Strategische Neuausrichtung
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Pichler: Air Berlin ist auf dem Weg zu einer Netz-Airline

BERLIN - Ein größeres Langstrecken-Angebot soll der angeschlagenen Air Berlin helfen, wieder dauerhaft Geld zu verdienen. Neue Nonstop-Verbindungen in die USA und nach Kuba sind Bausteine eines Konzepts, das Vorstandschef Stefan Pichler am Mittwoch in Berlin vorstellte.

Dazu gehören auch eine klarere Struktur im Streckennetz, die Umstellung der Flotte nur noch auf Airbus-Flugzeuge, eine Vertriebsinitiative bei Firmenkunden und die Streichung von Arbeitsplätzen in der Verwaltung.

Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft schreibt seit Jahren Verluste. Pichler will nach eigenen Worten "in den nächsten 12 bis 18 Monaten" den Wendepunkt "auf dem Weg zur Profitabilität" erreicht haben. Ziel des Konzepts sei eine Verbesserung des operativen Ergebnisses (Ebit) um 310 Millionen Euro bis Ende 2018. Bisher hatte das Unternehmen 2016 ein positives Ebit angestrebt.

Zum Umfang des Stellenabbaus und betroffenen Standorten wollte sich Pichler nicht äußern. Das müsse erst mit den Arbeitnehmervertretern diskutiert werden. Air Berlin beschäftigt rund 8.000 Menschen.

"Wir streben ein ausgewogenes Verhältnis zwischen umsatzsteigernden und kostensenkenden Initiativen an", sagte Pichler. Air Berlin werde ihren Verkehr noch weitaus stärker auf die beiden Drehkreuze Düsseldorf und Berlin konzentrieren und enger mit ihren Partnern Etihad Airways, Alitalia und American Airlines zusammenarbeiten.

Air Berlin Airbus A330
Air Berlin Airbus A330, © Günter Wicker, Flughafen Berlin-Brandenburg

Langstrecken sind ein Eckpfeiler in Pichlers Plan. Von Mai 2016 an soll Air Berlin von Düsseldorf die US-Metropolen San Francisco, Boston und Dallas anfliegen. Auch von Berlin aus solle es "sukzessive" mehr Langstreckenverbindungen geben. Konkret kündigte Pichler noch nichts dazu an.

Air Berlin werde ihre Flottenplanung optimieren und Kosten "strukturell senken". Insgesamt solle das Sitzplatzangebot 2016 auf dem deutlich abgesenkten Niveau dieses Jahres gehalten werden.

Air Berlin befinde sich auf dem Weg zu einer Netz-Airline wie Lufthansa, Air France oder British Airways, sagte Pichler. "Der braucht natürlich Zeit, um umgesetzt zu werden." Air Berlin besitze den Vorteil, pro Fluggast und zurückgelegter Strecke kostengünstiger als diese Konkurrenten zu arbeiten.

Die Umstellung auf eine einheitliche Airbus-Flotte bis Mitte 2016 sowie die Vereinheitlichung der Kabinenkonfiguration auf den A330 Langstrecken-Flugzeugen werden laut Pichler dazu beitragen, "Komplexität zu reduzieren".

Alle drei Langstrecken-Airbus, die zuvor mit einer reinen Economy-Bestuhlung auch auf touristischen Mittelstrecken-Flügen eingesetzt worden sind, ergänzt Air Berlin bis Sommer 2016 um eine Business Class und setzt die Flugzeuge dann nur noch auf der Langstrecke ein.

Pichler nimmt Bundesregierung in die Pflicht


Bei der Sanierung von Air Berlin sieht Pichler die Bundesregierung in der Verantwortung, "Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Luftverkehr in Deutschland nicht schaden". Allein die Luftverkehrsteuer habe Air Berlin seit ihrer Einführung rund 600 Millionen Euro gekostet.

"Air Berlin wäre bereits rentabel, wenn es die Luftverkehrsteuer nicht gäbe", beklagte sich Pichler. "Unsere beiden Tochtergesellschaften FlyNIKI und Belair, die nicht im gleichen Umfang von dieser Steuer betroffen sind, schreiben Gewinne."

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stellte am Dienstag allerdings klar, dass das Thema Luftverkehrssteuer frühestens 2017 erneut diskutiert werde und machte Air Berlin auch keine Hoffnung, 31 strittige Codeshare-Flüge mit Etihad Airways über den 15. Januar 2016 hinaus zu verlängern.

Die Gemeinschaftsflüge sind ein wichtiger Umsatzbringer für Air Berlin. "Die Bundesregierung muss in ihren Gesprächen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten letztlich eine dauerhafte Lösung herbeiführen und die seit 2012 immer durchgeführte Genehmigungspraxis nicht einseitig zu Lasten von Air Berlin aufkündigen", mahnte Pichler.

Air Berlin steigert Sommergewinn

Im dritten Vierteljahr verbesserte Air Berlin ihr Ebit von 74,9 auf 81,4 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 56,2 Millionen Euro verglichen mit 49,9 Millionen Euro im dritten Quartal 2014. Den Konzernumsatz bezifferte Air Berlin mit 1,301 Milliarden nach 1,312 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Im ersten Halbjahr hatte Air Berlin einen Nettoverlust von 247,6 Millionen Euro eingeflogen.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Air Berlin | 11.11.2015 11:34

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Beitrag vom 11.11.2015 - 23:18 Uhr
@Guido3
Man fliegt zuviel Kurz- und Mittelstrecke, ist zu ineffizient und zu wenig standardisiert, und hat wahrscheinlich bei den Finanzen auch nicht das beste Händchen gehabt (Leasingverträge, Hedging, etc.). LH verdient auch nur auf der Langstrecke Geld; deshalb wurde ja Eurowings gegründet, die auf den defizitären Kurz- und Mittelstrecken günstiger produzieren und dadurch Gewinn erzielen soll.

Dieser Beitrag wurde am 11.11.2015 23:19 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 11.11.2015 - 20:09 Uhr
«Air Berlin befinde sich auf dem Weg zu einer Netz-Airline wie Lufthansa, Air France oder British Airways, sagte Pichler. "Der braucht natürlich Zeit, um umgesetzt zu werden." Air Berlin besitze den Vorteil, pro Fluggast und zurückgelegter Strecke kostengünstiger als diese Konkurrenten zu arbeiten.»

British Airways macht diesen Jahr einen fetten Gewinn, Lufthansa einen ordentlichen Gewinn. Wenn AB wirklich unter dem Strich kostengünstiger fliegt, wo kommen dann die 3stelligen Millionenverluste auch dieses Jahr wieder her? Ist man verkaufsseitig zu unfähig?
Beitrag vom 11.11.2015 - 19:33 Uhr
Angeblich kommt bald ein weiterer A330 von TK zu AB. Einzige Quelle dazu ist bisher die englische Wikipedia. ("1 due from Turkish Airlines as D-ABXE.")


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