Condor-Übernahme durch PGL
Älter als 7 Tage

Kein "Pride Flight" nach Warschau

PGL übernimmt Condor
PGL übernimmt Condor, © Condor

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WARSCHAU - Polens Regierung finanziert der staatseigenen Fluggesellschaft LOT die Übernahme von Condor. Der Deal sichert Tausende Arbeitsplätze in Frankfurt, hat aber einen politischen Preis: Condor wird zur deutschen Enklave eines neuen polnischen Staatskapitalismus. Lufthansa geht auf Distanz.

Christoph Debus musste erstmal nachlesen, wer da Ende 2019 um seinen Rückruf bat - "PGL" war dem Condor-Finanzchef spontan kein Begriff. Seit Freitag steht fest: PGL wird Condor übernehmen.

"Der polnische Staat finanziert diese Transaktion", bekannte LOT-Chef Rafal Milczarski in Redelaune. So kann PGL nicht nur den staatlich besicherten Brückenkredit ablösen, mit dem Condor derzeit wirtschaftet. Laut Insidern hat Condor bisher rund 250 der 380 Millionen Euro abgerufen.

Der polnische Investor zahlt zudem einen Aufschlag und verspricht Condor "mindestens 20" neue Langstreckenflugzeuge. Am Ende stach PGL mit diesem Paket zwei finanzkräftige Private Equity-Firmen aus den USA und Großbritannien aus.

In der Polish Aviation Group PGL laufen seit Anfang 2018 die Fäden polnischer Luftfahrtpolitik zusammen - die staatlich gelenkte Gruppe überspannt neben LOT Polish Airlines deren Wartung und Technik, den Abfertiger LSAS und eine Leasingsparte - kurzum alles, was eine Staatsairline gut gebrauchen kann.

Lange Zeit war LOT Polish Airlines selbst ein unrentabler Übernahmekandidat, Lufthansa ließ von einer Beteiligung lieber die Finger. Dann entdeckte die nationalkonservative Regierung der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) ihre Liebe zu LOT - und verhalf der Airline zu einer erstaunlichen Wende:

Neue Langstrecken nach Nordamerika und Asien locken inzwischen zunehmend Passagiere aus Westeuropa nach Warschau. In Budapest baut LOT ein zweites Drehkreuz auf, dort verortet Milczarski neben Frankfurt schon einen weiteren "natürlichen Ausgangspunkt" für Condor. Vor den Toren von Warschau entsteht bis 2027 ein neues Megadrehkreuz.

Die Condor-Übernahme "ist ein weiteres Element des Aufbaus eines Staatskapitalismus, der durch Recht und Gerechtigkeit vorangetrieben wird", kommentiert das regierungskritische Magazin "Polityka" den Deal.

Gesellschaft, Justiz, Medien, Wissenschaft, Wirtschaft - PiS bringt Polen auf Parteilinie. Bei einem als "Justizreform" getarnten Rückbau des Rechtsstaats fordert Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Streit mit der EU-Kommission heraus, im äußersten Fall droht ein Bruch zwischen Brüssel und Warschau.

Condor Pride Flight 2019
Condor Pride Flight 2019, © Condor

Wer Richter mundtot macht und entlässt, wird kaum Hemmungen haben, einen Ferienflieger an die kurze Leine zu legen.

Schwer vorstellbar etwa, dass Condor unter dem neuen Eigner wie im Vorjahr mit einem "Pride Flight" 2020 wieder offen Flagge für die Rechte von Homosexuellen zeigen darf: während Condor im Juni 2019 Flugzeugkabinen in Regenbogenfarben ausleuchtete, riefen PiS-Politiker in Polen "LGBT-freie Zonen" aus.

Arbeitnehmerrechte stehen bei polnischen Staatsbetrieben ebenfalls nicht hoch im Kurs: Ende 2018 ließ Milczarski 67 Flugbegleiter fristlos entlassen, die sich mit der ebenfalls gefeuerten Leiterin ihrer Gewerkschaft Monika Z. solidarisiert hatten. Unter öffentlichem Druck zog LOT die Kündigungen zurück. Bei Neueinstellungen schaltet LOT oft Personaldienstleister zwischen.

Lufthansa könnte Zubringer kappen

Doch nicht nur politisch, auch wirtschaftlich betritt Condor-Chef Ralf Teckentrup mit dem PGL-Deal glattes Parkett: Condor ist auf Lufthansa-Flüge als Zubringer für die Frankfurter Langstrecke angewiesen.

Teckentrup weist zwar darauf hin, dass diese Flüge auch für Lufthansa von Vorteil sind. Doch Lufthansa arbeitet auf Hochtouren an einem eigenen Ferienflieger.

"Die Lufthansa Group hat ihr touristisches Angebot in den vergangenen Monaten erfolgreich ausgebaut", sagte ein Lufthansa-Sprecher aero.de "Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen, unabhängig davon, wer Eigentümer von Condor ist."

