Ryanair
Älter als 7 Tage

Pilotenforderungen stören Aktionärsinteressen

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © Ryanair

Verwandte Themen

DUBLIN - Michael O´Leary hat Ryanair zu Europas wertvollster Airline umgebaut – mit Dumpingpreisen und auf Kosten seiner Mitarbeiter, die an Bord für den Kaffee bezahlen müssen. Die schlagen nun zurück. Ungeachtet der Drohungen und Beschwichtigungsversuche O´Learys versuchen sie, sich zu organisieren.

Eine Gruppe verärgerter Crewmitglieder fordert bessere Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und die Möglichkeit, europaweit mit einer Stimme zu verhandeln.

Die große Nachfrage nach Piloten bei den Konkurrenz-Airlines und das Flugplanchaos vom September 2017, dessen Nachwehen noch immer zu spüren sind, stärken ihnen dabei den Rücken.

Michael O´Leary ist in der Bredouille: auf der einen Seite stehen seine rebellischen Piloten, deren Forderungen das Ende der Vorteile Ryanairs gegenüber ihren Konkurrenten bedeuten könnten.

Auf der anderen Seite die Investoren, denen es möglicherweise gar nicht gefällt, sollte O´Leary Zugeständnisse machen, die nicht dem Geschäftsmodell entsprechen.

O´Leary hat versucht, sich daraus zu befreien, indem er seiner Cockpitcrew eine Gehaltserhöhung angeboten hat - gleichzeitig aber aggressiv um neue Mitarbeiter geworben und geschworen hat, dass er nicht mit einer Gewerkschaft verhandeln wird.

"Offen gesagt wäre es den meisten Aktionären lieber, wenn die Airline sechs Monate lang kein einziges Flugzeug fliegt als dass die Arbeiter sich gewerkschaftlich organisieren", sagt Barry Norris, der für die Investmentgesellschaft Argonaut Capital Partners Aktien im Wert von 500 Millionen US-Dollar überblickt – einschließlich Ryanair-Aktien.

Piloten Teil des Sparprogramms

Piloten, die bei den Airlines oft eine privilegierte Position genießen, waren bei Ryanair nie von der Pfennigfuchserei ausgenommen. Ehemalige und aktuelle Ryanair-Piloten, die anonym bleiben möchten, berichten davon, dass Crewmitglieder als Subunternehmer angestellt werden und selbst für die Kosten ihrer Uniform aufkommen müssen.

Auch, wenn sie an anderen Standorten als dem Heimatstandort im Einsatz sind, müssen sie demnach für den Transport zum Arbeitsplatz, die Übernachtungskosten und andere Kosten, die normalerweise die Airlines übernehmen, selbst bezahlen. Ein Ryanair-Sprecher dementiert diese Vorwürfe.

Mit einer Stimme

In einem Brief schreiben nun 59 Piloten, dass ihre Bezahlung und Arbeitsbedingungen unter dem Branchen üblichen Standard liegen. Besonders stören sie sich daran, dass die große Mehrheit der Verträge es Ryanair erlaubt, sie ohne finanzielle Unterstützung und ohne Vorankündigung an jede Basis in Europa zu versetzen.

"Wir wollen einfach mit einer gemeinsamen Stimme vertreten werden", schreiben die Piloten. "Wir wollen direkte Verhandlungen mit dem Ryanair Management." Ryanair hat schriftlich geantwortet: Verhandlungen mit einer Gewerkschaft kommen für die Airline nicht in Frage.

Jahrzehntelang hat die Billig-Billig-Philosophie der Airline Wachstum und Profit gebracht - und Ryanair zum Liebling der Investoren gemacht. Auch krude Stamentents Michael O´Learys, die zuweilen die Mitarbeiter und Kunden vor den Kopf stoßen, konnten da nicht abschrecken.

Im Herzen ist Ryanair strikt bei seinen Wurzeln als Discounter der Lüfte geblieben. Die Grenzen dieses Billig-Gerüsts traten im September 2017 zutage, als das Management zugab, dass es die Urlaubsplanung der Piloten vermurkst hat. Es waren nicht mehr genung Piloten da, um den normalen Flugbetrieb am Laufen zu halten.

Wettbewerb um Piloten

Inzwischen erobern die günstigen Ticketpreise die Kunden zurück und das Flugplanchaos löst sich langsam auf. Das Aufbegehren der Piloten bleibt als größte Ursache für O´Learys Kopfschmerzen.

