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Gericht: EU-Genehmigung deutscher Condor-Hilfen sind nichtig

Condor Airbus A330-900
Condor Airbus A330-900, © Airbus

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LUXEMBURG - Das Gericht der Europäischen Union hat die Genehmigung der millionenschweren deutschen Hilfen für den Ferienflieger Condor für nichtig erklärt. Die EU-Kommission hätte ein förmliches Prüfverfahren einleiten müssen, entschieden die Richter am Mittwoch in Luxemburg.

Der deutsche Staat hatte die Condor 2019 mit einem Kredit der Förderbank KfW gerettet, nachdem der damalige Mutterkonzern Thomas Cook in die Pleite gerutscht war.

Die Brüsseler Behörde habe nicht ausreichend geprüft, ob Deutschland durch die Beihilfe ein angemessener Anteil am künftigen Wertgewinn von Condor zugesichert werde, befanden die Richter. Das wäre aber erforderlich gewesen.

Dass das Gericht die Genehmigung gekippt hat, heißt nicht zwangsläufig, dass die Gesellschaft das Geld sofort zurückzahlen muss. Zum einen kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem EuGH, vorgegangen werden. Außerdem könnte die EU-Kommission unter bestimmten Umständen einen neuen Beschluss erlassen.

"Das Urteil hat keine Auswirkungen auf die Geschäftslage und den Flugbetrieb von Condor", sagte eine Sprecherin des Unternehmens in Frankfurt. Die Kommission müsse nun die vom Gericht verlangte vertiefte Prüfung der Beihilfe nachholen. Bei der Beihilfe sei es um Darlehen gegangen, um den Flugbetrieb von Condor auch nach der Insolvenz des früheren Mutterkonzerns Thomas Cook fortzusetzen. Für den Ferienflieger habe stets eine positive Fortführungsprognose bestanden.

Mit Hilfe des 2021 eingestiegenen Finanzinvestors und Mehrheitseigners Attestor modernisiert Condor aktuell die Flotte. Die Rückzahlung der Staatshilfen verlaufe nach Plan, betonte die Sprecherin, ohne auf Details einzugehen. Laut früheren Äußerungen soll die vollständige Übernahme durch Attestor spätestens 2026 erfolgen. Zunächst ist noch der deutsche Staat mit der Treuhandgesellschaft "SG Luftfahrtgesellschaft" an Bord.

Mit einer sogenannten Umstrukturierungsbeihilfe wollte Deutschland die Fluggesellschaft in Form von zwei Abschreibungen in Höhe von 90 und 20,2 Millionen Euro unterstützen, die Teil des im Oktober 2019 gestarteten Restrukturierungsplans von 321,2 Millionen Euro waren. Die EU-Kommission, die als oberste Wettbewerbshüterin darauf achtet, dass Unternehmen durch Staatshilfen keine unfairen Vorteile bekommen, hatte das Vorhaben 2021 genehmigt. Dagegen wehrte sich die irische Fluggesellschaft Ryanair vor dem Gericht der EU.

Die Richter gaben dem Antrag von Ryanair nun statt - allerdings nur in Bezug auf eine Verletzung der Verfahrensrechte im Rahmen des erforderlichen Prüfverfahrens. Die Richter stellten klar, dass Ryanair die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Beschlusses nicht beanstanden konnte. Denn die irische Airline habe nicht nachgewiesen, dass ihre wettbewerbliche Stellung durch die fragliche Beihilfe spürbar beeinträchtigt werden könne und dass sie vom Beschluss der Kommission individuell betroffen sei. Ryanair begrüßte das Urteil: "Das Eingreifen des EU-Gerichts ist ein Triumph für den fairen Wettbewerb und die Verbraucher in der gesamten EU", teilte ein Ryanair-Sprecher mit. Die EU-Kommission betonte, sie werde das Urteil sorgfältig prüfen und über mögliche nächste Schritte nachdenken.

Condor wurde in einem Schutzschirmverfahren saniert, und Anfang 2020 stand mit der LOT-Mutter PGL ein Investor bereit. Doch unmittelbar nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie sprangen die Polen ab - und der deutsche Ferienflieger benötigte erneut staatliche Hilfe. Condor wandte anschließend die drohende Insolvenz ab und verließ zum 1. Dezember 2020 das Schutzschirmverfahren. 2021 fand sich dann ein neuer Investor.