"Über das dichte Zubringernetz von Lufthansa zu den Drehkreuzen Frankfurt und München können Fluggäste bequem die schönsten Plätze der Welt erreichen", fügte der Lufthansa-Sprecher hinzu. Und ließ offen, ob das 2020 auch für Passagiere für Condor gilt.
© aero.de | Abb.: Condor | 27.01.2020 11:54

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Beitrag vom 28.01.2020 - 17:35 Uhr
Pride Flüge sind ja nicht der Zweck einer Fluggesellschaft.
Und ich freue mich das LOT und nicht ein Spekulant/Investor Condor übernommen hat.
Beitrag vom 28.01.2020 - 17:22 Uhr

LH muß nicht so reagieren, aber sie tut sehr gut daran, es so zu tun. Es gibt noch Unternehmen, die Geld verdienen wollen und wissen, daß sie dazu Kunden benötigen und keinen zentralplanerischen Staatsverwaltungskapitalismus. Nur der Kunde ermöglicht Umsatz. Eine Staatswirtschaft verbraucht diesen nur. Ich verstehe nicht, wie man solche Fragen noch 30 Jahre nach der Bankrotterklärung des Staatskapitalismus stellen kann, ja sogar offensichtlich sogar Sympathien dafür hegt. Wie oben öfters dargestellt ist LH mit LOT verbunden. Wieso soll sie jemandem vor einem Verbündeten retten? Seltsame Denkweise!

Vermischen Sie hier was? Wo schreibe ich denn etwas davon, dass der "Staatsverwaltungskapitalismus" gut ist oder ich Sympathien dafür hege? Nicci72 schreibt seit Tagen, dass Lufthansa Condor nicht fallen lassen kann, weil dann LOT kommt und die Rolle der Lufthansa für Condor übernimmt. Alles was ich bezweifle, ist das LOT dazu in der Lage wäre und Lufthansa dem zur Folge dieses Szenario wirklich fürchten muss. Mehr nicht.
Alles was Sie mir hier nach sagen ist daher komplett aus der Luft gegriffen und am Thema, was ich hier schreibe, vorbei.

Nicht in Polen läuft etwas verkehrt, es ist hier in Deutschland. Sehen Sie sich nur den BER an, der sollte nach 6 Jahren Bauzeit vor 7 Jahren bereits eröffnet werden. Wie blöd muß man sein zu denken, die Welt wartet auf Deutschland? Das ist die Rückkehr des arroganten Besserwissers. Nein, die Polen ergreifen ihre Chance und machen etwas Eigenes. Blöd (und dazu noch arrogant) sind wir Deutschen, nicht die anderen. LH weiß das und macht das Beste daraus durch Schweigen.

Wir deutschen haben vor allem ein Problem: Wir hacken ständig auf allen Themen rum. Ja, mittlerweile hat jeder verstanden, dass beim BER scheiße gelaufen ist, was ich aber absolut irrwitzig finde ist, wie hier egal zu welchem Thema immer wieder die gleichen Themen aufgegriffen werden, die absolut gar nichts mit dem eigentlichem Thema zu tun haben...

Ich weiß auch gar nicht, wo hier diese Verachtung der Deutschen gegenüber den Polen herbeigeschrieben wird. Das wird hier doch nirgends thematisiert. Wo kommt zum Beispiel dieses: Die LH muss die Condor vor den Polen "retten" her? Das hat hier niemand thematisiert, das wurde von einer Kommentatorin geschrieben, damit sie es danach gleich wieder widerlegen kann.... so ist es auch mit der angeblichen Arroganz der Deutschen gegenüber den Polen auch. Wo kommt das her?

Es wird hier von Leuten eine Arroganz der Deutschen gegenüber den Polen herbei geschrieben, damit sie dann im eigenen Kommentar benutzt werden kann.

Das hat aber doch mit dem eigentlichem Thema hier nichts zu tun...
Beitrag vom 28.01.2020 - 16:56 Uhr

Und noch einmal: Es liegt im wohlbegründeten beiderseitigem Interesse, dass Lufthansa bei diesem Deal die Füße still hält. Darauf, dass die Lufthansa Condor vor "den Polen" "rettet", sollte man deshalb nicht allzu viel verwetten. Dass die Lufthansa zum Thema derzeit ganz still ist, ist kein Zufall.

Gerne noch einmal: Woher nehmen Sie diese Begründung, dass Lufthansa so agieren muss? Nur weil Sie das ständig wiederholen, wird das nicht richtiger.

LH muß nicht so reagieren, aber sie tut sehr gut daran, es so zu tun. Es gibt noch Unternehmen, die Geld verdienen wollen und wissen, daß sie dazu Kunden benötigen und keinen zentralplanerischen Staatsverwaltungskapitalismus. Nur der Kunde ermöglicht Umsatz. Eine Staatswirtschaft verbraucht diesen nur. Ich verstehe nicht, wie man solche Fragen noch 30 Jahre nach der Bankrotterklärung des Staatskapitalismus stellen kann, ja sogar offensichtlich sogar Sympathien dafür hegt. Wie oben öfters dargestellt ist LH mit LOT verbunden. Wieso soll sie jemandem vor einem Verbündeten retten? Seltsame Denkweise!

Nicht in Polen läuft etwas verkehrt, es ist hier in Deutschland. Sehen Sie sich nur den BER an, der sollte nach 6 Jahren Bauzeit vor 7 Jahren bereits eröffnet werden. Wie blöd muß man sein zu denken, die Welt wartet auf Deutschland? Das ist die Rückkehr des arroganten Besserwissers. Nein, die Polen ergreifen ihre Chance und machen etwas Eigenes. Blöd (und dazu noch arrogant) sind wir Deutschen, nicht die anderen. LH weiß das und macht das Beste daraus durch Schweigen.

Dieser Beitrag wurde am 28.01.2020 16:57 Uhr bearbeitet.


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