"Angstkultur" bei Germanwings
Älter als 7 Tage

Piloten: Vorsicht bei Kritik an Eurowings

KÖLN - Lufthansa-Vorstand Karl-Ulrich Garnadt stellte sich Ende September den Germanwings-Piloten in einem "Townmeeting". Bei Germanwings, der fließenden und besonders sensiblen Grenze zwischen Lufthansa und neuer Eurowings, muss Garnadt als Chef der Günstigstrategie noch viel Überzeugsarbeit leisten. Das ging schief.

Nach dem Townmeeting - das Format steht für einen offenen Dialogstil aus Fragen und Antworten - wendet sich die Germanwings Personalvertretung an die Piloten und rät eindringlich von "jeder kritischen Meinungsäußerung zu Betriebs-, Unternehmens- und Konzernthemen" ab.

In dem Memo, das aero.de vorliegt, spricht die Personalvertretung von einer "angestrebten Angstkultur" bei Germanwings, die der Konzern zunächst mit Nadelstichen - etwa einem Attestzwang ab dem ersten Tag einer Krankmeldung - etabliert habe und jetzt weiter befeuere.

"AU ab dem ersten Tag" sei zwar "tarifvertragswidrig", man habe das aber noch mit "Humor zur Kenntnis genommen", schreiben die Personalvertreter. Mit Wortmeldungen zu Eurowings könne man allerdings schnell seinen Job "in Gefahr" bringen. So habe es zumindest der Kollege Lars F. im Nachgang des Townmeeting erfahren.

germanwings Airbus A320
germanwings Airbus A320, © Ingo Lang

Gegenüber Garnadt formulierte Flugkapitän F. seinen Unmut über Eurowings nach Geschmack der Lufthansa offenbar etwas zu forsch und wurde noch am selben Tag per Email zu einem Personalgespräch in der Flugbetriebsleitung gebeten, bis dahin freigestellt.

"Gegenstand des Gesprächs werden die von Ihnen im heutigen Townmeeting mit Herrn Garnadt getätigten Aussagen, sich nicht am Aufbau der Eurowings zu beteiligen, sondern das Gegenteil tun zu wollen und Herrn Garnadt jeden Tag daran zu erinnern, sein", heißt in der Email an F.

"Du möchtest die Eurowings zerstören und alle haben Angst vor Dir", bekam F. im Personalgespräch laut Memo zu hören. Seine Äußerungen im Townmeeting hätten "den Rahmen gesprengt".

F. habe sich für seine Wortwahl im Townmeeting entschuldigt. Als Personalvertreter werde er aber weiterhin "alles versuchen, um eine Spaltung des Personals zu verhindern". Damit war zwar das Personalgespräch beendet, die Angelegenheit für F. aber noch lange nicht ausgestanden.

Außerplanmäßig zum Fliegerarzt

Denn nach dem Gespräch schickte die Flugbetriebsleitung F. außerplanmäßig zum Fliegerarzt. Seine fliegerische "Einsetzbarkeit" müsse "uneingeschränkt" bestätigt sein. Die Personalvertretung wertet das als Schikane, mit der Germanwings an F. ein Exempel statuieren wollte.

Inzwischen war Kapitän F. beim außerplanmäßigen medizinischen Check und fliegt wieder. Der Vorfall dürfte das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Lufthansa und Piloten allerdings weiter strapazieren.
© aero.de | Abb.: Germanwings Personalvertretung | 21.10.2016 09:22

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Beitrag vom 24.10.2016 - 23:33 Uhr
Die Aktien sind aber nicht in freier Hand. Ergo geht der Preis wie bescheuert nach oben, sobald eine Majorität Aktien erwerben will. Funktioniert ergo nicht.

Wieso? Können Sie jederzeit an der Börse kaufen. Wenn der Preis stimmt, verkauft Ihnen jeder jede Aktie. Sahen Sie gerade bei Monsanto.

Also das Problem ist dann wirklich, daß ein Pilot als Aktionär plötzlich sein eigenes Geld investiert und zu verantworten hat. Da sieht die Welt plötzlich anders aus, als wenn man sich vom Arzt einfach krank schreiben läßt.
Beitrag vom 24.10.2016 - 14:27 Uhr
Das trifft es - wir alle wissen nicht, was von wem wirklich konkret auf dieser Veranstaltung gesagt wurde.
Stimmt schon, aber hätte irgendeine Aussage eines Anwesenden bei einer deratigen Veranstaltung (Townhall-Meeting) tatsächlich justiziable Aussagen enthalten, hatte man den Sprecher direkt sanktionieren können (und müssen).
Genug Zeugen wären in dem Falle ja vorhanden gewesen.
Da man das nicht getan hat, sondern stattdessen versucht, psychologischen Druck auszuüben, hat sich der Sprecher wohl tatsächlich juristisch gesehen nichts zuschulden kommen lassen.

Auch wenn der Wunsch einer Geschäftsführung nach disziplinierten, nur "JA"-sagenden Arbeitnehmern verständlich ist, sollte das in diesem Fall zur Disziplinierung gewählte Mittel (Schikane und Aufbau psychologischen Drucks) gerade im Bereich Luftfahrt eigentlich Tabu sein.

Das wirft kein ein gutes Licht auf derartig vorgehende Personal- oder Geschäftsführung sondern vermittelt Unsicherheit, wenig Souveränität und einen guten Schuss Hysterie.

Dieser Beitrag wurde am 24.10.2016 14:28 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 24.10.2016 - 14:16 Uhr
@fbwlaie schrieb
was hat der Lars von sich gegeben?
Steht doch im Artikel.


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