Was nun, Herr Pichler?
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Air Berlin und die Existenzfrage

BERLIN - Es ist eine Reihe schmuckloser Bürocontainer, aufgestellt auf einer Wiese am Rande des Flughafens Schönefeld, die Air Berlin und auch der Lufthansa Sorgen machen. Dort, hinter Baggern, die das Vorfeld aufreißen, sitzen die neuen Crews von Ryanair.

Fünf Maschinen hat der irische Billigflieger in Schönefeld zum Winterflugplan stationiert. Asphaltiermaschinen schaffen Extra-Platz auf den Vorfeld. Ein neues Terminal ist in Planung.

Auch 2016 werde der Berliner Luftverkehr um sechs Prozent wachsen, sagt Flughafenchef Karsten Mühlenfeld. Und er sagt, dass dafür nicht die beiden größten deutschen Airlines, Lufthansa und Air Berlin, sorgen. Es sind die Billigflieger - Easyjet, Norwegian und besonders Ryanair, die nun auch mit innerdeutschen Strecken an den Start gehen.

"Air Berlin ist immer noch unser größter Kunde", betont Mühlenfeld. Doch andere stehen bereit, diesen Platz einzunehmen. Deshalb will auch der deutsche Branchenprimus Lufthansa den Wettbewerb mit den Billigfliegern aufnehmen und päppelt seine Low-Cost-Gesellschaft Eurowings - nicht nur in Berlin.

Air-Berlin-Chef Stefan Pichler
Air-Berlin-Chef Stefan Pichler, © www.fotografie-wiese.de

In dieser Situation kämpft die defizitäre Air Berlin um Gemeinschaftsflüge mit dem Partner Etihad Airways, der mit einem Anteil von 29,2 Prozent auch größter Aktionär ist. Gemeinsam werden 65 Strecken vermarktet, die Etihad-Kunden fliegen unter der gleichen Flugnummer (Codeshare) wie die Air-Berlin-Fluggäste. Vor allem über Berlin und Düsseldorf erreichen die Etihad-Passagiere so zahlreiche Ziele in Deutschland, Europa und den USA.

Dieses Geschäft bringt Air Berlin nach eigenen Angaben einen zusätzlichen Umsatz von 140 Millionen Euro. Das scheint bei einem Jahresumsatz von 4,16 Milliarden Euro (2014) nicht die Welt zu sein. Doch die Strategen sind alarmiert: "Wir würden diesen Umsatzausfall zur Zeit nicht verkraften", heißt es aus der Zentrale. Und dass Ryanair-Chef Michael O'Leary nur darauf warte.

"Bei einer gesunden Firma würde man sagen, das ist vielleicht durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen", sagt Aktionärsvertreter Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). "Aber bei Air Berlin ist die Lage seit Jahren hochdramatisch." Eine Lösung sei dringend nötig - im Sinne der Aktionäre und der Beschäftigten. Denn: "Ohne die Gemeinschaftsflüge könnte das Interesse der Etihad Air Berlin sinken."

Schließlich sind es Geldspritzen von Ethiad, die Air Berlin noch in der Luft halten. Auch die Arbeitnehmervertreter bei Air Berlin fürchten, dass die Golf-Airline "immer weniger Freude" an ihrem Engagement haben könnte, wie sie an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schrieben.

Auf Dobrindt kommt es an, weil das Luftfahrt-Bundesamt nach seinen Vorgaben über die Codeshare-Flüge entscheidet. Wie bisher müsste es dafür eine Ausnahmegenehmigung geben, denn laut Ministerium sind 29 der beantragten Strecken nicht durch Vereinbarungen Deutschlands mit den Vereinigten Arabischen Emiraten gedeckt. Diese regeln, welche Flughäfen die staatlichen Airline der Emirate hier anfliegen darf.

In den bisherigen Gesprächen hätten sich die Araber Anstrengungen für eine rechtlich tragfähige Lösung verweigert, heißt es aus dem Ministerium. Die Bundesregierung sei offen für weitere Gespräche. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dringt auf eine einvernehmliche Lösung. Aber es ist fraglich, ob dies bis Sonntag gelingt.

Wann kommt der Sanierungsplan?

Aus dem Blick gerät dabei fast, dass Air-Berlin-Vorstandschef Stefan Pichler sein angekündigtes Sanierungskonzept bis 2018 noch nicht vorgelegt hat. Zuletzt hieß es, Anfang November werde es so weit sein, doch die 8400 Beschäftigten werden wohl noch warten müssen. An dem Plan werde noch gearbeitet, sagt ein Unternehmenssprecher.

Angekündigt hatte Pichler schon, Management und Vertrieb umzubauen, das Flugangebot stärker auf ertragreiche Strecken auszurichten und die Drehkreuze wie Düsseldorf und Berlin zu stärken. Ein neuer Billigtarif ist eingeführt, auch mehr Angebote für Geschäftsreisende. Ein weiterer Stellenabbau ist möglich.

Es ist nicht der erste Versuch, die trudelnde Airline wieder auf Flughöhe zu bringen. Schon Pichlers Vorgänger Hartmut Mehdorn und Wolfgang Prock-Schauer hatten vergeblich versucht, die Airline zu sanieren. Mehdorn gelang es lediglich, Etihad an Bord zu holen - und damit Zeit zu gewinnen.

Und was meint die neue Konkurrenz in Berlin? "Air Berlin kann mit dem gegenwärtigen Geschäftsmodell nicht fortbestehen", lehnte sich Ryanair-Chef Michael O`Leary gerade im "Tagesspiegel" aus dem Fenster. Etihad Airways werde die Airline spätestens in fünf Jahren auflösen oder an Lufthansa verkaufen.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Air Berlin | 23.10.2015 13:41

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Beitrag vom 24.10.2015 - 09:50 Uhr
Pichler hat schon eine GESUNDE Condor damals geil an die Wand gefahren, mit seinen abstrusen Ideen.
Wie soll der ne kranke AB sanieren ?

Man beachte, sein genialer Plan wird trotz Ankündigungen immer noch ausgearbeitet.....

Yo, das dauert, bis wieder ein Plätzchen woanders frei wird. So wie damals.


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