Die Piloten wollen den "Spalten-und-bezwingen-Ansatz" umstülpen, der die Beziehungen des Managements mit den Mitarbeitern prägt. Ihre Bemühungen fallen in eine Zeit, in der Piloten händeringend gesucht werden.

Bei Airlines wie China Airlines und China Southern Airlines stehen die Zeichen auf Wachstum. In Europa bereiten Airlines wie Norwegian Air Shuttle und die isländische Wow die Expansion vor. Etablierte Airlines gewinnen wegen der niedrigen Spritpreise an Marktanteil. Auch Ryanair will weiter wachsen.

Ihre Piloten, schlechter bezahlt als ihre Kollegen bei anderen internationalen Airlines, aber respektiert für ihre Fähigkeiten und Arbeitseinstellung, werden von Rivalen geschätzt.

Und einige Wettbewerber versprechen Langstreckenflüge als Alternative zu Ryanairs schnellen Abwicklungszeiten auf europäischen Super-Kurzstrecken.

Hochqualifiziert

"Ryanair-Piloten sind prima. Sie sind sehr gut trainiert und hochqualifiziert" sagt der Chef von Norwegian Air, Bjorn Kjos, "diejenigen, die zu uns kommen, sind super Piloten."

Er muss es wissen. Norwegian Air, die Langstreckenflüge mit Boeings 787 Dreamliner in ihr Angebot aufnimmt, hat Kjos zufolge in diesem Jahr 160 Piloten von Ryanair an Bord geholt.

Der Wettbewerb um Piloten hat Ryanair gezwungen, bei der Anwerbung einen Zahn zuzulegen, um diejenigen zu ersetzen, die das Unternehmen verlassen und um den Anforderungen des Expansionskurses gerecht zu werden.

Über 1000 neue Piloten hat das Unternehmen eigenen Angaben zufolge 2017 eingestellt – und wird -ebenfalls eigenen Angaben zufolge- von Bewerbungen aus den Reihen der drei Pleite gegangenen Airlines Alitalia, Air Berlin und Monarch Airlines überschwemmt.

O´Leary, der sich, wie er sagt, lieber die Hand abhackt als eine Vereinbarung mit einer Gewerkschaft zu treffen, schlägt vor, die Belegschaft jährlich um 22 Prozent aufzustocken. Ihm zufolge kann seine Airline die Gehälter erhöhen, ohne ihren Wettbewerbsvorteil zu verlieren.

"Wir bleiben ein Unternehmen ohne Gewerkschaft, indem wir unseren Leuten mehr bezhalen und die Kommunikation mit unseren Piloten kitten", sagte O´Leary Ende Oktober, nachdem er Gewinneinbußen in der Sommersaison 2017 bekanntgegeben hatte.

O´Leary in der Gunst der Aktionäre

Die Antwort auf sein Angebot fiel kühl aus. Nur an 20 der 86 Standorte, darunter die kleinsten, stimmten die Mitarbeiter dafür, es anzunehmen. Madrid, Glasgow, Neapel und der größte, London Stansted, lehnten es ab. Andere weigerten sich, es überhaupt zur Abstimmung zu stellen.

Ryanair hat angekündigt, mehr Mitarbeitern Vollzeitverträge zu geben. Außerdem hat die Airline ein Team eingestellt, dass sich um die Koordinierung der Dienstpläne kümmern soll.

Trotz der jüngsten Unruhe wetten wenige Beobachter gegen Ryanair oder O´Leary. Zwei Jahrzehnte lang hat er den Aktionären hohe Gewinne eingefahren. Die werden sie nicht leichtfertig auf's Spiel setzen wollen.

"O´Leary hatte einige Jahre lang eine großartige Erfolgsbilanz", sagt Norris von Argonaut Partners, "die Piloten überspannen den Bogen."

© Bloomberg, aero.de | Abb.: Ryanair | 14.11.2017 11:30

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 20.11.2017 - 12:12 Uhr
Manchmal ist es besser, so spät in der Nacht einfach mal… ins Bett zu gehen

Nö. Vorrausetzung ist, dass der Arbeitgeber auch im Arbeitgeberverband sein muss.
Wie kommen sie darauf? Es gibt Firmen und sogar öffentliche Arbeitgeber die nicht oder nicht mehr in Arbeitgeberverbänden organisiert sind.

