Wende vor Gericht
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Lufthansa muss Condor keine Sonderkonditionen einräumen

Condor Airbus A330-900
Condor Airbus A330-900, © Condor

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FRANKFURT - Condor hängt am Drehkreuz Frankfurt teilweise an Lufthansa-Flügen. Lufthansa will Condor Sonderkonditionen im Interkont-Feed streichen. Das Bundeskartellamt hatte Condor dagegen den Rücken gestärkt. Ein Gericht hat den Bescheid nun außer Kraft gesetzt - Lufthansa verhandelt Konditionen mit Condor umgehend neu.

Lufthansa und Condor verbindet eine gemeinsame Vergangenheit - erst 2009 gab Lufthansa einen Restanteil von 24,9 Prozent an Condor ab. In der Gegenwart liefern sich Condor und der junge Lufthansa-Ferienflieger Discover Airlines harten Wettbewerb.

Der Ton - streckenweise rau. "Wir haben in Deutschland einen Wettbewerber, der uns ausmerzen will", hatte der damalige Condor-Chef Ralf Teckentrup Lufthansa in einem Interview mit dem Branchendienst "FVW" 2022 eine gegen den Ferienflieger gerichtete Verdrängungsstrategie unterstellt.

Condor ist in Frankfurt - zumindest teilweise - auf Lufthansa angewiesen: Bis zu 40 Prozent der Condor-Interkontgäste reisen mit einem Zubringerflug nach Frankfurt an, in aller Regel an Bord einer Lufthansa-Maschine.

Ein sogenanntes "Special Prorate Agreement" (SPA) sichert Condor seit vielen Jahrzehnten - zu vorteilhaften Konditionen - Zugriff auf Lufthansa Zu-und Abbringer am Drehkreuz, ist aber eine Achillesferse in der Interkontstrategie des Ferienfliegers.

Lufthansa wollte die Sonderkonditionen schon für 2021 widerrufen - und die Zubringerflüge für Condor laut Kreisen nur noch im Interlining abbilden.

Am 30. November 2020 sprach Lufthansa die Kündigung des SPA aus. "Verträge, die Passagierströme von Lufthansa auf andere Airlines verlagern, werden nicht fortgeführt", hatte Lufthansa-Vorstand Michael Niggemann den Schritt verteidigt - und Condor auf "eigene Zubringerflüge" oder "die Bahn" verwiesen.

Teckentrup rief das Bundeskartellamt an - mit Erfolg. Die Wettbewerbsbehörde erkannte Condor im September 2022 nicht nur einen grundsätzlichen "Zugangsanspruch" in das Lufthansa-Kurzstreckennetz zu, sondern buchstabierte Lufthansa sogar Erweiterungen an der Vereinbarung aus.

"Keine andere Airline verfügt über ein vergleichbar dichtes Zubringernetz", stellte das Kartellamt nach eingehender Prüfung fest. "Aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung (...) unterfällt Lufthansa der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und hat daher gegenüber anderen Marktteilnehmern besondere Pflichten."

Lufthansa zog gegen den Bescheid vor Gericht - und kann nun einen Etappensieg verbuchen. Der "F.A.Z." liegt ein Beschluss des OLG Düsseldorf zu einem von Lufthansa seit 2022 betriebenen Eilverfahren vor.

Das Gericht hegt "ernstliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundeskartellamts, zitiert die "F.A.Z." aus dem Beschluss.

Dabei steht eine "Besorgnis der Befangenheit" der Bonner Beamten im Raum. Lufthansa witterte früh politische Einflussnahme durch das Bundeswirtschaftsministerium auf das Verfahren. In einem internen Aktenvermerk wurde Lufthansa laut "F.A.Z." als "bekannt schwieriger Ansprechpartner" bezeichnet.

Lufthansa schärft SPA-Konditionen nach

Der OLG-Beschluss hebelt die unmittelbare Wirkung der Kartellamtsentscheidung aus.

"Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf entbindet uns ab sofort von dem bisher gültigen Beschluss des Bundeskartellamts, nach der wir unserem Wettbewerber Condor ein Special Prorate Agreement (SPA) mit festgelegten Sonderkonditionen zu gewähren haben", ordnete ein Lufthansa-Sprecher die Entscheidung gegenüber aero.de ein. "Wir begrüßen, dass unsere rechtliche Auffassung in der Eilentscheidung des Gerichts bestätigt wurde."

