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Volga-Dnepr fliegt für Moskau

Volga-Dnepr Airlines Il-76
Volga-Dnepr Airlines Il-76, © Volga-Dnepr

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MOSKAU - Für die Frachtairline Volga-Dnepr brach mit den Sanktionen gegen Russland ein Großteil des Geschäftsfeldes weg. Gerüchte über eine baldige Insolvenz machen seither die Runde. Moskaus Bürgermeister greift dem Cargo-Carrier nun mit einem Großauftrag unter die Arme.

Dieser Kontrakt ist ein Trostpflaster, ein Tropfen auf den heißen Stein - für die strauchelnde Volga-Dnepr-Gruppe aber immerhin ein Lichtblick.

Künftig werden die Frachtriesen der Muttergesellschaft Volga-Dnepr Airlines im Auftrag der Moskauer Stadtregierung Transporte zwischen Moskau und anderen russischen Städten sowie ins "befreundete Ausland" übernehmen.

Moskaus Bürgermeister Sergei Sobjanin und Airline-Chef Alexei Isaikin unterzeichneten laut Angaben der Agentur Interfax am vergangenen Freitag einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Dieser sieht bis Ende des Jahres den Transport von rund 20.000 Tonnen "kritischer Fracht" in die russische Hauptstadt vor und soll ein Volumen von 9,5 Milliarden Rubel besitzen. Das sind umgerechnet derzeit rund 104 Millionen Euro.

Ein ungeplanter Neustart

Verglichen mit den Summen, die Volga-Dnepr vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine einflog, muten diese Zahlen fast marginal an. So transportierte die gesamte Gruppe, die neben Volga-Dnepr Airlines auch die Töchter AirBridge Cargo, Atran sowie die britische Cargologic Air und Cargologic Germany umfasst, nach eigenen Angaben pro Jahr zuletzt 600.000 Tonnen Fracht durch die Welt und visierte für das erste Corona-Jahr 2020 einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro an.

Damit zählt Volga-Dnepr zu den größten Frachtfluggesellschaften der Welt, besonders in Sachen Spezialfracht - oder besser zählte, denn mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar und den darauf folgenden Sanktionen westlicher Staaten gegen Russland begann auch für Volga-Dnepr eine neue Zeitrechnung.

Atran, Air Bridge Cargo und Cargologic, allesamt mit westlichen Flugzeugen ausgestattet, stellten im März ihren Betrieb bis auf Weiteres komplett ein.

Die Antonow 124 und Iljuschin 76 der Mutter-Airline dürfen ebenfalls in vielen alten Märkten nicht mehr operieren. Vormalige Auftraggeber stöhnen – und die Crews drehen Däumchen. Zuletzt hieß es aus Russland gar, die Insolvenz der gesamten Gruppe stünde kurz bevor.

Waren aller Art für Moskau

Der nun unterzeichnete Vertrag mit der Stadt Moskau soll diese rasante Negativ-Entwicklung zumindest ein Stück weit abfedern – und der Hauptstadt zugleich einen beständigen Zugang zu Waren aller Art sicherstellen.

Nach Angaben des Bürgermeisters werden die Flugzeuge von Volga-Dnepr Airlines zu diesem Zweck nicht nur innerhalb Russlands operieren, sondern auch Flüge nach China, Indien, in die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie nach Aserbaidschan, Pakistan und Vietnam unternehmen.

Alle diese Staaten haben sich den vom Westen verhängten Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen und erlauben weiter uneingeschränkte Aktivitäten russischer Airlines. Bei der transportierten Fracht soll es laut Bürgermeister Sobjanin um Güter wie Medikamente, medizinische Geräte und Lebensmittel gehen, aber auch um IT- und Kommunikationsprodukte, Konsumgüter sowie Industriekomponenten für Moskauer Unternehmen.

"Logistikkorridor"

Die Zusammenarbeit mit Volga-Dnepr werde "die Lieferzeit von Waren erheblich verkürzen und neue Möglichkeiten eröffnen", kommentierte Sobjanin den Nutzen für seine Stadt. Außerdem solle dadurch auch der Export in Moskau erzeugter Waren ins In- und Ausland sichergestellt bleiben.

"Tatsächlich schaffen wir einen neuen Logistikkorridor mit so großen Ländern wie China, Indien und einigen anderen Ländern", kommentierte der Bürgermeister weiter. Außerdem werde Moskau sich dafür einsetzen, dass Volga-Dnepr fortan als strategisch bedeutendes Unternehmen der russischen Transportindustrie anerkannt werde.

Antonows an die Kette?

Zumindest für die An-124-Flotte könnten Flüge ins Ausland allerdings problematisch sein, denn ein ukrainisches Gericht ordnete erst dieser Tage in einem Urteil die Beschlagnahmung der russischen Antonows an. Ein ähnliches Gerichtsurteil hatte es bereits 2019 gegeben.

Damals wie heute warf der ukrainische Flugzeugbauer Antonow den Russen vor, die An-124 illegal zu betreiben. So fälsche Volga-Dnepr Zertifikate, verwende nicht-zertifizierte Ersatzteile und führe Wartungsarbeiten ohne Lizenz aus.

Vor drei Jahren hatte die Anordnung auf den globalen Betrieb der An-124 von Volga-Dnepr keinen Einfluss.

Dieses Mal sind die politischen Vorzeichen jedoch ein wenig anders gesetzt, weshalb es gut sein kann, dass Volga-Dnepr für internationale Flüge vorrangig auf die kleinere Il-76TD-90VD setzt. Vier An-124 der Russen befinden sich aktuell ohnehin außer Landes: drei stehen in Leipzig, eine weitere liegt im kanadischen Vancouver an der Kette.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: Volga-Dnepr Airlines | 06.04.2022 09:41


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