Covid-19-Krise
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Billiges Kerosin wird für Lufthansa zum Problem

Betankung einer Lufthansa Boeing 747-400
Betankung einer Lufthansa Boeing 747-400, © Lufthansa

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FRANKFURT - Lufthansa rinnt in der Covid-19-Krise das Geld durch die Finger. Der Konzern wird nach einem herben Quartalsverlust und trüben Aussichten wohl nicht ohne Staatshilfen auskommen. Selbst stark gefallene Ölpreise können Lufthansa bei einem Neustart nicht helfen - im Gegenteil.

1,2 Milliarden Euro operativer Verlust allein im ersten Quartal sind nur die Spitze des Eisbergs. Lufthansa rechnet für das laufende Vierteljahr wegen Covid-19 mit wesentlich höheren Verlusten.

Weil Barmittel von 4,4 Milliarden Euro rasch aufgebraucht sein werden, will der Konzern seine Reserven aufstocken.

Über Kredite, Regierungsgarantien und möglicherweise eine Staatsbeteiligung hofft Lufthansa-Chef Carsten Spohr laut Insidern bis zu 10 Milliarden Euro auftreiben zu können. Lufthansa steckt nach Angaben vom Donnerstag in "intensiven Verhandlungen" mit den Regierungen der Airline-Heimatländer Deutschland, Österreich, Schweiz und Belgien.

Termingeschäfte belasten Bilanz

Derzeit ist offen, ab wann und unter welchen Auflagen Airlines ihre Netze schrittweise wieder öffnen dürfen. Der Neustart wird holprig und teuer. Denn neben unsicherer Nachfrage belastet der zuletzt stark gefallene Ölpreis die Bilanzen der Airlines zusätzlich, die eigentlich alles richtig machen wollten.

Lufthansa hatte ihren für 2020 erwarteten Treibstoffbedarf frühzeitig über Sicherungsgeschäfte zu 63 US-Dollar pro Barrel Rohöl gedeckt. Im Januar rechnete der Konzern aus, dass ein Preisrutsch auf 45 US-Dollar pro Barrel einen Verlust von 800 Millionen US-Dollar bedeuten würde.

Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 22,33 US-Dollar. Das waren 1,45 Dollar mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte WTI stieg um 3,80 Dollar auf 17,97 Dollar. Dagegen waren die Erdölpreise am Montag und Dienstag noch kollabiert.

Zum Wochenstart war der Preis eines mittlerweile ausgelaufenen Terminkontrakts auf US-Öl unter die Nulllinie gefallen. Es war das erste Mal überhaupt, dass so etwas passiert. Die in der Corona-Krise eingebrochene Nachfrage nach Rohöl und das hohe Angebot an Rohöl lasten auf den Preisen. Hinzu kommen die immer knapper werdenden Lagerkapazitäten für Erdöl.
© aero.de, dpa-AFX, Bloomberg News | Abb.: Lufthansa | 24.04.2020 08:19

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Beitrag vom 24.04.2020 - 15:49 Uhr
Vielleicht wird LH ja zu dem Ergebnis kommen, dass man insgesamt noch auf der Gewinnerseite ist, denn in früheren Jahren hatte man ja durchaus vom Fuel Price Hedging profitiert. It cuts both ways, diesmal hat man leider Pech. Andere wird es freuen.
Beitrag vom 24.04.2020 - 12:04 Uhr
Vielen Dank!
Beitrag vom 24.04.2020 - 11:48 Uhr
Ist der Sprit jetzt bezahlt und gehört der Hansa auch? Dann wäre er zwar teuer bezahlt aber man muss später erstmal keinen kaufen.
Oder ist der nur bezahlt und die Hansa besitzt trotzdem den Sprit nicht?
Kleiner aber feiner Unterschied.

Termingeschäft heißt: LH hat (Beispielrechnung) in Dezember bereits vereinbart am 24.4.2020 10.000 Barrel Kerosin zum Preis von 63$/Barrel zu kaufen (ja, das ist vereinfacht, ich weiß).
Die Lieferung erfolgt heute zum genannten Preis.
LH kann den Sprit aktuell weder verfliegen noch einlagern, weil die Lager alle voll und zusätzliche Lagerkapazität extrem teuer ist.
Sie muss ihn also direkt weiterverkaufen, aber nur zu zB 20$/Barrel.
Also verliert sie durch diesen Kontrakt _heute_ 10.000 x 43$.

So wird ein Schuh draus. Eine Frage ergibt sich dabei aber schon, und ich finde zunächst keine Antwort darauf: Kauft die Airline Kerosin oder Rohöl? Rohöl müßte sie dann eigenständig in der Raffinerie zu Kerosin verarbeiten lassen; sie könnte das Rohöl aber wie in Ihrem Beispiel am Weltmarkt verkaufen. Wenn sie aber Kerosin per heute gekauft hat, kann sie es nicht verkaufen - wer soll dann damit in dieser Menge etwas anfangen?


Ist beides möglich. Delta betriebt z.B. eine eigene Raffinerie dafür. Das Hedgen funktioniert i.d.R. praktisch aber noch mal leicht anders, als zuvor beschrieben. Das gehedgede Produkt, egal ob Crude oder Kerosin, wird nur als Papier gehandelt, sprich ohne mit dem physischen Produkt arbeiten zu müssen. Wenn die Airline dann die Ware tatsächlich benötigt, kauf Sie lokal den Treibstoff und verkauft die gleiche Menge an (zuvor gekauften) Futures wieder. Daraus ergibt sich auf der einen Seite ein Gewinn (z.B. auf Futureseite), auf der anderen Seite ein Verlust (z.B. auf der Seite des Physischen Produkts auf Flughafen). Unterm Strich gleichen sich Gewinn und Verlust aus diesen Geschäften (mehr oder weniger) aus, der Hedge wurde erfolgreich aufgelöst.

Der kleine aber feine Unterschied ist also, das es (i.d.R.) nur auf dem Papier stattfindet und sich die Airline nicht um den physischen Verbleib der Ware kümmern muss. Effektiv hat es aber den gleichen Effekt: Sinkende Preise bzw. Verluste in dieser Konstellation.

Physische Lieferungen sind bei Terminkontrakten (wenn überhaupt) immer nur an sehr spezielle, vordefinierte festgelegt, z.B. Hafen in Singapur, Hafenlager XY in New York. Könnte man dan transportieren, den Aufwand der Logistik wird sich eine Airline aber idR. nicht antun und einfach über Cash Settlements und Gegenbuchen arbeiten.

Edit: zu langsam :(

Dieser Beitrag wurde am 24.04.2020 11:50 Uhr bearbeitet.


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