Berliner Blamage
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Hauptstadtflughafen soll nun im August eröffnet werden

BER-Installation
BER-Installation, © Berliner Flughäfen

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SCHÖNEFELD - Der neue Hauptstadtflughafen soll nach der erneuten Verschiebung jetzt im August eröffnet werden. Weil der Brandschutz noch nicht perfekt sei, könne der geplante Termin 3. Juni nicht eingehalten werden, sagte Chefplaner Manfred Körtgen in Schönefeld. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) konnte am Dienstag noch keinen genauen Termin für die Eröffnung nennen. Gedacht sei an ein Datum nach dem Ende der Sommerschulferien am 3. August.

Chefplaner Körtgen erklärte, die Sicherheitsanlagen und deren Zusammenspiel untereinander hätten noch nicht den nötigen Reifegrad und könnten deshalb vom TÜV nicht abgenommen werden. Die "Schutzziele" könnten bis 3. Juni nicht mehr erreicht werden.

Flughafenchef Rainer Schwarz sprach von einer "bitteren Enttäuschung" für alle Beteiligten. Er könne sich für die entstandene Lage "nur entschuldigen". Schwarz sagte, er hoffe, dass das am neuen Flughafen erwartete Verkehrswachstum zunächst von Tegel und dem alten Schönefelder Airport bewältigt werden könne.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, die Entscheidung zur Verschiebung sei "mehr als eine böse Überraschung". "Ich verhehle nicht, dass ich stocksauer bin, so eine Überraschung darf nicht kurz vorher passieren." Platzeck betonte, dass niemand Bedenken haben müsse, seinen Urlaubsflug nicht antreten zu können. "Da wird es wohl keine Einschränkungen geben."

Air Berlin: Ausweichen nach Tegel schwierig


Bei Air Berlin reagierte man mit Verwunderung und Enttäuschung auf die Nachrichten. "Wir müssen mit dieser Umplanung neu umgehen, was eine große Herausforderung bedeutet", sagte Air Berlin Vorstandschef Hartmut Mehdorn. "Es stellt alle Beteiligten vor gewaltige logistische Probleme, die außerdem erhebliche noch nicht kalkulierbare Mehrkosten verursachen werden."

Das neue Air Berlin Drehkreuz sei so konzeptioniert, dass Air Berlin-Flugzeuge täglich in sechs Wellen sternförmig nach Berlin fliegen. Fluggäste könnten somit in kurzer Zeit umsteigen und weiterfliegen. Dieses System sei exakt auf die Bedingungen am BER zugeschnitten und in Tegel nicht ohne Weiteres durchführbar.

Noch am Freitag habe der Vorstand von Air Berlin den neuen Flughafen besichtigt; dabei seien alle Beteiligten zuversichtlich gewesen, dass der BER seinen Betrieb am 3. Juni planmäßig aufnehmen werde, lässt sich Mehdorn zitieren.

Lufthansa will erweiterten Flugplan erfüllen


Die Lufthansa will ihren zum Sommer deutlich ausgeweiteten Flugplan ab Berlin auch ohne den neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld erfüllen. "Die geplanten zusätzlichen Flüge sollen in jedem Falle starten", erklärte ein Sprecher am Dienstag in Köln. Aktuell sei man in Gesprächen, um sich die zusätzlichen Start- und Landerechte in Tegel zu sichern.

Lufthansa-Chef Christoph Franz erklärte, dass es zunächst darum gehe, die Ansprüche der vielen tausend Kunden zu erfüllen, die bereits nach dem neuen Flugplan gebucht hätten. "Wir sind nicht Verursacher der Probleme, sondern Leidtragender."

Lufthansa berichtete von Testläufen an dem neuen Flughafen in den vergangenen Wochen, die zahlreiche Probleme aufgezeigt hätten. Es bestehe noch an vielen Stellen Handlungsbedarf, erklärte das Unternehmen. Es sei für Lufthansa wichtig, dass an dem neuen Flughafen ein reibungsloser Flugverkehr gewährleistet wird.

"Ein Chaos wie London-Heathrow darf sich in Berlin nicht wiederholen", sagte ein hochrangiger Lufthanseat. In London war es im Jahr 2008 nach Eröffnung des fünften Terminals zu etlichen Flugausfällen und Gepäckchaos gekommen.

Das Unternehmen bedauerte die Verschiebung. Mit dem neuen Eröffnungsdatum erwarte man nun eine verlässliche Planungsgrundlage, hieß es. Zu möglichen Schäden und Regressansprüchen äußerte sich das Unternehmen zunächst nicht.

Die Lufthansa hat in der Hauptstadt mit dem neuen Flughafen große Pläne: Mehr als 50 Ziele in und um Europa sollten gemeinsam mit den Töchtern von Berlin aus angeflogen werden, die Lufthansa selbst wollte ihr Angebot mit modernen A320-Jets vervierfachen. Neu sind auch Oneway-Preise ab 49 Euro, die erstmals angeboten werden sollten.

Zu Ärger mit der eigenen Belegschaft führte der Plan, ab Berlin erstmals Leih-Stewardessen einzusetzen. Die Investitionen in Berlin hat Lufthansa auf rund 60 Millionen Euro beziffert, davon allein 16 Millionen Euro für eine neue Technikhalle. Nach den Worten von Franz soll in 3 bis 5 Jahren in Berlin Gewinn eingeflogen werden.

