Mögliche Mehdorn-Ablösung
Älter als 7 Tage

Nimmt Etihad Air Berlin jetzt an die kurze Leine?

James Hogan
Etihad Airways Vorstandschef James Hogan, © Etihad Airways

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BERLIN - Verleumderisch, verantwortungslos, Unsinn. Das sind die Worte, mit denen Air Berlin einen aktuellen Bericht des "manager magazins" zurückweist, in dem über eine Ablösung von Air Berlin-Chef Hartmut Mehdorn spekuliert wird. Bei Großaktionär Etihad Airways wachse die Unzufriedenheit mit der Entwicklung ihrer deutschen Beteiligung, schreibt das Magazin. Etihad-Chef James Hogan dränge daher auf einen vorzeitigen Führungswechsel in der Hauptstadt.

Alles Quatsch, reagierte Air Berlin am Donnerstag ungehalten auf den Bericht. Hartmut Mehdorn werde seinen Vertrag bis zum Ende des Jahres 2013 erfüllen. Daran habe sich nichts geändert.

Bei Air Berlin hat sich indes vieles geändert, seit Mehdorn die Führung der Airline vor einem Jahr von seinem Amtsvorgänger Joachim Hunold übernahm. Mehdorn dünnte Streckennetz und Flotte aus, führte Air Berlin auf der Zielgerade in die oneworld-Allianz und präsentierte im Januar mit Etihad Airways einen neuen Aktionär, der Air Berlin nicht nur Geld, sondern auch strategische Perspektiven bietet.

Untätigkeit kann Hartmut Mehdorn also bei Leibe nicht vorgeworfen werden. Ein gesundes Unternehmen ist Air Berlin aber auch weiterhin nicht.

Die Verluste wachsen weiter und summierten sich im ersten Halbjahr 2011 auf 170 Millionen Euro. Bei ihren Gläubigern stehen die Berliner inzwischen mit 812 Millionen Euro in der Kreide, allein gegenüber Etihad besteht eine Kreditschuld von 163 Millionen Euro.

Auf das berühmte Tafelsilber kann Air Berlin zur Überwindung ihrer Dauerkrise nicht zurückgreifen - es ist schlicht keines vorhanden. Das Eigenkapital der Gruppe halbierte sich im ersten Halbjahr 2012 auf nur noch gut 100 Millionen Euro, die Eigenkapitalquote kratzt mit nur noch vier Prozent an der Nulllinie. Zum Vergleich: Lufthansa verfügte zum gleichen Stichtag über 7,9 Milliarden Euro eigene Mittel und wies zuletzt eine Eigenkapitalquote von 26,8 Prozent aus.

Der geplante Verkauf von acht Flugzeugen (doch ein wenig Tafelsilber), die man nicht zurückleasen will, unterstreicht, wie dringend Air Berlin in diesen Tagen frisches Geld in den Kassen braucht.

Denn auch der Ausblick ist in Zeiten der Eurokrise alles andere als gut. Die Probleme bei der Fertigstellung des Hauptstadtflughafens BER kosten die Airline zusätzlich Passagiere, auch wenn Mehdorn hierfür von den Betreibern Schadensersatz fordern will. Ein fehlender Hub und die bevorstehende Durststrecke des Winters dürften Air Berlin weiter tief in den roten Zahlen halten.

Das schwere Wetter, in dem sich Air Berlin derzeit bewegt, wird aber auch ein neuer Manager an der Spitze nicht einfach umfliegen können. Dennoch entbehrt der Bericht des "manager magazin" nicht wie von Air Berlin behauptet "jeder Grundlage".

Kreditlinien nahezu ausgeschöpft

Mit einer Beteiligung von gut 29 Prozent und nur zwei von elf Stimmen im Air Berlin-Verwaltungsrat kann Etihad allein eine Ablösung Mehdorns zwar nicht durchsetzen. Die Golfairline hat aber andere Hebel.

Etihad gewährte Air Berlin bei ihrem Einstieg im Januar eine Kreditlinie von 255 Millionen US Dollar, welche die Berliner in sechs Monaten fast schon vollständig ausgeschöpft haben. Angesichts der maroden Bilanz ist es nur eine Frage der Zeit, bis Air Berlin zusätzliche Mittel in größerem Umfang brauchen wird, um zu überleben. In der Branche ist von einem Finanzbedarf von bis zu 400 Millionen Euro die Rede.

Etihad wird ihre Kreditlinien aber nicht erweitern, ohne im Gegenzug mehr Einfluss bei Air Berlin zu fordern. Hogan selbst steht gehörig unter Erfolgsdruck. Mit einer aggressiven Beteiligungsstrategie will Etihad ihre Position in Europa stärken.

Den Beteiligungen an Air Berlin und der irischen Aer Lingus schlossen sich Codeshare-Abkommen an. Die Golfairline arbeitet zudem an dem ganz großen Coup - einem Schulterschluss mit Air France-KLM. Im Idealfall sollen dann Air France, Alitalia, Aer Lingus und Air Berlin mit EY-Code Transitpassagiere nach Abu Dhabi bringen.