Bedeutet: Bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist Lufthansa nicht länger an die Vorgaben des Bundeskartellamts gebunden. Diesen Hebel hat Lufthansa in der Zwischenzeit bereits genutzt - und die Konditionen des Vertrags gestrafft.

"Um einen unmittelbaren Stopp von Zu- und Abbringerdiensten mitten im Sommer für unseren Wettbewerber zu vermeiden, haben wir mit der Condor eine befristete Fortführung des SPA zu angepassten Konditionen bis zum Ende des Sommerflugplans 2024 vereinbart", sagte der Lufthansa-Sprecher. "Über eine etwaige Vereinbarung für die Zeit ab dem 27. Oktober 2024 sind wir mit Condor im Gespräch."

Condor hofft auf Einigung mit Lufthansa

Für beide Seiten sei eine "außergerichtliche Einigung" die bessere Variante, hatte der neue Condor-Chef Peter Gerber laut "Reuters" kürzlich bei einem Mediengespräch in Frankfurt für einen Vergleich geworben. Das Verfahren könne sich sonst noch "drei bis fünf Jahre" in die Länge ziehen.

Die Rechtsauffassung des OLG war Condor zu diesem Zeitpunkt schon bekannt - der Beschluss datiert laut "F.A.Z." auf den 10. Mai 2024.

"Zwischenzeitlich haben Condor und Lufthansa wieder Gespräche aufgenommen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen", sagte eine Condor-Sprecherin aero.de. "Für Kunden ändert sich nichts, gebuchte Tickets behalten ihre Gültigkeit und es können neue Tickets inklusive Zu- und Abbringerflug gebucht werden."

Bundeskartellamt zieht vor den BGH

Und was sagt das Bundeskartellamt? Die Behörde verwahrt sich gegen den Vorwurf der Befangenheit, ist gerade nicht sonderlich gut auf Lufthansa zu sprechen - und will vor den Bundesgerichtshof ziehen.

Kartellamtschef Andreas Mundt wies "den von Lufthansa erhobenen Vorwurf, dass es tatsächlich eine politische Einflussnahme gab" gegenüber der "F.A.Z." entschieden zurück. Die Stellungnahme liegt aero.de vor. Das Bundeskartellamt ist mit Logik und Rechtsauffassung der OLG-Richter alles andere als einverstanden.

"Das Gericht kam bei seiner lediglich vorläufigen Entscheidung zu dem Schluss, bei den Verfahrensbeteiligten habe der Eindruck entstehen können, dass es eine politische Einflussnahme auf das Bundeskartellamt gab, ein Verfahren gegen die Lufthansa einzuleiten", fasst Mundt zusammen. "Schon das können wir nicht nachvollziehen."

Die Behörde hält an der Richtigkeit ihrer Entscheidung fest.

"Sowohl betreffend die Befangenheitsvorwürfe als auch andere wichtige Fragen haben wir Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof eingelegt", stellt Mundt klar. "Dazu gehört etwa die Frage nach der Abgrenzung des relevantes Marktes für Zubringerflüge. Hier halten wir die Lufthansa für marktbeherrschend und leiten daraus Condors kartellrechtlichen Anspruch auf Zugang zu den Zubringerflügen ab."

Das Oberlandesgericht habe diesbezüglich "eine andere Auffassung" vertreten, erkennt Mundt an. "Wir sehen uns demgegenüber im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland und Europa." Lufthansa zweifelte hingegen an, dass es überhaupt einen "Markt für Zubringerflüge" gibt.
© aero.de | Abb.: Condor | 16.07.2024 12:39

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Beitrag vom 17.07.2024 - 07:29 Uhr
Jain, die ggf marktbeherrschende Stellung des Konzerns ist damit trotzdem noch nicht thematisch vom Tisch.

Spätestens nicht, wenn man eigenen Konzerntöchtern diese Vorteile gewährt.

Beitrag vom 17.07.2024 - 01:57 Uhr
Richtig so.
Beitrag vom 16.07.2024 - 14:16 Uhr
Lufthansa muss Condor keine Sonderkonditionen einräumen
Alles andere wäre auch lächerlich. Zumal Condor ja "Zugang zu Zubringerflügen" hat. Nur halt nicht durch das Sponsoring des Mitbewerbs.


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