Zukunft von Nordica hängt am seidenen Faden

TALLINN - Gestiegene Betriebskosten und Personalengpässe setzen Nordica schwer zu. Nun zieht der Staat als Eigentümer die Reißleine: Estland will den angeschlagenen ACMI-Spezialisten verkaufen. Erste Gespräche mit Interessenten laufen - und sind für Nordica wohl die letzte Chance auf eine Rettung.

Nordica kämpft um ihre Zukunft. "In den vergangenen Monaten hat sich die wirtschaftliche Lage von Nordica stark verschlechtert", rief Aufsichtsratschef David O'Brock bereits im August den Notfall aus. "Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen bei Weitem."

Der estnische ACMI-Anbieter wartet auf Flugzeuge für Wet-Lease-Aufträge - und kann offene Stellen nicht besetzen. "Die Situation auf dem Luftfahrtmarkt ist sehr schwierig", sagte O'Brock. "Die Kosten für alle Betriebsmittel sind gestiegen."

Trotz ergriffener Turnaround-Maßnahmen und insgesamt steigender Umsätze hat sich die Lage bei Nordica seit August eher noch verschärft - in den ersten neun Monaten 2023 lief bei Nordica ein Verlust von 11,9 Millionen Euro auf. Nun soll die Nordica Aviation Group mit dem Flugbetrieb XFly privatisiert werden.

"Der Staat hat beschlossen, Nordica zu verkaufen", sagte Staatssekretär im für Nordica zuständigen Klimaministerium Sander Salmu dem Sender "ERR". Ein Verkauf einzelner Geschäftsbereiche sei dabei ebenso denkbar wie eine Privatisierung der Airline im Ganzen. "Alle Szenarien sind möglich."

Der estnische Klimaminister Krisen Michel hatte zuvor weiteren staatlichen Investitionen in Nordica eine Absage erteilt - und eine Insolvenzlösung explizit nicht ausgeschlossen. "Nordica ist für Estland nicht von strategischem Interesse", stellte der Minister klar.

"Erste Kontakte"

Laut Salmu führt die Regierung aber bereits Gespräche mit vier Interessenten aus dem europäischen Luftverkehrsmarkt. "Wir haben uns mit einigen Firmen getroffen und erste Kontakte geknüpft", sagte Salmu. Estland werde bis Jahresende entscheiden, mit welchen Unternehmen konkrete Verhandlungen zu Nordica geführt werden.

Nordica führt im Auftrag mehrerer Airlines Wet-Lease-Flüge durch. Die Condor-Schwester Marabu setzt eine A320 und eine A320neo von Nordica ein. Zur Leasingflotte gehören ferner ATR 72-600 und CRJ900.