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Streit ohne Ende um Hilfen für Flugzeugbau

Airbus
Corporate Design des europäischen Flugzeugbauers Airbus, © Airbus

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PARIS - Die Auseinandersetzung zwischen den USA und der EU über milliardenschwere Staatshilfen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing nimmt kein Ende. Auch nach der jüngsten Stellungnahme der Welthandelsorganisation WTO bleiben die Fronten verhärtet. Die USA und Boeing sind weiter der Ansicht, sich grundsätzlich an die internationalen Spielregeln zu halten. Ländern wie Deutschland und Frankreich werfen sie vor, mit illegalen Milliarden-Subventionen den Wettbewerb zu verfälschen.

Die bereits vor Jahren eingeschaltete WTO hatte am Mittwoch einen Zwischenbericht vorgelegt, der nach Angaben des französischen Verkehrsministeriums wiederum massive regelwidrige Subventionen der USA an Boeing beanstandet. Einer Klage der EU von Anfang 2006 sei in allen Kernpunkten stattgegeben worden, hieß es.

Die EU und Airbus hatten nach dem vertraulichen Zwischenbericht der WTO eigentlich auf ein baldiges Ende der Auseinandersetzung gehofft. Sie interpretieren das vertrauliche Dokument als Beleg dafür, dass auch Boeing von milliardenschweren Staatshilfen profitiert und schlagen eine Verhandlungslösung vor. Airbus ist der Ansicht, dass der Bau von komplexen großen Flugzeugen ohne staatliche Förderung unmöglich ist. Das Unternehmen fürchtet, im Schatten des transatlantischen Streits könnten neue Konkurrenten aus Ländern wie China Oberwasser gewinnen.

"Die WTO hat mit einem Schlag 25 Jahre Boeing-Heuchelei beendet. Jahrzehntelang hatte Boeing überhaupt bestritten, Subventionen zu bekommen", kommentierte Airbus-Sprecher Rainer Ohler am Mittwoch. Europäer und Amerikaner hätten nun allen Grund, miteinander zu verhandeln. "Sonst werden bald Luftfahrtsubventionen bei Wettbewerbern in Asien und anderswo alles in den Schatten stellen, was Amerika und Europa an Subventionen kennen."

Ähnlich äußerte sich der EU-Handelskommissar Karel De Gucht: "Eine detaillierte Analyse ist nötig, aber ich bin immer mehr davon überzeugt, dass die Frage von Subventionen für Flugzeugbauer nur mit Verhandlungen gelöst werden kann", meinte der Belgier.

Boeing folgt dieser Argumentation nicht. Die von der EU beanstandeten Hilfen aus Washington seien in keinster Weise mit denen der Europäer an Airbus vergleichbar. Auf Basis der heutigen Beihilfepraxis in den USA könnten lediglich drei Milliarden Dollar beanstandet werden. Bei den illegalen EU-Subventionen gehe es um 20 Milliarden Dollar. Boeing vertraue auf die WTO-Prozesse und die Spielregeln, an die sich auch Airbus und die EU halten müssten, hieß es aus Washington.

Das US-Unternehmen profitierte bislang vor allem durch Forschungs- und Entwicklungszuschüsse - beispielsweise von der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA. Die EU geht von illegalen Subventionen im Umfang von rund 24 Milliarden Dollar aus.

Der nicht öffentliche WTO-Bericht war eine weitere Etappe in dem seit Jahren andauernden Streit, in dem beide Seiten sich gegenseitig vor die Schiedsrichter der Welthandelsorganisation zitiert haben. Im Fall der Klage der USA gegen die EU hatte die WTO bereits ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin kam sie zum Ergebnis, dass beispielsweise Teile der rückzuzahlenden Anschubfinanzierung für den Großflieger A380 illegale Exportsubventionen seien. Die Europäische Kommission legte gegen einen Großteil des Urteils Berufung ein - der Ausgang ist ungewiss.

Wie komplex die Materie ist, zeigt die Verfahrensdauer. Der Zwischenbericht der WTO zur EU-Klage gegen die USA hätte eigentlich bereits im Juli 2008 vorliegen sollen. Mit dem Abschlussurteil wird nun erst im ersten Halbjahr 2011 gerechnet.

Von Ansgar Haase, dpa
© dpa | Abb.: Airbus | 17.09.2010 08:03

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Beitrag vom 17.09.2010 - 10:26 Uhr
Helmut,

naja, die Russen, Chinesen... werden ihre Luft- und Raumfahrt auch nicht ohne Anschubfinanzierung in die "Luft" bringen können. Ob diese Anschubfinanzierung zurückgezahlt wird oder marktunüblich ist (z.B.: "Da müßte noch ein Risikoaufschlag zugerechnet werden...."), bleibt m. E. zweifelhaft.

Warten wir mal ab. Z.Z. wird die Sicht doch nur durch das jeweilige Rosinenpicken behindert und die Einsprüche sind zusätzlich noch nicht behandelt worden.
Beitrag vom 17.09.2010 - 09:24 Uhr
"Die WTO hat mit einem Schlag 25 Jahre Boeing-Heuchelei beendet."

Boeing sei trotzdem weiterhin (stur) der Ansicht, sich grundsätzlich an die internationalen Spielregeln zu halten.

Mit solcher Heuchelei wird es kaum zu Verhandlungen mit einigender Beendigung des Streits kommen können, leider.

Jahr für Jahr nicht mehr Nummer Eins auf zivilen Flugzeugmärkten zu sein, dabei fühlt man sich bei Boeing mit wehenden Fahnen im Stolz verletzt.

Andere werden sich vielleicht darüber ins Fäustchen lachen und mehr oder weniger heimlich hoffen, dass das noch möglichst lange Zeit so weiter geht, der Streit.

mfg


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