Hogan, der einst Gulf Air umkrempelte und sanierte, kannte beim Einstieg die katastrophale Finanzlage von Air Berlin. Für ihre Geduld waren die Airlines aus den Emiraten hingegen noch nie bekannt. Gut möglich, dass Etihad die Sanierung bei Air Berlin immer noch zu langsam vonstatten geht und Abu Dhabi sich nach den letzten Zahlen nicht länger auf die Rolle des Zuschauers auf dem Sponsorensitz beschränken will.

FTD: Shortlist mit Mehdorn-Nachfolgern im Umlauf

Die Durchsetzung eines Führungswechsels bei Air Berlin wäre in jedem Fall ein Instrument für Etihad, um ihre Interessen lauter als bisher zu vertreten. Das Dementi aus Abu Dhabi war jedenfalls deutlich verhaltener als jenes aus Berlin. Gerüchte und Spekulationen kommentiere man überlicherweise nicht, ließ Hogan zum Bericht des "manager magazins" ausrichten.

Hinter den Kulissen düfte man schon weiter sein. Die in aller Regel gut informierte "Financial Times Deutschland (FTD)" sprang ihren Kollegen beim "manager magazin" am Freitag bei. Nach Informationen der "FTD" soll bereits eine Shortlist mit mehreren möglichen Mehdorn-Nachfolgern kursieren. Auf der Liste sollen einige externe Kandidaten stehen, aber auch Air Berlins Finanzchef Ulf Hüttmeyer und Vertriebschef Paul Gregorowitsch.
© aero.de | Abb.: Air Berlin | 24.08.2012 10:08

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Beitrag vom 24.08.2012 - 17:12 Uhr
Shape and Size, hmm naja, sollen sie mal machen, aber Früchte wird das ganze wohl kaum bringen. Auch Hartmut Mehdorn halte für definitiv den falschen, um Air Berlin in Schwung zu bringen. Bei der Deutschen Bahn waren auch weniger Erfolge zu vermelden unter Hr. Mehdorns Führung, wie soll er da Air Berlin "retten"???

Air Berlin hat zwei Probleme:

1. Die internen Strukturen durch ihre Fusionen passen nicht zusammen, es harkt an allen Ecken und Enden, siehe Air Berlin und LTU und DBA Fusion. Der Wasserkopf ist zu groß und zu träge. Immer mehr die entscheiden wollen und immer weniger, die das Geld verdienen. Übrigens auch ein Problem was Lufthansa hat, aber die Leben von ihrem "guten" Ruf (aber auch hier gibt es ja SCORE). Ebenfalls ist das Produkt Air Berlin auch nicht das gelbe vom Ei, aber das will ja auch keiner sehen, auch hier kann man den Schulterschluss mit LH machen...

2. Ethiad ist ein nicht gerade geduldiger, aber dafür einflussreicher und starker Partner. Ich denke, dass EY - auch wenn sie nur zwei Sitze im Vorstand haben - genügend Macht hat, um ihre Interessen durchzusetzen. Was Air Berlin auch zu schaffen macht, sind die Zubringerflüge für EY nach Abu Dhabi. Damit verdient man auch kein Geld.

Mittelfristig gesehen, sehe ich kaum bis gar keine Perspektiven für Air Berlin. Auch ein neuer Chef wird das Ruder nicht rumreißen können, denn zaubern kann leider keiner...
Beitrag vom 24.08.2012 - 14:25 Uhr
Ohne die Kapitaleinlage und Darlehen der EY stünde die AB jetzt sehr auf der Kippe. Shape and Size schön und gut, aber die AB hat andere Baustellen, an die sich Herr Mehdorn noch nicht so richtig rantraut. Was ist zB mit dem Knebelvertrag für die TUIFly-Citystrecken? Da rinnt AB allein Jahr für Jahr ein hoher zweistelliger Millionenbetrag durch die Finger.

Es kann doch nicht sein, dass AB ein ASK immer noch für 7 Cent (zzgl. Treibstoff) produziert, wenn das tw Netzwerkgesellschaften mit Feederverkehr billiger hinbekommen..
Beitrag vom 24.08.2012 - 10:36 Uhr
FTD: .... na klar, aber wann denken die denn dass ein Grossunternehmen mit der "Suche" nach einem Manager in der oberen Liga beginnt????
mm: ....... da merkt man dass das mm fuer die AB noch nie viel uebrig hatte und wie sooft in der Vergangenheit alle "ALLE" Meldungen die negativ ueber die airberlin waren NICHT, mit Tatsachen gelegt werden konnten!
Herr Mehdorn kann nicht Wunder vollbringen in der Eile der Zeit und vorallem nicht innerhalb von wenigen Monaten!
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Beitrag revidiert
Fly-away
Moderator

Dieser Beitrag wurde am 24.08.2012 11:00 Uhr bearbeitet.


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