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Lufthansa spielt Übernahme von Norwegian durch

Norwegian Boeing 787-9
Norwegian Boeing 787-9, © Norwegian

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FRANKFURT - Die Lufthansa denkt laut über eine Übernahme des norwegischen Billigfliegers Norwegian nach. "Es steht eine weitere Konsolidierungswelle an. Das heißt, dass wir auch mit Norwegian in Kontakt stehen", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr der "Süddeutschen Zeitung" (Montag).

Ob dann eine Übernahme stattfinde, sei "eine Frage des strategischen Mehrwertes, des Preises und der wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten". Die norwegische Gesellschaft gilt als Vorreiter für Billigflüge auf der Langstrecke.

Zuletzt hatte Norwegian zwei Übernahmeangebote der British-Airways-Mutter International Airlines Group (IAG) abgelehnt. Der Konzern, zu dem bereits die Fluglinien Iberia, Vueling, Aer Lingus und Level gehören, hat bereits eine Beteiligung von mehr als vier Prozent an der norwegischen Airline aufgebaut.

Allerdings konnten sich die beiden Seiten nicht über einen Preis für eine Übernahme einigen. Norwegian brachte daraufhin Ryanair als weiteren Interessenten ins Spiel - beim irischen Billigflieger will man davon allerdings nichts wissen. "Wir greifen nicht in fallende Messer", sagte Ryanair-Sprecher Robin Kiely.

Die Lufthansa baut ihre Tochter Eurowings als drittgrößte Billigfluggesellschaft Europas auf. Spohr zufolge soll Eurowings auch weitere Langstreckenverbindungen aufnehmen. Er habe was dies betrifft "noch viel Fantasie für die Zukunft", sagte er dem Blatt.

Riskanter Kauf?

IAG-Chef Willie Walsh war laut Insidern bereit, bis zu 1,5 Milliarden Euro für Norwegian auf den Tisch zu legen. Nach Einschätzung der US-Bank Morgan Stanley müsste sich ein Käufer jedoch auch mit bis zu 6,6 Milliarden Euro Verbindlichkeiten anfreunden, die Norwegian angehäuft hat.

Norwegian ist in den letzten Jahren rasant gewachsen und hat ihren Flugplan in die USA, nach Südamerika und Singapur erweitert. Die Airline beförderte im Mai 3,5 Millionen Passagiere in ihrem System - ein 17-Prozent-Plus, das Norwegian bei einer unveränderter Auslastung von 86,5 Prozent realisierte.

Im laufenden Jahr plant Norwegian die Aufnahme elf neuer Boeing 787-9, zwölf weiterer 737 MAX 8 und zweier 737-800 in ihre Flotte.

Update 14:59 Uhr: Integration "sehr schwierig"


"Norwegian hat durchaus erfolgreiche Verbindungen in Märkten aufgebaut, in denen sich andere schwertun. Gemeinsam mit Easyjet als Zubringer haben sie Lowcost-Langstrecken aufgebaut, die auch für Geschäftsleute interessant sind", ordnete Gerd Pontius von der Airline-Beratungsgesellschaft Prologis das Lufthansa-Interesse ein.

Pontius zeigte sich dennoch skeptisch, was eine Übernahme der Norwegian durch die Lufthansa angeht. "Die Integration eines so großen Flugbetriebs mit einer völlig anderen Unternehmenskultur wäre schon sehr schwierig. Man sieht ja derzeit, welche Schmerzen das schnelle Wachstum der Eurowings und die Integration von Brussels Airlines bereitet."

"Spohr hat im Moment bei der Eurowings genug Baustellen", sagte auch Airborne-Berater Gerald Wissel. Die Norwegian sei nur in ihrer ursprünglichen Form ohne die komplexe Langstrecke interessant. "Auch den Norwegern ist der Beweis nicht gelungen, dass das Lowcost-Prinzip auf der Langstrecke funktioniert."

Für den Experten Pontius bleibt die Gesellschaft dennoch ein vergleichsweise attraktives Übernahmeziel: "Natürlich hat sich die Norwegian an vielen Stellen verhoben. Sie ist aber im Gegensatz zu anderen Übernahmekandidaten wie der Alitalia noch im hohen Maße flexibel und gestaltbar."
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Norwegian | 18.06.2018 09:01

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Beitrag vom 19.06.2018 - 01:05 Uhr
Hat LH wirklich Interesse an Norwegian? Ich denke nicht, aber solche Bemerkungen treiben den Kaufpreis in die Höhe. Das könnte das Ziel von LH sein, so wächst die Chance, daß Norwegian selbständig bleibt. Das ist für LH besser als deren Einbindung in den größten und kapitalstarken Wettbewerberkonzern.

Eine eigenständige Norwegian erleichtert LH den Aufbau seiner eigenen LC-Airline Eurowings. Dazu: spielen kostet nichts.
Beitrag vom 18.06.2018 - 12:52 Uhr
Das passt Flottentechnisch überhaupt nicht, ist aber natürlich vom Lohnniveau extrem niedrig.
Ist das nicht Mythos? Bei der Flottengröße, die Group hat glaube ich 800 Flugzeuge) kann man das optimal einsetzen und die OPSs sind in sich so differenziert eingestzt, dass sich kaum Synergien bilden. Eine Airline dieser Größe (LH Group) muss bei allen Herstellern einen Fuß in der Tür haben (so CS im Interview)
Die Frage ist warum man etwas kaufen soll, v.a. für 1,5 Mrd. das mit 6,6 Mrd. verschuldet ist.
Siehe oben. Bei der Größe muss man an so etwas interessiert sein und mitmischen. Ob man es dann macht, wird man sehen. Aber wenn es sich rechnet und bevor es ein anderer macht...
Im Grunde kann man relativ entspannt zusehen, wie Norwegian unter der Schuldenlast in die Knie geht, sobald der Zins ansteigt.
Ich denke, das haben die auf dem Schirm.
Wizz ist in meinen Augen das bessere Ziel für LH, dann hat man keine B787 und keine Langstrecke.
Nur wegen der Flotte? Der Markt ist das entscheidende.
Man muss sich auch mal Fragen wo das Enden soll, hat die LH wirklich unendlich Kapital um die eigene Flotte zu erneuern und in dem Tempo weiter Airlines zu übernehmen?
Haben sie. Man muss aber unterscheiden zwischen Flottenerneuerung aus sich selbst heraus und Investition wenn sich so eine Chance ergibt. Wenn sie ein Business Case haben finanzieren sie das locker.

Ich denke das ist alles ein bisschen viel auf einmal, aber wenn die Chance da ist wird man wohl müssen. Wie gesagt, der Kuchen wird gerade neu verteilt, da muss man am Tisch weit vorne sitzen.

Dieser Beitrag wurde am 18.06.2018 12:56 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 18.06.2018 - 12:17 Uhr
Was hat Norwegian zu bieten außer horrende Schulden und ein Geschäftsmodell, das bislang ein Zuschussgeschäft ist?
Slots an interessanten Flughäfen und eine Bestellliste für gefragte Modelle, die ab 2019 lieferbar sind.
Das sind 70 A320NEO plus 50 Optionen,
30 A321LR, 106 B737-MAX8. Dazu noch 14 B787 im Bestand plus 19 Bestellungen.
Insgeamt 67 Flieger im Bestand und 234 Bestellungen plus 60 Optionen.
Ob Lufthansa zusätzlich zu den vielen eigenen Bestellungen so eine große Anzahl weiterer Flugzeuge in relativ kurzer Zeit benötigt, kann ich nicht beantworten. Da kennen sich hier andere Personen besser aus.


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