Flugsicherung kann Ärger über Informationspolitik nur schwer verbergen

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) ist von der verschobenen Eröffnung nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" ebenso kalt erwischt worden wie die Airlines. Die für die Koordinierung und Kontrolle der Flugrouten und Sicherheit der Flüge zuständige Gesellschaft sei erst am Dienstag darüber informiert worden, dass der geplante Termin am 3. Juni nicht gehalten werden kann, sagte DFS-Geschäftsführer Ralph Riedle dem Blatt.

"Wir müssen alle betroffenen Fluggesellschaften weltweit darüber informieren, dass sie ihre Abläufe ändern müssen", sagte Riedle. Das sei für alle Beteiligten ein erheblicher Aufwand. Der Fall sei wegen der "kurzfristigen Informationspolitik der Betreibergesellschaft sehr ungewöhnlich".
© dpa | Abb.: Berliner Flughäfen | 08.05.2012 13:44

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Beitrag vom 09.05.2012 - 13:05 Uhr
......
Aber was man nicht sehen will sieht man auch nicht. Damals brauchte man ja noch ein wenig Zeit um schnell noch seine EADS-Aktien zu verkaufen bevor der Kurs in den Keller ging. Das kann in Berlin ja nicht das Motiv sein.


Tja und der Deutsche Steuerzahler ist seit Jahrzehnten durch Berlin in Geiselhaft. Meines Erachtens ist der aktuelle Skandal lediglich die lückenlose Fortsetzung einer seit Jahrzehnten betriebenen Praxis. Es hätte mich eher gewundert wenn in Berlin etwas günstig, effizient und reibungslos von statten gehen würde.
Beitrag vom 09.05.2012 - 10:12 Uhr
Der aktuellste Termin mit der Bauaufsicht für die Abnahme und Zulassung war der 21.5.. Wobei wohl Anfang April schon beantragt wurde die Sprinkler und Brandschutztüren zum Start manuell betreiben zu dürfen (was von der Bauaufsicht abgelehnt wurde). Insgesamt scheint also durchaus ein Problembewusstsein auf der Baustelle vorhanden gewesen zu sein. Möglicherweise hat man durch die hohe Erfahrung mit solchen Systemen sich einfach drauf verlassen das schon irgendwie zu schaffen ist. Hat ja sonst auch immer geklappt. Und das wohl auch so in die Hierarchie der Baustellenleitung und den Aufsichtsrat kommuniziert. Nun ist die Entrauchungsanlage eine der größten der Welt (?! wurde gestern in einem Interview erwähnt, finde dazu keine belastbare Quelle), ist eine individuelle Auftragsarbeit und extrem komplex. Die Einzelkomponenten sollen wohl funktionieren, nur im Zusammenspiel hapert es. Und das ist etwas dann, wo sich auch die Bauleitung auf die Arbeit, Fähigkeit und Erfahrung des Gewerkes verlassen muss. Die haben jetzt 2 Wochen vor der geplanten Abnahme Alarm geschlagen. Ein gewisses Maß an Projektsteuerung hat im letzten Moment wohl gegriffen. Denn sonst wäre die Verschiebung der Eröffnung wohl erst am 21.5. eingetreten und das wäre dann noch einmal deutlich ärgerlicher geworden....
Beitrag vom 09.05.2012 - 09:36 Uhr
Es ist völlig normal das sich solche Projekte mal um ein paar Monate verzögern.

Tegel steht weiterhin zur Verfügung und erfreut sich großer Beliebtheit bei den Berlinern, also kein Problem.
>
Genau so ist es. Die Verschiebung ist ärgerlich aber beherrschbar.

Der eigentliche Skandal liegt woanders und ist hier im Forum nie richtig beschrieben worden. Wenn man erst 4 Wochen vor Eröffnung die Verschiebung verkündet und dann urplötzlich (voraussichtlich) Mitte Aug. nennt hat man die Zeit für die Restarbeiten um den Faktor 3,5 erhöht und kann selbst das nicht garantieren.

Wie blind müssen die Verantwortlichen Bauleute (oder zutreffender wohl eher Manager?) eigentlich sein das ihnen erst über Nacht so ein gravierender Rückstand auffällt. Der liegt, wenn man den Zeitungsberichten glaubt, bei weitem nicht nur am Brandschutz. Das lässt sich mit Sorge um die Sicherheit nur leichter verkaufen. Es liegt anscheinend an sehr vielen weiteren Dingen die auch weit im Rückstand sind. Das nicht zu erkennen übersteigt meine Vorstellungskraft. Hier haben einige zuständige Leute das kommend e Desaster einfach sehen müssen haben aber geschwiegen.

Erinnert mich fatal an A380. Da haben die Verantwortlichen auch lange keinen Rückstand gesehen. Als ein ehemaliger hoher Airbus-Manager dann mal bei einem Werksbesuch die Möglichkeit bekam nur einen Blick in die im Bau befindliche A380 zu werfen hat ihm das genügt um zu sehen das man nach seiner Schätzung ca. 1 Jahr im Rückstand war. So seine Aussage in einem Fernsehbericht.

Aber was man nicht sehen will sieht man auch nicht. Damals brauchte man ja noch ein wenig Zeit um schnell noch seine EADS-Aktien zu verkaufen bevor der Kurs in den Keller ging. Das kann in Berlin ja nicht das Motiv sein.


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