US-Studie
Älter als 7 Tage

Krebsrisiko bei Flugpersonal höher

Piloten von Southwest Airlines
Piloten von Southwest Airlines, © Southwest Airlines

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BOSTON - Flugzeugbesatzungen in den USA erkranken häufiger an verschiedenen Formen von Krebs als der Durchschnitt der Bevölkerung. Neben verschiedenen Hauttumoren treten Krebs an Brust, Gebärmutter, Darm, Schilddrüse und Gebärmutterhals bei Berufsfliegern öfter auf.

Dies berichten Forscher im Fachjournal "Environmental Health". Sie hatten die Angaben von mehr als 5.300 überwiegend weiblichen Flugbegleitern zu ihrem Arbeitsleben und ihrem Gesundheitszustand mit den Daten von 5.000 Teilnehmern einer nationalen Gesundheitsstudie der US-Gesundheitsbehörde CDC verglichen.

Dann prüften sie, ob es einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Krebserkrankungen und der Berufstätigkeit gibt. Der Studienaufbau hat nach Einschätzung deutscher Experten allerdings Mängel: Mögliche andere Einflussfaktoren seien nicht ausreichend berücksichtigt.

Eileen McNeely und Kollegen der Harvard School of Public Health fanden heraus, dass gut 15 Prozent des Flugpersonals eine Krebsdiagnose erhalten hatten. Verglichen mit der passenden Altersgruppe der Gesamtstudie zeigten Vielflieger eine höhere Rate bei Tumoren an Brust (3,4 Prozent im Vergleich zu 2,3 Prozent), Gebärmutter (0,15/0,13 Prozent), Gebärmutterhals (1,0/0,7 Prozent), Darm (0,47/0,27 Prozent) und Schilddrüse (0,67/0,56 Prozent).

Besonders deutlich war der Unterschied beim Hautkrebs: Mehr als doppelt so viele Flugbegleiterinnen (2,2 Prozent) entwickelten Melanome, und sogar gut vier Mal so viele (7,4 Prozent) andere Formen von Hautkrebs. Auch die vielfliegenden Männer, die nur nach Hautkrebs befragt wurden, schnitten schlechter ab - allerdings erkrankten sie insgesamt deutlich seltener als ihre Kolleginnen.

"Gemessen an den niedrigen Raten von Übergewichtigen und Rauchern in dieser Berufsgruppe ist das Ergebnis auffallend", sagt Ko-Autorin Irina Mordukhovich. Die Funde bestätigten vorhergehende Studien zum Thema.

In ihrem Arbeitsleben über den Wolken ist das Flugpersonal diversen Krebsrisiken ausgesetzt - dazu zählen erhöhte kosmische Strahlung und UV-Strahlung, unregelmäßige Schlafrhythmen und möglicherweise auch chemische Substanzen in der Kabine. Seit langem ist bekannt, dass die Hautkrebsrate unter langjährigen Berufsfliegern erhöht ist.

Anders als in den USA wird in Europa deshalb die Strahlenbelastung von Piloten und Co überwacht und beschränkt, so dass eine bestimmte Dosis im Jahr nicht überschritten wird.

Die Studienerkenntnisse zu Brust- und Hautkrebs seien nicht neu, sagen auch Experten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Sie seien jedoch mit Vorsicht zu interpretieren: So könnten erhöhte Brustkrebsraten auch damit in Zusammenhang stehen, dass Flugbegleiterinnen insgesamt weniger und oft relativ spät Kinder bekämen. "Beide Faktoren erhöhen das Brustkrebsrisiko."

In der Studie der US-Forscher hatten vielfliegende Frauen ohne Kinder, aber auch die mit drei oder mehr Kindern ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Möglicherweise trügen höherer Stress und chronischer Schlafmangel bei den Frauen mit mehreren Kindern zum erhöhten Brustkrebsrisiko bei, sagen die Forscher.

Mit Blick auf die höheren Hautkrebsraten bleibe außen vor, wie oft die Betroffenen sonst in die Sonne gingen, heißt es beim BfS. Die UV-Strahlung stellt nach Einschätzung des Bundesamts im Flieger eine geringere Gefährdung dar, problematischer sei die kosmische Strahlung. "Sie ist in erster Linie abhängig von der Flughöhe, der Flugdauer sowie dem Zeitpunkt." So können Sonnenaktivitäten von Zeit zu Zeit die ionisierende Strahlung verstärken.

Die rund 40.000 überwachten deutschen Flugbegleiter und Piloten sind laut Bundesamt im Durchschnitt einer Strahlung von 2,5 Millisievert ausgesetzt. Der Jahresgrenzwert für Menschen, die im Beruf Strahlen ausgesetzt sind, beträgt 20 Millisievert. Für Gelegenheits- und Urlaubsflieger sei die Gefahr durch die Höhenstrahlung sehr gering, Schwangere und Kleinkinder inbegriffen.

