Bye Bye Bobby
Älter als 7 Tage

Lufthansa nimmt wehmütig Abschied von der Boeing 737

FRANKFURT - Im Cockpit der Lufthansa-Maschine von Frankfurt nach Zürich herrscht entspannte Routine. Für Kapitän Ulrich Pade und den Co-Piloten Christian Preininger ist es einer der letzten Flüge mit der Boeing 737, die zum Wechsel auf den Winterflugplan (30. Oktober) ganz aus der Lufthansa-Flotte verschwindet.

"Das Fliegen ist hier noch direkter zu spüren", sagen beide mit leichter Wehmut - während im Hintergrund die großen Trimmräder rattern, die es in neueren Jets nicht mehr gibt.

Lufthansa Boeing 737
Lufthansa Boeing 737, © Lufthansa

Es ist für die Lufthansa nicht irgendeine Maschine, deren letzte sieben Exemplare nun auf einen Flugzeug-Friedhof nach Florida ausgemustert werden. Die Deutschen drängten in den 60er Jahren den Hersteller Boeing zu einem kleinen, zweistrahligen "City-Jet", den sie als Zubringer einsetzen wollten.

Von der ersten Serie - der B737-100 - nahm die Lufthansa seit 1968 gleich 22 von 30 Stück ab und war auch bei den Nachfolgemodellen immer wieder unter den Kunden, so dass am Ende 148 Flugzeuge dieses Typs den Kranich auf dem Leitwerk hatten.

Die ungewöhnlich kurzen Maschinen - die 100er war mit gut 28 Metern nahezu genau so lang wie flügelbreit - muteten zunächst niedlich an. Prompt brachte Boeing ein Kinderbuch heraus, in dem die kleine 737 als Baby "Bobby" zu ihren Eltern 707 und 727 emporblickte.

Der Name hat sich in den 48 Jahren, in denen "Bobby" zur Arbeitsbiene der Lufthansa wurde, bei Besatzungen und Technikern gleichermaßen gehalten. In dieser Zeit haben die Maschinen laut Lufthansa rund 250 Millionen Passagiere transportiert und 2,3 Milliarden Kilometer zurückgelegt - fast unvorstellbare 57.500 Erdumrundungen.

Darunter waren bedeutende Flüge und auch bedrückende Ereignisse. Ihren ersten Flug nach Berlin absolvierte die Lufthansa am 2. Oktober 1990 mit einer 737, um rund 100 Bundestagsabgeordnete zur Einheitsfeier zu bringen. Und noch im laufenden Jahr war eine "Bobby" als "Fanhansa" zur Fußball-EM nach Frankreich unterwegs.

Ein dunkles Kapitel war die Entführung einer B737-200 mit dem Taufnamen "Landshut" durch ein palästinensisches Terrorkommando. Die Entführung endete am 18. Oktober 1977, als die Grenzschutzeinheit GSG 9 in Mogadischu das Flugzeug stürmte und die Geiseln befreite.

Die "Landshut" blieb noch bis 1985 in der Lufthansa-Flotte. Nach der Wende wurden die kleinen Boeings auch am einstigen Interflug-Standort Berlin-Schönefeld gewartet. "Die Älteren sind schon traurig. Sie fühlen sich verbunden mit der Technik", erzählt der Berliner Wartungsmechaniker René Bab.

"Die erste 737 ist Ende der 60er zugelassen worden, es gibt zu heutigen Flugzeugen große Unterschiede in der Steuerung. Früher gingen Seile durch die ganze Maschine, für das Leitwerk und die Steuerungsklappen zum Beispiel. Heute gibt es das nur noch für den Notfall, moderne Maschinen machen das elektrisch und hydraulisch." Die alte 737 habe noch ein Steuerhorn, mit dem geflogen werde wie per Lenkrad.

Der erfahrene Pilot Pade ist bei aller Wehmut von der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Ausstiegs überzeugt: "Natürlich macht es für die Lufthansa Sinn, auf der Kurzstrecke nur ein Muster zu betreiben. Das sind Synergieeffekte, die man realisieren will."

Schneller als die Amerikaner hat es der europäische Konkurrent Airbus verstanden, dass die Fluggesellschaften ein technisch nahezu gleiches Flugzeug in verschiedenen Passagier-Kapazitäten benötigen. Die A320-Familie bietet Typen von 100 bis 240 Sitzplätzen an.

Boeing muss sich um den Fortbestand der inzwischen ebenfalls stark ausgeweiteten 737-Modellfamilie angesichts eines dicken Auftragpolsters aber keine Sorgen machen. Bis einschließlich August sind aus der weltweit meistgebauten Flugzeugfamilie 13 536 Maschinen bestellt und 9.167 ausgeliefert worden.

Ein wichtiger Kunde ist der Lufthansa-Herausforderer Ryanair , der ausschließlich "Bobbys" modernste Ausführung fliegt. Lufthansa ist mittlerweile ziemlich Airbus-lastig - nur mit 747-400 und 747-8 ist Boeing noch in der Flotte der Airline vertreten.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Lufthansa | 28.10.2016 08:30

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Beitrag vom 02.11.2016 - 14:08 Uhr
Und @Iberia727, das mit der -9 als Ersatz für die A330, das glaube ich ja nun doch auch nicht unbedingt...

Flurfunk, aber egal, ist vielleicht nicht die seriöseste Quelle ;-) Wenn dann in einer gemeinsamen Bestellung für Swiss, AUA und SN Brussels. Hier macht die 787 durchaus Sinn. Swiss hat bereits die 777, AUA ist auf der Langstrecke ebenfalls mit 767 und 777 sehr boeinglastig und für SN macht die 787 größentechnisch Sinn. Hier werden es wohl aber erst gebrauchteA330 aus SIA Beständen werden wie man hört

Zum Thema gebrauchte Flugzeuge im LH Konzern bin ich übrigens auf diese interessante Passage gestoßen: "Das weiß auch Spohr, der ankündigte, vor allem für Kurzstreckenflüge vermehrt gebrauchte Maschinen kaufen zu wollen, um Kosten zu reduzieren. Dank besserer Technik hätten Flugzeuge eine längere Lebenszeit und der Markt für Gebrauchtmaschinen sei derzeit gut"

 http://www.spiegel.de/reise/aktuell/lufthansa-will-ryanair-angriff-mit-eigenen-billigfluegen-kontern-a-1119335.html

Beitrag vom 28.10.2016 - 14:24 Uhr
Na ja, dass Airbus schneller war, zu realisieren, "dass die Fluggesellschaften ein technisch nahezu gleiches Flugzeug in verschiedenen Passagier-Kapazitäten benötigen", ist so ja auch nicht richtig, denn Boeing hat das schon vor ein paar Jahrzehnten mit den 757/767 kapiert. Ich sage nicht, dass das das erste Mal war, aber so wie im Artikel glaube ich, ist es nicht.

Und @Iberia727, das mit der -9 als Ersatz für die A330, das glaube ich ja nun doch auch nicht unbedingt...
Beitrag vom 28.10.2016 - 13:23 Uhr
Mit den 777 von Swiss und Lufthansa Cargo sowie den 777 und 767 von Austrian gibt es zumindest in der Lufthansa-Gruppe noch ein paar Boeing-Flieger mehr.


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