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Lufthansa prüft Insolvenzverfahren

Geparkte Lufthansa-Jets
Lufthansa parkt Flugzeuge, © Lufthansa

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FRANKFURT - Der Nervenkrieg um milliardenschwere Staatshilfen für die Lufthansa wird härter. Während am Dienstagmorgen Meldungen über eine angebliche Einigung die Runde machten, denkt das Management laut über eine Insolvenz nach, die nach dem Vorbild der Condor in Eigenverwaltung abgewickelt werden könnte. 

Weitergekommen ist hingegen offenbar die Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss, die Medienberichten zufolge mit staatlich verbürgten Krediten in Höhe von 1,5 Milliarden Franken (1,4 Mrd Euro) rechnen kann.

Es gebe zu den Staatshilfen noch keine Einigung, verlautete am Dienstagvormittag aus der deutschen Bundesregierung. Nach weiteren Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird nicht damit gerechnet, dass die Gespräche noch diese Woche mit einem Ergebnis beendet werden. Bei einem Unternehmen dieser Größe und der möglichen Höhe der Unterstützung müsse klug vorgegangen werden, hieß es.

Am Morgen war der zuvor schwer gebeutelte Kurs der Lufthansa-Aktie zeitweise um gut zwölf Prozent in die Höhe gesprungen. Auslöser war ein Bericht des Online-Wirtschaftsmagazins "Business Insider" über eine angebliche Einigung auf Arbeitsebene. 

Danach soll die Bundesrepublik rund neun Milliarden Euro in den angeschlagenen Konzern pumpen, mehr als Doppelte des aktuellen Börsenwerts. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete später im Grundsatz Ähnliches, schrieb aber noch nicht von einer Einigung.

Dem "Business Insider" zufolge würde die Regierung als neuer Anteilseigner eine Sperrminorität und ein bis zwei Aufsichtsratsmandate bei der Lufthansa erhalten. Die Aktie gab ihre Kursgewinne im Tagesverlauf wieder ab und rutschte zeitweise sogar ins Minus. Zuletzt lag sie am Nachmittag mit 2,55 Prozent im Plus bei 8,132 Euro.

Schutzschirmverfahren

Anstelle des direkten Staatseinstiegs prüft die Lufthansa nun jedoch auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte. Dieses so genannte Schutzschirmverfahren könne zur Alternative werden, falls dem Konzern bei einem Staatseinstieg nicht wettbewerbsfähige Bedingungen beispielsweise durch hohe Kreditzinsen drohten.

Ein derartiges Verfahren hat bereits der Ferienflieger Condor durchlaufen. Das Unternehmen würde in diesem Fall unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt und könnte unter dem bisherigen Management die Sanierung angehen. 

Dabei besteht die Möglichkeit, sich zahlreicher Verpflichtungen gegenüber Lieferanten und anderen Gläubigern zu entledigen. Auch die Pensionslasten und unvorteilhafte Tarifverträge stünden zur Disposition.

Allerdings drängt für den Konzern die Zeit, um überhaupt noch mit Vermögensmasse in ein solches Verfahren zu kommen. Aktuell fliegen die Lufthansa-Airlines wegen der Corona-Einschränkungen nur rund 1 Prozent des üblichen Programms. 

Trotz umfangreicher Kurzarbeit laufen viele Fixkosten weiter, so dass das Unternehmen stündlich rund eine Million Euro Cash verliert und die Barreserven von mehr als 4 Milliarden Euro schmelzen. Belastend sind unter anderem Zinsen und ungünstige Kerosin-Verträge, die noch von einem viel höheren Ölpreis ausgegangen waren als dem jetzigen.

Großer Argwohn bei der Lufthansa

Lufthansa-Chef Carsten Spohr warnte in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen. Man könne einen Konzern nur sehr schwer steuern, wenn mehrere Regierungen Einfluss auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollten. 

Der Luftverkehr sei zwar immer politisch gewesen, aber es dürfe nie eine politisch verordnete Frage werden, "ob wir von München oder von Zürich aus nach Osaka fliegen", sagte der Vorstandschef.

Spohr warb um Vertrauen in die Entscheidungen seines Managements. Die Lufthansa habe die drei besten Jahre ihrer Konzerngeschichte hinter sich. "Wenn sie auch künftig erfolgreich sein soll, muss sie auch weiterhin ihr Schicksal unternehmerisch gestalten können." 