Auch auf der Erde bekommt in Deutschland jeder Mensch jährlich im Durchschnitt 2,1 Millisievert natürliche Strahlung ab.
© dpa | Abb.: Southwest Airlines | 26.06.2018 11:28

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Beitrag vom 28.06.2018 - 22:04 Uhr
„Höhenstrahlung“ ist ein durch das Auftreffen von Teilchen kosmischer Strahlung verursachter Teilchen- und Strahlungschauer. Kosmische Strahlung sind vorallem Protonen und anderer Atomkerne extrem hoher Energie (zig Größenordnung höher als die Ruhemasse jedes Elementarteilchens). Die haben viel mehr Bums, als das was im Cern im LHC erreichbar ist. Pro Teilchen kosmischer Strahlung werden bis zu 10^11 Sekundärteilchen erzeugt.
Daher ist bei den Sekundärteilchen/-strahlung alles mögliche dabei. Und die Energie ist groß genug überall durchzukommen.
Beitrag vom 28.06.2018 - 16:37 Uhr
Die Gründe dafür, versucht man zu eruieren. Ob man dann daran etwas ändern kann oder ob es dann Berufsrisiko ist, sei mal dahin gestellt.
Zumindest kennt jeder das Risiko wenn er den Beruf wählt. Wenn ich Möbelpacker werde, dann muss mir klar sein dass mir abends der Rücken schmerzen könnte. Da kann ich nicht nach Jahren überrascht sein.

Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber als junger Mensch ist die Lebenserwartung wohl eher sekundär bei der Berufswahl, oder? Von daher finde ich ein bisschen öffentliche Aufklärung nicht ganz falsch.

Bei den Vielfliegern treffen ja die gleichen Annahmen oder Einschränkungen zutreffen. Bei Strahlung gibt es aber nicht unbedingt einen proportionalen Zusammenhang mit der Dauer der Bestrahlung. Die Art ist da wohl wichtiger.
Dann müssten Vielflieger deutlich schlechter stehen als Flugbegleiter. Zumindest wenn man öfter am Fenster sitzt?

Nee, ich meine, dass die Höhenstrahlung nicht durch die Flugzeugkabine gedämpft wird... Höhenstrahlung ist keine Teilchen, sondern eine Wellenstrahlung und ist deshalb im Flugzeug nur schlecht zu dämpfen. Blei macht sich da nicht so gut;-)

Es erscheint aber schon komisch, dass eine Berufsgruppe, die doch recht engmaschig gesundheitlich kontrolliert werden, eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit haben.
Was heißt das schon. Wenn man immer wieder miterlebt dass Spitzensportler mit dreißig oder noch früher einfach tot umfallen, dann kann man das auch nicht mehr erklären. Fußballprofis, Radprofis und viele andere. Am Drogenkonsum kann es kaum liegen, wegen der strengen Kontrollen. Auch Diego M. aus Argentinien wäre ein passendes Gegenbeispiel.

Spitzensportler werden aber gerade körperlich extrem belastet. Viele davon nehmen langfristige körperliche Beeinträchtigungen für die spitzen Leistung in Kauf. Radfahrer haben doch z.B. ein vergrößertes Herz. Auch betrifft es ja nicht die Mengen an Menschen. Statistisch steigern aber Sportler eher ihre Lebenserwartung...

Ob das an Strahlung, Lebensstil oder was auch immer liegt, wäre ja auch mal eine Untersuchung wert. Vielleicht könnte man durch entsprechendes, lebensverlängerndes Verhalten ja sogar das Rentenalter noch höher setzen ;-)
Das kann keiner ernsthaft wollen ...
Nee, nicht wirklich!
Beitrag vom 28.06.2018 - 16:03 Uhr
Da haben Sie recht. Es ist aber statistisch nachgewiesen, dass die Lebenserwartung von Flugpersonal (wie auch Vielfliegern) geringer ist, als die des "Normalbürgers".
Bei Statistik ist es wie bei Arbeitnehmern. Die einen taugen was, die anderen vergisst man besser.
Die Gründe dafür, versucht man zu eruieren. Ob man dann daran etwas ändern kann oder ob es dann Berufsrisiko ist, sei mal dahin gestellt.
Zumindest kennt jeder das Risiko wenn er den Beruf wählt. Wenn ich Möbelpacker werde, dann muss mir klar sein dass mir abends der Rücken schmerzen könnte. Da kann ich nicht nach Jahren überrascht sein.
Bei den Vielfliegern treffen ja die gleichen Annahmen oder Einschränkungen zutreffen. Bei Strahlung gibt es aber nicht unbedingt einen proportionalen Zusammenhang mit der Dauer der Bestrahlung. Die Art ist da wohl wichtiger.
Dann müssten Vielflieger deutlich schlechter stehen als Flugbegleiter. Zumindest wenn man öfter am Fenster sitzt?
Es erscheint aber schon komisch, dass eine Berufsgruppe, die doch recht engmaschig gesundheitlich kontrolliert werden, eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit haben.
Was heißt das schon. Wenn man immer wieder miterlebt dass Spitzensportler mit dreißig oder noch früher einfach tot umfallen, dann kann man das auch nicht mehr erklären. Fußballprofis, Radprofis und viele andere. Am Drogenkonsum kann es kaum liegen, wegen der strengen Kontrollen. Auch Diego M. aus Argentinien wäre ein passendes Gegenbeispiel.
Ob das an Strahlung, Lebensstil oder was auch immer liegt, wäre ja auch mal eine Untersuchung wert. Vielleicht könnte man durch entsprechendes, lebensverlängerndes Verhalten ja sogar das Rentenalter noch höher setzen ;-)
Das kann keiner ernsthaft wollen ...


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