Tarifkonflikt
Älter als 7 Tage

Lufthansa will Druck aus ihren Cockpits standhalten

FRANKFURT - Carsten Spohr steuert die Lufthansa weiter auf einem harten Sparkurs. Für den Dax-Konzern gehe es nicht nur ums Überleben, sondern um eine aktive Führungsrolle im weltweiten Luftverkehr, sagt der Manager, wenn es um die Zukunft seines Unternehmens geht.

Unsere Piloten sagen "Low-Cost? OK, aber mit High-Cost-Gehältern", reagierte Spohr am Mittwoch in Wien auf mögliche neue Piloten-Streiks. "Das wird aber nicht funktionieren. Ich hoffe, es wird keine neuen Streiks geben, aber wenn wir das durchstehen müssen, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, dann werden wir das tun."

Angesichts zuletzt schmaler Gewinne des größten europäischen Luftverkehrskonzerns hat sich der 48-Jährige auf eine Billig-Strategie festgelegt, die von den organisierten Stammpiloten der Lufthansa-Mutter bis aufs Messer bekämpft wird. Für die Passagiere bedeutet das nach erneut gescheiterten Verhandlungen schon sehr bald wieder Streiks.

Zuletzt hatte es nach zwölf Streikrunden und dem Schock des Germanwings-Absturzes vom März danach ausgesehen, als ob sich beide Seiten doch noch annähern könnten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte im Sommer nicht nur eine längere Lebensarbeitszeit angeboten, sondern wollte auch sämtliche Gehälter ihrer Mitglieder einem internationalen Vergleich unterziehen lassen.

Eurowings Airbus A320
Eurowings Airbus A320, © world-of-aviation.de Björn Schmitt Aviation Photography

Ausdrücklich sollte es im Konzern zudem eine Billiglohn-Linie geben, um Herausforderern wie Easyjet und Ryanair mit ähnlichen Personalkosten begegnen zu können. Lufthansa könne mit diesem Paket rund 500 Millionen Euro sparen, so die VC.

Die Kontrahenten sind aber noch nicht einmal bis zu den Details gekommen, denn Spohr weigerte sich laut Gewerkschaft in einem Spitzengespräch, für die Zeit der Verhandlungen die konkrete Umsetzung des Eurowings-Projekts auszusetzen.

"Wir wollen Eurowings nicht verhindern", sagt VC-Sprecher Markus Wahl. "Aber es macht keinen Sinn, über den Erhalt von Arbeitsplätzen zu verhandeln, wenn diese zeitgleich ins Ausland verlagert werden."

Kern des bald drittgrößten Billigfliegers Europas ist die vor wenigen Wochen gegründete Fluggesellschaft "Eurowings Europe" mit Sitz in Wien. Sie soll bald viele Flugzeuge, aber möglichst keine Tarifverträge für die Piloten und das Bordpersonal besitzen. Die Beschäftigungsbedingungen liegen weit unter den Standards der Lufthansa-Mutter.

Laut Stellenausschreibung sollen junge Co-Piloten inklusive Schichtzulage zu Beginn 44.050 Euro verdienen - gut 20.000 Euro weniger als bei Lufthansa. Junge Kapitäne liegen mit einem erwartbaren Brutto-Jahresgehalt von 78.100 Euro mehr als 50.000 Euro hinter ihren Konzernkollegen.

Kernmarke schrumpft auf 250 Flugzeuge

Bedrohlich für die rund 5.400 noch gut bestallten Konzernpiloten ist die erklärte Absicht der Lufthansa, immer mehr Maschinen und damit auch die Arbeitsplätze für Piloten und Flugbegleiter von der Stammmarke und der Tochter Germanwings auf die österreichische Billigtochter zu verlagern.

Die Kernmarke Lufthansa könne von jetzt noch 310 auf vielleicht 250 Maschinen schrumpfen, hat Spohr angekündigt. "Das ist nichts anders als reine Tarifflucht", schimpft der VC-Tarifexperte Jörg Handwerg. Denn die Maschinen der neuen Tochter sollen auch auf Strecken von und nach Deutschland eingesetzt werden, die bislang von Germanwings geflogen werden.

Piloten fürchten Änderungskündigungen


Fragt sich, wie schnell Lufthansa ihre deutschen Gesellschaften schrumpfen lässt. Die VC befürchtet bereits Änderungskündigungen für die Piloten, während Lufthansa einen langsameren Kurs einzuschlagen scheint.

