Bei den Unglücken bei Lion Air und Ethiopian Airlines waren 346 Menschen ums Leben gekommen. "Ich entschuldige mich für das Leid, das wir zugefügt haben", sagte Calhoun am Dienstag an mehrere im Saal anwesende Hinterbliebene gewandt. Boeing lege im Gedenken an die Opfer einen verstärkten Fokus auf Sicherheit.
Die Unglücke mit Maschinen des Typs 737 MAX 8 der indonesischen Lion Air und der Ethiopian Airlines wurden von Problemen mit einer Assistenzsoftware ausgelöst. Das System mit dem Namen MCAS sollte die Piloten bei der Steuerung des Flugzeugs in einigen Situationen unterstützen.
In den beiden Fällen wurden diese jedoch von einem deutlichen und fehlerhaften Eingreifen der Software überrascht.
Boeing hatte seinerzeit eingeräumt, dass der Konzern die US-Luftfahrtaufsicht FAA nicht korrekt über das Ausmaß des benötigten Piloten-Trainings für den Betrieb der Software informiert hatte. Calhoun bekräftigte am Dienstag: "MCAS und Boeing sind verantwortlich für diese Abstürze."
Nach dem zweiten Unglück blieben 737-MAX-Flugzeuge fast zwei Jahre am Boden, bis Änderungen an dem System vorgenommen wurden.
Alaska Airlines 1282
Die Anhörung im Senats-Unterausschuss für Ermittlungen war einberufen worden, weil Boeing aktuell wieder unter akutem Druck steht, die Qualitätskontrollen zu verbessern. Auslöser war ein Beinahe-Unglück einer so gut wie neuen Maschine des Typs Boeing 737-9 MAX Anfang Januar.
Bei dem Flug der Fluggesellschaft Alaska Airlines mit mehr als 170 Menschen an Bord brach damals kurz nach dem Start ein Rumpfteil heraus. Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht davon aus, dass an dem herausgebrochenen Teil Befestigungsbolzen fehlten. Boeing konnte den Ermittlern keine Dokumentation zu Arbeiten an dem Fragment liefern.
"Alaska war ein Produktionsfehler", sagte Calhoun am Dienstag dazu. Das sei aber auch der einzige ihm bekannte Fall unter den jüngsten Pannen in der US-Luftfahrt, der auf die Fertigung und nicht die spätere Wartung zurückgehe, betonte er. In den vergangenen Monaten waren Boeing-Maschinen verschiedener Fluggesellschaften in den Schlagzeilen. Eine verlor etwa ein Rad beim Start, eine andere landete mit einer abgerissenen Klappe am Rumpf.
Chef auf Abruf
In dem Unterausschuss hatte vor Kurzem unter anderem auch ein Boeing-Whistleblower ausgesagt, der dem Konzern Produktionsfehler bei dem Modell 787 Dreamliner vorwirft. Boeing weist die Vorwürfe zurück. Calhoun äußerte sich nicht zu einzelnen Kritikpunkten, sagte aber, dass nicht alle Warnungen sich als zutreffend erwiesen hätten.
Berichte, wonach ein Whistleblower früher bei Boeing verfolgt worden sei, nannte der Manager "herzzerreißend". Dies sei aber lange vor seiner Zeit gewesen. Calhoun steht seit Anfang 2020 an der Boeing-Spitze und verlässt den Posten zum Jahresende. Ein Nachfolger wurde bisher nicht vorgestellt.
© dpa-AFX | Abb.: NTSB | 18.06.2024 23:46
Kommentare (5) Zur Startseite
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.
Persönlich haftende Gesellschafter würden anders vorgehen.
Auch wenn man einen Mega-Konzern nicht mit einem kleinen Handwerksbetrieb vergleichen kann.
Trotzdem sollten "Accountable Manager" wirklich für nachgewiesene Fehler in Regress genommen werden können anstatt eine Firma in den Dreck zu reiten und dann mit x-Millionen in den Ruhestand verabschiedet werden.
Eine große Aufgabe für die "Ethics" -Abteilungen in den Konzernen.
Sowas könnte sich für die Firma evtl sogar auszahlen .
Zum Beispiel beim Stichwort "Net Promoter Score", eine Kennzahl auf die alle gucken.
Aber das scheint ja mittlerweile völlig irrelevant.
Und wirkt auch - gerade bei Boenig (wie billig sie sich aus diesen beiden Ereignissen 'rausgekauft' haben und allem was danach kam) - völlig unglaubwürdig und heuchlerisch.