Rückendeckung erhielt der Manager vor der Aktionärsvereinigung DSW. Lufthansa brauche Kapital, aber keine politische Einflussnahme, erklärte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

Laut der Kabinengewerkschaft Ufo soll Spohr in einem internen Mitarbeiterforum erklärt haben, dass er das Unternehmen lieber in die Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens führe, als sich von der Politik reinreden zu lassen. Das habe man als Drohung aufgefasst. Ein Konzernsprecher dementierte, dass eine derartige Äußerung fiel.

Spohr: rechnerisch 10.000 Mitarbeiter zu viel

Die Ufo erhofft sich von einem direkten Staatseinstieg bei der Lufthansa einen besseren Schutz von Arbeitnehmerrechten und strategische Vorteile für den deutschen Luftverkehr. In einem Konzeptpapier stellt sie unter anderem die innerdeutschen Flugverbindungen in Frage und verlangt eine stärkere Abstimmung mit anderen europäischen Airlines.

In der vergangenen Woche hatte Lufthansa einen ersten operativen Quartalsverlust von 1,2 Milliarden Euro berichtet und für die laufenden Monate noch höhere Summen angekündigt. Aus eigener Kraft könne man sich nicht mehr retten. 

Seine Mannschaft hat Spohr nach Milliardengewinnen in der Vergangenheit auf harte Zeiten eingestimmt. Nach der Krise werde Lufthansa voraussichtlich eine um 100 Flugzeuge kleinere Flotte haben. Daraus ergebe sich ein rechnerischer Überhang von 10.000 Mitarbeitern.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 28.04.2020 11:06

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Beitrag vom 30.04.2020 - 09:30 Uhr

Wenn überhaupt hat er "Schuld" daran, dass er eine Stimmung im Unternehmen erzeugt hat, in der die Angestellten das Schlimmste für möglich halten.
Und somit hat fast jeder Gegenspieler automatisch mehr Glaubwürdigkeit bei den jeweils betroffenen Angestellten, als der Vorstand selbst. Das ist erschreckend!

Das ist doch überhaupt nicht wahr!
Die letzte involve me! Umfrage hat doch ergeben, dass mehr Mitarbeiter mit dem Tun und Handeln sowie mit der Ehrlichkeit des Vorstands ggü. der Mitarbeitern zufrieden ist als nicht.
Es ist doch vor allem eine ganz bestimmte Gruppe, die hier ein Problem hat. Vielleicht sollte die sich mal fragen, warum!

Meine persönliche Erfahrung im Unternehmen ist eine andere.


Und auch quer durch die Berufsgruppen. Wann haben Sie denn in letzter Zeit mal mit Technikern gesprochen, wann mit GWI FBs, wann mit EX-GWI Verwaltungspersonal, wann mit dezentralem Stationspersonal?

Dann sollten Sie das auch so schreiben und nicht dieses

.... dass der Vorstand eine Stimmung im Unternehmen erzeugt hat, in der die Angestellten das Schlimmste für möglich halten.

Sonst kommt noch einer auf die Idee, Sie meinen die Lufthansa oder den Lufthansa Konzern. @Airbus-Fahrer fühlt sich nämlich pudelwohl bei LX.

Ja, man ist zufrieden, weil man in eine großen Konzern recht gut versorgt ist. Und das persönliche Arbeitsumfeld findet auch normalerweise in einem positiven Kontext statt.

Ja, das kam auch aus der Mitarbeiterumfrage so heraus. Unzufriedenheit gab es vor allen mit mangelndem Bauchpinseln (keine angemessene Anerkennung von Seiten der Geschäftsleitung).

Aber das ändert sich doch gerade gravierend, nicht wahr? Keiner ist mehr sicher. Früher waren es immer nur andere Abteilungen, andere Standorte, aber jetzt trifft es alle mit voller Wucht!

Absolut!

Und wenn Sie dann immer noch auf einer Berufsgruppe herum hacken, dann macht es das keinen Deut besser.

Weil die, denen es finanziell am besten geht, am lautesten weinen. Und poltern, wenn man 85% bis 87% vom Netto fordert bei nahezu NULL Einnahmen. Und warum hat man das gemacht? Weil man sich sicher fühlte, Mutti wird es schon richten.

Sowohl FBs, als auch Cockpit wissen sehr genau, was die Zeit geschlagen hat. Und kämpfen tatsächlich darum, "alle an Bord" zu halten. Dass dies nicht umsonst funktioniert ist dabei jedem klar.

Das ist verständlich. Ich glaube, die Geschäftsleitung wartet auf Vorschläge und Modelle hierzu.

Und haben Sie sich mal gefragt, warum das so ist?!? Warum die Umfragen so ausfallen? Vielleicht sind die Antworten ja begründet?!?

Ja, insbesondere wegen des fehlenden Bauchpinselns und weil den Wünschen nach Teilzeit, Bildungsurlaub und Elternzeit nicht wunschgemäß nachgekommen wurde.

Doch, doch ich denke schon, dass ich weiß, wie hoch mir persönlich und auch der Lufthansa das Wasser steht....
(Übrigens, wer gibt eigentlich diese "Fortführungsprognosen" ab?)

Weiß nicht.

Ich kann es nur immer noch nicht fassen, dass man sich immer noch an der "einen Berufsgruppe" ab arbeitet.

Da muss ich daran arbeiten, da haben Sie recht. Liegt wahrscheinlich an der Arroganz des Kommentare hier ("ich weiß nicht, wie man es mit dem Doppelten eines deutschen Durchschnittsverdieners durchhalten kann" oder " Ich weiß nicht, wie viel ich verdiene" oder "30 Tage Urlaub sind nicht genug, weil ich als Pilot am Wochenende arbeiten muss" oder ......
Aber ... stimmt ... da muss ich mal von weg.

Soweit mir bekannt ist, hat noch niemand irgendetwas von irgendeiner Berufsgruppe tatsächlich gefordert. Oder haben Sie andere Informationen?

CS fordert seit 5 Wochen "inovative Teilzeitmodelle", um möglichst viele an Bord zu halten. Ich weiß nicht, wie weit man da gekommen ist.

Kommen sie immer noch nicht über die "Aufstockungs"-Diskussion hinweg?

Ganz schwer, wenn man bedenkt, dass die Lufthansa durch diese Aufstockerei lediglich ein Drittel seiner Personalkosten einspart (bei nahezu NULL Erlösen).

Ich kann Ihnen versichern, dass das Thema, zumindest aus meiner Sicht, erledigt ist. Die sind bei einem SSV nun wirklich kein Thema mehr... ;-(

Das stimmt, tut mir auch für Sie persönlich leid.



Dieser Beitrag wurde am 30.04.2020 09:34 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 30.04.2020 - 07:24 Uhr
Spannend nur, dass der südliche Nachbar das schafft was ein LH Vorstand nicht hin bekommt: 1,3 Mrd Zuschüsse vom Staat ohne, dass dieser mitreden möchte.
Soweit man das in den schweizer Medien lesen konnte geht es hier nicht um Zuschüsse, sondern lediglich um Bürgschaften. Das Geld wird bei den Banken besorgt. Das wäre dann allerdings nicht vergleichbar. Hier geht es ja um Zuschüsse, zusätzlich zu den Bürgschaften oder direkten Krediten. Die 1,8Mrd an Bürgschaften für die TUI sind ja auch schon längst durch und die Schweiz muss ihre Entscheidungen nicht mit der EU abstimmen.
Kein öffentlicher Kleinkrieg von GL und GW, Solidarität Untereinander und Stimmung eher Richtung: Das schaffen wir!
Ein bisschen Understatement und Kollegiales auftreten ala Klühr und Co. scheint Wunder zu wirken... Der vorherige CEO war da auch nicht grad stark drin, wer war das denn nochmal und wo/was macht der aktuell...
Wenn meine Regierung auf "ein bisschen kollegiales Auftreten" reagiert und sich in ihren Entscheidungen beeinflussen lässt, dann würde ich mich dringend um neue Leute bemühen.

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2020 07:25 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 30.04.2020 - 06:07 Uhr
@Airbusfahrer
Spannend nur, dass der südliche Nachbar das schafft was ein LH Vorstand nicht hin bekommt: 1,3 Mrd Zuschüsse vom Staat ohne, dass dieser mitreden möchte. Kein öffentlicher Kleinkrieg von GL und GW, Solidarität Untereinander und Stimmung eher Richtung: Das schaffen wir!

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat staatliche Hilfen für Austrian Airlines (AUA) ohne Zugeständnisse seitens des deutschen Mutterkonzerns Lufthansa ausgeschlossen. "Eine Hilfe ohne Vorteile für den Standort Österreich, ohne eine Beteiligung an der Lufthansa, einfach nur so, die wird es nicht geben".
Ein bisschen Understatement und Kollegiales auftreten ala Klühr und Co. scheint Wunder zu wirken... Der vorherige CEO war da auch nicht grad stark drin, wer war das denn nochmal und wo/was macht der aktuell...


Nur mal so am Rande erwähnt. Oder meinten Sie den anderen südlichen Nachbarn? Dann wäre es natürlich etwas anderes ...


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