Es ist nicht das erste Mal, dass Beihilfen für Condor vor europäischen Gerichten Thema sind. Ein früherer Beschluss der EU-Kommission zu Corona-Beihilfen Deutschlands für Condor wurde zunächst durch eine Ryanair-Klage zu Fall gebracht. Daraufhin genehmigte die Brüsseler Behörde 2021 die Corona-Hilfen erneut - und mit ihnen auch die Umstrukturierungsbeihilfe, um die es nun ging. Eine weitere Klage Ryanairs gegen ein 380 Millionen Euro schweres Rettungsdarlehen für Condor nach der Cook-Insolvenz wurde vom Gericht der EU jedoch abgewiesen.

Der Fall Condor ist einer von vielen, in denen Ryanair gegen staatliche Beihilfen für Konkurrenten vorgeht. Bisher hatte die irische Airline in einigen Fällen Erfolg, in anderen aber nicht. Condor und Ryanair hatten auch schon im vergangenen Jahr zusammen erfolgreich gegen die deutsche Corona-Finanzspritze für die Lufthansa geklagt, die die Lufthansa längst zurückgezahlt hat. In diesem Fall steht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch aus.
© dpa-AFX | Abb.: Airbus (Symbolbild) | 08.05.2024 10:05

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Beitrag vom 08.05.2024 - 16:08 Uhr
Wäre es in diesem Kontext nicht auch einmal interessant zu erfahren, wieviel "Subventionen" FR so im Laufe der Jahrzehnte von kleinen Aiports, Ländern, Provincen etc. abgestaubt hat und ob diese alle 'rechtens' waren 🤔🫣?
Beitrag vom 08.05.2024 - 14:02 Uhr
Es ist erstaunlich das Ryanair das ohne geschafft hat, aber da gibt es halt auch keine Tarifverträge.

Hatte Ryanair nicht selbst einen Hilfskredit von 600 Mio Pfund oder Dollar von der Britischen Regierung bekommen? Ich meine da schwirrt was in meinem Hinterkopf herum.

Ansonsten hat Ryanair ja schlichtweg den Igel gemacht und die Leute massenweise in den unbezahlten Urlaub geschickt, gekündigt (3000 Stellen) und zudem z.B. Gehaltskürzungen 4 Jahre über 10% für Bestandspersonal, 20% für neues Personal und 20% für die Piloten, die in GB angestellt sind, aufdiktiert, von denen sie heute noch zehren können.

Ryanair-typisch könnte man auch sagen.
Beitrag vom 08.05.2024 - 13:06 Uhr
Dass auch eine TUI ohne Hilfen nicht mehr existieren würde ist Ihnen aber auch klar?

Die Liste der Airlines, die Hilfe erhalten haben könnte man im Übrigen noch weiter fortführen ...

Die Tui?

Ohne die Staatshilfen wären alle Airlines sofort insolvent gewesen.
Die Staaten haben deren Geschäft von heute auf morgen untersagt.

LH, Condor, TUI, AF-KLM, ITA, Iberia, BA - die wären alle sofort Pleite gewesen.
Negative Fortführungsprognose und absehbare Zahlungsschwierigkeiten.

Habeck mag sagen: Die gehen ja nicht insolvent, die stellen nur das fliegen ein.
Aber mit dem Kostenapparat hinten dran und den Abschreibungen auf die Vermögenswerte hätte das keine Airline überlebt.

Es ist erstaunlich das Ryanair das ohne geschafft hat, aber da gibt es halt auch keine Tarifverträge.

Im Grunde hätte man sofort alle Mitarbeiter in unbezahlten Urlaub schicken müssen und selbst dann wäre es hart gewesen.

März bis Juni 2020 war der erste Lockdown, aber die Grenzen waren zu, es gab quasi kaum Flugverkehr.
Ab 2.11 ging es wieder los, endete im nächsten Lockdown am 16.12. - der bis März ging.

Dann gabe es dort den Sommer 21 über die Bundesnotbremse, de facto ein 3. Lockdown gefolgt von vielen Einschränkungen im Herbst Winter 21/22

Die Reisemöglichkeiten waren de facto von Staatsbeschlüssen quasi unterbunden bis streng limitiert.

In der Zeit wären alle Airlines Pleite gegangen.
Die LH hat in 2020 8,3 Mrd. und in 2021 2,5 Mrd. Verlust gemacht.


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