Ich weiß es nicht, aber in welchem Arbeitgeberverband war z. B. Airberlin? Tatsächlich ist es so, dass Firmengruppen auch gerne eigene Verbände (z.B. LH) gründen, aber eine Voraussetzung um einen Tarifvertrag zu schließen ist es nicht.
Jede Firma kann eigene Tarifverträge abschließen. Ob das gut und praktikabel ist, ist eine andere Frage.

Übrigens: Kein Stahlarbeiter wird jemals Verdi Mitglied.
Wenn sie das ganz genau wissen, bleiben sie dabei… Würden sie auch Wetten abschließen?

Wenn die 30 MA bei IGM organisiert sind, dann verhandelt nur die IGM.
Das ist wahrscheinlich aber nicht sicher (Es könnte sein das die IGM für 30 Leute nicht losgeht.) Und es geht an meinem Beispiel vorbei. Ich habe genau geschrieben wie der Fall gestrickt sein müsste und es ist ein Beispiel um die Aussage zu wiederlegen das verdi das nicht darf!
Die Aufteilung der Gewerkschaften auf Branchen liegt in der Natur der Sache aber es gibt keine Verbote.


Beitrag vom 20.11.2017 - 01:06 Uhr
Wo ich grad dabei bin das letzte Wort zu haben 😉…

> > Es ist ja das Wesen der kleinen Spartengewerkschaften die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen. Im Gegensatz zu Flächengewerkschaften, die ggf. Interessen unterschiedlicher Berufsgruppen abzuwägen haben.
>
> Die dazu aber auch alle ihre Mitglieder sein müssen ... das Argument ist schlicht falsch.

Nochmal nachdenken bitte. Mir fällt andersrum keine Gewerkschaft ein die Interessen von Berufsgruppen vertritt die nicht bei ihr organisiert sind.

Das beantwortet meine Frage nach einem Beispiel.

Ich denke wir hatten hier ein Missverständnis:
Sie stellen oben "vertritt nur Mitglieder" ein "vertritt mehrere Berufsgruppen" gegenüber.
Das sind Äpfel und Birnen.

Ja, sie hatten da ein Missverständnis und es war keine Gegenüberstellung.

Wenn Sie sich mit der Aussage, es sei nur /mein/ Missverständnis gewesen, besser fühlen ... :)
Wenn "Im Gegensatz zu" keine Gegenüberstellung einleitet, wie war es dann gemeint?

Wenn sie wollten das ich mich besser fühle dann lassen sie mir doch den Punkt und verfallen nicht in Rechthaberei.
Ich habe Spartengewerkschaften den Flächengewerkschaften gegenübergestellt.
Sie machen daraus
Zitat: Sie stellen oben "vertritt nur Mitglieder" ein "vertritt mehrere Berufsgruppen" gegenüber. Zitatende.
Sie beurteilen das mit „falsch“ und „Äpfel mit Birnen“. Jetzt haben sie offenbar darüber nachgedacht und wollen immer noch nicht klüger sein…



Jede Gewerkschaft darf nur die Interessen ihrer Mitglieder vertreten aber natürlich kann eine Gewerkschaft mehrere Berufsgruppen vertreten, wenn alle bei ihr organisiert sind.

Jede Gewerkschaft soll/muss die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und natürlich soll/muss eine Gewerkschaft alle Berufsgruppen vertreten, die bei ihr organisiert sind.

Also darf zB nicht Verdi versuchen, die Interessen von Stahlarbeitern verteten, die Mitglieder der IG Metall sind.

Wenn ein Stahlarbeiter Mitglied bei verdi ist, selbstverständlich!

Nein, seit dem Tarifeinheitsgesetz doch genau nicht mehr.
Bei mehreren Gewerkschaften in der gleichen Berufsgruppe ist nur noch diejenige mit den misten Mitgliedern verhandlungsberechtigt.

Das Tarifeinheitsgesetz regelt, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft im jeweiligen Betrieb den Tarifvertrag für die jeweilige Berufsgruppe abschließen darf bzw. muss. Wenn Tarifvertrag gleich Interessenvertretung wäre, hätten sie BEDINGT Recht. Nun kann in einem Betrieb die Konstellation Berufsgruppen und Gewerkschaftsmitglieder dazu führen, dass Gewerkschaft A am Zuge ist. In einem anderen Betrieb kann das Verhältnis jedoch auch anders sein und Gewerkschaft B wäre am Zug.
Nun zum Beispiel: Wenn also in einem Betrieb mit Haustarif in dem verdi die stärkste Gewerkschaft für alle Berufsgruppen ist (sagen wir 100 MA davon 30 Stahlarbeiter) dann kann verdi diese nicht nur vertreten, sondern auch einen Tarifvertrag für sie abschließen.

