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Österreichs Suche nach einem neuen Transportflugzeug geht in die heiße Phase. In einem Twitter-Beitrag vom 3. April listet Michael Bauer, seinerseits Sprecher des Verteidigungsministeriums in Wien, erstmals öffentlich die Kriterien für die Nachfolge der alten Lockheed Hercules auf.
Demnach will Österreich als Ersatz für die drei seit 2003 betriebenen C-130K (ein viertes Flugzeug dient nur als Teilespender) vier bis fünf Flugzeuge beschaffen, die 20 Tonnen Nutzlast transportieren können, sich in der Luft betanken lassen und "spätestens 2030" verfügbar sind.
Ausdrücklich legt sich die Regierung außerdem auf ein einziges Muster fest - eine Zwei-Flottenlösung aus größeren und kleineren Maschinen kommt nicht in Betracht. Die Vertragsunterzeichnung soll im ersten Halbjahr 2024 über die Bühne gehen. "Eine Anfrage wurde an 29 Staaten verschickt", so Bauer.
Zu klein, zu groß, zu teuer
Den Kreis der infrage kommenden Kandidaten grenzt diese Rahmenrichtlinie klar ein - und erweitert ihn zugleich auf anderer Ebene. Denn mit der Vorgabe von 20 Tonnen Nutzlast fallen kleinere Muster wie die Alenia C-27J oder die C-295 Persuader von Airbus (CASA) unter den Tisch.
Eine "Anfrage an 29 Staaten" impliziert aber zugleich, dass Österreich neben neuen Maschinen auch Gebrauchtflugzeuge in Betracht zieht, die die genannten Kriterien erfüllen - wenngleich Ministeriumssprecher Bauer einwandte, es gehe nicht allein darum, "wer passende Maschinen verkauft, sondern auch um Kooperationen mit anderen Ländern."
Da größere (und teurere) Muster wie der Airbus A400M oder die japanische Kawasaki C-2 angesichts der Vorgabe ebenfalls durchs Raster fallen dürften, bleiben faktisch nur die beiden Kandidaten übrig, die ohnehin schon in der Favoritenrolle waren: Lockheed Martin C-130J Super Hercules und Embraer KC-390.
Britische Gebrauchtflugzeuge?
Während die KC-390 aus Brasilien wiederum nur als Neuflugzeug zu bekommen ist, gibt es für die C-130J neben fabrikneuen Maschinen auch Möglichkeiten am Gebrauchtmarkt. Exemplarisch sei hier auf die britische Royal Air Force (RAF) verweisen, die ihre C-130J-Flotte im Laufe dieses Jahres ausmustert und aktiv Käufer dafür sucht.
Die Briten preisen ihre "Hercs" mit jeder Menge Restflugstunden an. Zudem hatte die RAF 2015 in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Marshall Aerospace ein Modernisierungsprogramm eingeleitet, das neben Avionik-Upgrades und dem Einbau neuer Carbon-Bremsen auch einen Austausch des zentralen Flügelkastens umfasst.
Würde Österreich sich für britische Second-Hand-Flugzeuge entscheiden, käme dies einer Neuauflage der ersten Hercules-Beschaffung 2003 gleich: Auch die damals erworbenen C-130K, die jetzt ersetzt werden sollen, stammten aus Beständen der RAF – hatten seinerzeit aber schon gut 35 Jahre auf dem Buckel, wohingegen die C-130J "nur" rund 20 Jahre alt sind.
Erwarteter Zweikampf
Allerdings scheinen insbesondere die Verantwortlichen beim Bundesheer dieses Mal eine Langfrist-Lösung mit ab Werk bestellten Neuflugzeugen zu bevorzugen. Hier böte sich zwar ebenfalls die Super Hercules als logische Nachfolgerin der C-130K an - ein Naturgesetz ist das jedoch mitnichten.
So kaufte erst vor knapp einem Jahr mit den Niederlanden ein langjähriger Hercules-Nutzer in Brasilien ein und bestellte bei Embraer fünf KC-390.
Die in den Niederlanden als C-390M firmierende Embraer-Maschine könne die geforderte Mindestanzahl von jährlich 2.400 Flugstunden mit vier Flugzeugen gewährleisten, bei der C-130J seien für dieselbe Stundenzahl fünf Flugzeuge notwendig. Zudem soll die KC-390 in der Anschaffung etwas günstiger sein als die Super Hercules.
Kein Underdog
Dass die KC-390 auch in Österreich ein ernstzunehmender Bewerber auf das Hercules-Erbe ist, unterstrich nicht zuletzt der Besuch eines Exemplars der brasilianischen Luftwaffe bei der Airpower im September 2022 in Zeltweg.
Erst Ende der vergangenen Woche beteiligte sich überdies eine Delegation aus der Alpenrepublik bei einem mehrtägigen multinationalen Arbeitstreffen im portugiesischen Beja, bei dem die Anwesenden die erste KC-390 für Portugal in Augenschein nahmen und sich über das Embraer-Muster austauschten.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: Embraer | 08.04.2023 08:06
Kommentare (11) Zur Startseite
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Die können zwar keine schweren Panzer transportieren aber das kann der A400M ja auch nicht ...
Aktuell 2023 Ukraine.
(wobei die KC 390 ja eigentlich zeigt dass sich Turbofans durchaus für robuste militärische Transportflugzeuge für kurze, unbefestigte Pisten eignen)
Die Frage ist ob das Einsatzprofil des A400M auch dem Einsatzprofil der Bundeswehr und anderer europäischer Armeen entspricht. Ich meine nein. Tiefflug unter Gefechtsbedingungen ... wann war das? 1960? 1940?
Ã?brigens kann man aus der Anforderung der Puma müsse (zerlegt) lufttransportfähig sein schließen dass der Transport von Kampf- bzw. Schützenpanzern durchaus eine der Hauptaufgaben des A400M sein sollte. Was auch der historische Kontext (Krieg gegen den Terror) in dem dieses Flugzeug entwickelt wurde war.
Dementsprechend oft wurden dann auch die (jetzt nicht mehr bzw. schwer verfügbaren) Antonovs angefordert.
Diverse Katastrophen- und Coronahilfen entsprachen auch nicht wirklich dem Einsatzprofil des A400M.