Eurowings Europe will nach dem Start im März monatlich nur rund ein Dutzend neue Piloten einstellen. Das würde wegen des Personalbedarfs bedeuten, dass nur knapp alle zwei Monate ein neuer Jet in den österreichischen Dienst gestellt würde.

Klar ist aber, dass bei der neuen Gesellschaft die hiesige Tarifmacht der VC nichts mehr gilt. Handwerg sieht in Spohrs Strategie daher das erklärte Ziel, die Belegschaft in kleine Gruppen zu zerschlagen und die Macht der Gewerkschaften zu brechen. Zum erneuten Streik gebe es daher nach Ablehnung des Angebots keine Alternative.

Die Piloten müssen zudem weitere Konkurrenz aus ganz Europa fürchten, denn die Plattform Eurowings kann nicht nur mit konzerneigenen Flugzeugen agieren. Auch das gehört zum globalen Führungsanspruch Spohrs: Bei der dringend anstehenden Konsolidierung des europäischen Luftverkehrs müssten kleinere Gesellschaften nicht gleich von Lufthansa komplett übernommen und saniert werden, sondern könnten sich in loser Form in den Eurowings-Verbund integrieren.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: world-of-aviation.de, Björn Schmitt Aviation Photography | 02.09.2015 15:42
#9445
Beitrag vom 03.09.2015 - 12:17 Uhr
Der Verleich der CASM hinkt aber auch ein wenig hinterher weil in der BRD alle Einnahmen und Ausgaben für Personal auch überdurchschnittlich mit Abgaben u Steuern belastet werden.

Dem MA nun den AG Steuernachteil aufzubürden wird wie gezeigt immer zum Streik führen.

Auch der AN zahlt in BRD schon oftmals mehr Abgaben als anderes Flugpersonal. Wir Flieger reden im Layover mit Kollegen anderer Airlines und da sieht man dann, dass trotz der großen Bruttosumme am Ende netto oftmals weniger übrig bleibt.

Ist ein Nachteil zu LH Position aber nun a GF Seite den MA noch weiter zu drangsalieren wird nur a mehr Widerstand stoßen.

CASM hin oder her. Auf Grund nationaler Steuersatzung wird LH niemals auf 4-5 Cent kommen. SELBST wenn alle MA kostenlos fliegen.

Wenn das aber die einzige Motivation von CS ist, ist er ein Vorstand ohne Vision und der falsche.

Auch wenns nach außen nicht bestätigt ist: sein Rückhalt bröckelt im Vorstand wegen seines Egotrips gegen die Piloten.
Der Rufverlust bei den Passagieren und die Kosten überwiegen mittlerweile den ausgerechneten Nutzen.
Beitrag vom 03.09.2015 - 00:25 Uhr
@Cosmo... hat Spohr BMI und AUA gekauft? Er muss nur ausbaden was Anfang der 2000er versäumt wurde. Es ist leicht zu kritisieren, aber fest steht nun mal das die CASM bei der LH bei ca 10 cent liegen, während bei Ryanair irgendwo zwichen 4 und 5.
Beitrag vom 02.09.2015 - 23:01 Uhr
Wieso wird denn der Vorstand nicht nach Bulgarien oder Rumänien ausgelagert ? Da gibt es bestimmt genauso unfähige Manager die den Job für ein Fünftel des Gehaltes machen.
Wenn Spohr zum Thema Zukunft nur Auslagerung möglichst vieler Bereiche in den Billigstsektor einfällt, dann ist er wohl der Falsche in der Position. Die Lufthansa kann sich über Qualität, Leistung, Produktinnovationen, Sicherheit und Zuverlässigkeit profilieren, aber definitiv nicht über den Preis, das können die MEA´s auf der Langstrecke und Ryanair in Europe bereits viel besser. Ich reise ja noch immer gerne mit der LH aber langsam merkt man auch den Mitarbeitern an, dass es gewaltig rumort bei den Kranichfliegern. Die Lh´ler müssen jetzt ausbaden was das Management über Jahre verbummelt hat, zukunftsfähige Produkte, sparsame Maschinen und Fehlinvestitionen wie bei British Midlands und bei AUA. Deutsches Arbeitsrecht mit österreichischen Zulassungen zu umgehen geht gar nicht, da muss die LH sich nicht wundern wenn jetzt noch loyale Kunden die Fluggesellschaft links liegen lassen und bei anderen mitfliegen.


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