Ich hoffe ich habe ihnen damit abschließend Auskunft gegeben zu haben,
mit freundlichen Grüßen…



Nö. Vorrausetzung ist, dass der Arbeitgeber auch im Arbeitgeberverband sein muss.
Übrigens: Kein Stahlarbeiter wird jemals Verdi Mitglied. Wenn die 30 MA bei IGM organisiert sind, dann verhandelt nur die IGM.
Beitrag vom 19.11.2017 - 15:27 Uhr
Wo ich grad dabei bin das letzte Wort zu haben 😉…

> Es ist ja das Wesen der kleinen Spartengewerkschaften die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen. Im Gegensatz zu Flächengewerkschaften, die ggf. Interessen unterschiedlicher Berufsgruppen abzuwägen haben.

Die dazu aber auch alle ihre Mitglieder sein müssen ... das Argument ist schlicht falsch.

Nochmal nachdenken bitte. Mir fällt andersrum keine Gewerkschaft ein die Interessen von Berufsgruppen vertritt die nicht bei ihr organisiert sind.

Das beantwortet meine Frage nach einem Beispiel.

Ich denke wir hatten hier ein Missverständnis:
Sie stellen oben "vertritt nur Mitglieder" ein "vertritt mehrere Berufsgruppen" gegenüber.
Das sind Äpfel und Birnen.

Ja, sie hatten da ein Missverständnis und es war keine Gegenüberstellung.

Wenn Sie sich mit der Aussage, es sei nur /mein/ Missverständnis gewesen, besser fühlen ... :)
Wenn "Im Gegensatz zu" keine Gegenüberstellung einleitet, wie war es dann gemeint?

Wenn sie wollten das ich mich besser fühle dann lassen sie mir doch den Punkt und verfallen nicht in Rechthaberei.
Ich habe Spartengewerkschaften den Flächengewerkschaften gegenübergestellt.
Sie machen daraus
Zitat: Sie stellen oben "vertritt nur Mitglieder" ein "vertritt mehrere Berufsgruppen" gegenüber. Zitatende.
Sie beurteilen das mit „falsch“ und „Äpfel mit Birnen“. Jetzt haben sie offenbar darüber nachgedacht und wollen immer noch nicht klüger sein…



Jede Gewerkschaft darf nur die Interessen ihrer Mitglieder vertreten aber natürlich kann eine Gewerkschaft mehrere Berufsgruppen vertreten, wenn alle bei ihr organisiert sind.

Jede Gewerkschaft soll/muss die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und natürlich soll/muss eine Gewerkschaft alle Berufsgruppen vertreten, die bei ihr organisiert sind.

Also darf zB nicht Verdi versuchen, die Interessen von Stahlarbeitern verteten, die Mitglieder der IG Metall sind.

Wenn ein Stahlarbeiter Mitglied bei verdi ist, selbstverständlich!

Nein, seit dem Tarifeinheitsgesetz doch genau nicht mehr.
Bei mehreren Gewerkschaften in der gleichen Berufsgruppe ist nur noch diejenige mit den misten Mitgliedern verhandlungsberechtigt.

Das Tarifeinheitsgesetz regelt, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft im jeweiligen Betrieb den Tarifvertrag für die jeweilige Berufsgruppe abschließen darf bzw. muss. Wenn Tarifvertrag gleich Interessenvertretung wäre, hätten sie BEDINGT Recht. Nun kann in einem Betrieb die Konstellation Berufsgruppen und Gewerkschaftsmitglieder dazu führen, dass Gewerkschaft A am Zuge ist. In einem anderen Betrieb kann das Verhältnis jedoch auch anders sein und Gewerkschaft B wäre am Zug.
Nun zum Beispiel: Wenn also in einem Betrieb mit Haustarif in dem verdi die stärkste Gewerkschaft für alle Berufsgruppen ist (sagen wir 100 MA davon 30 Stahlarbeiter) dann kann verdi diese nicht nur vertreten, sondern auch einen Tarifvertrag für sie abschließen.

Ich hoffe ich habe ihnen damit abschließend Auskunft gegeben zu haben,
mit freundlichen Grüßen…



Dieser Beitrag wurde am 19.11.2017 15:29 Uhr bearbeitet.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden