vorne meist gut gebuchten Transatlantik-Flügen von British Airways rechnet sich so noch mehr.


"Das Ganze macht wirtschaftlich absolut Sinn", konstatiert JSL-Berater John Strickland. "Angesichts der Beschränkungen in Heathrow und der hohen Nachfrage auf bestimmten Strecken ist das immer noch ein sehr gutes Geschäftsmodell."

British Airways legte in den letzten Jahren 15 ihrer ältesten 747-400 still oder flog sie direkt in die Abwrackwerft. Von den 42 verbleibenden Flugzeugen wurde aber jedes zweite erst in den späten 1990er Jahren gebaut. In diesen Maschinen "stecken mindestens noch gute zehn Jahre Leben", stimmt Bloomberg-Analyst George Ferguson zu.

Zwischen 1988 und 2009 baute Boeing 694 747-400. Nach Daten von Ascend Worldwide fliegen heute weltweit nur noch 266 747-400 Passagiere. Im Jahr 2011 waren es noch 362 Flugzeuge. Die meisten 747-400 werden ausgeflottet, sobald sie ihre Mittzwanziger erreichen.

Air New Zealand, ANA, Malaysia Airlines und Philippine Airlines musterten erste 747-400 schon im Jahr 2000 aus. Auch Lufthansa trennt sich langsam von dem Typ, betreibt derzeit aber immerhin noch 16 747-400 in ihrer Flotte. Delta will ihre letzten 13 Jumbos 2017 verabschieden.

Nur sechs Jahre nach Einführung der 747-400 brachte Boeing die 777 auf den Markt und läutete mit dem großen Twin das schleichende Ende des Jumbozeitalters ein. Die neuen Zweistrahler 787 und A350 überzeugen Airlines mit höherer Flexibilität und erheblich geringerem Verbrauch.

Erst vor wenigen Tagen kündigte Qantas an, fünf ältere 747-400 von 2017 bis 2019 mit acht 787-9 abzulösen. United werde die Stilllegung ihrer 21 747-400 beschleunigen, sobald 2017 erste Airbus A350 bei der Airline eintreffen, sagte United-Sprecherin Megan McCarthy.

Boeing verlangsamt 2016 die Produktion des Nachfolgers 747-8 auf ein Flugzeug pro Monat. Seit Mai ist die Teilflotte beim größten Abnehmer Lufthansa mit 19 Flugzeugen komplett. Der Auftragsbestand für die 747-8 umfasst aktuell gerade noch 17 Flugzeuge, Frachter nicht eingerechnet.


Zumindest bei British Airways wird die 747-400 auf absehbare Zeit kein Mauerblümchendasein fristen. Im Gegenteil - die frisch überholten Flugzeuge plant British Airways auch für besonders gefragte Strecken wie Chicago, New York und Boston ein.

Die Kombination aus "weitgehend abbezahlten 747" und überschaubaren Ausgaben für die Produktpflege sei für British Airways verlockender, als 250 Millionen US-Dollar oder mehr für ein einziges neues Flugzeug von Airbus oder Boeing auszugeben, meint Luftfahrt-Berater Robert Mann.

Der verhältismäßig geringe Kapitalaufwand für die Neumöblierung der Kabinen gibt British Airways Flexibilität für den Fall, dass Treibstoffkosten oder Nachfrage sich ändern.

"Wenn es finster wird können sie jedes dieser Flugzeuge quasi von einem auf den anderen Tag stilllegen", sagt Strickland. "Sie tauchen in die Verfügbarkeit dieser Flotte ein, ohne sich über ein teures Anlagegut zu sorgen, das komme was wolle geflogen werden müsste."

Schwerpunkt auf Business Class

Die erweiterte Business Class bringt es in der 747-400 auf 86 Sitze, nur elf weniger als an Bord der A380 von British Airways vorhanden sind. Die Gesamtkapazität der 747-400 sinkt von 299 auf 275 Sitze, rund 40 Prozent weniger als in der A380. British Airways betreibt neun A380, drei weitere sind bestellt.

Parallel zum Retrofit der 747-400 treffen bei British Airways weiter neue Flugzeuge wie die A380 und die 787 ein. Die erste 787-9 tritt im Oktober ihren Dienst in London an. Die überarbeiteten Jumbo-Kabinen kopieren die Interieurs der neuen Flotten. Auch ein modernes IFE von Panasonic fliegt künftig mit.

British Airways verrät nicht, wie lange sie die 747-400 noch einsetzen möchte. Bis 2023 sollen allerdings einige ältere Maschinen die Flotte im Tausch gegen neue 787-10 und A350-1000 verlassen. British Airways hat 42 Dreamliner in allen Größen, darunter zwölf 787-10, und 18 Airbus A350-1000 bestellt.

Über fortwährende 747-Akzeptanz der Passagiere macht man sich in London keine Gedanken. "Wir wissen, dass das Flugzeug einen Platz in den Herzen vieler unserer Kunden hat", sagt British-Airways-Produktmanagerin Kathryn Doyle. Die Köngin der Lüfte habe sich ihre Verjüngungskur mehr als verdient.

British Airways erhielt ihre erste 747-400 im Sommer 1989. Zu Hochzeiten war die 747-400 mit 57 Flugzeugen in der British-Airways-Flotte vertreten.