Schwerer Flugunfall
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An-24 von Angara Airlines in Russland abgestürzt

Angara Airlines Antonov An-24RV
Angara Airlines Antonov An-24RV, © Gleb Osokin, CC

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TYNDA- Beim Absturz eines Passagierflugzeugs im Osten Russlands sind nach Einschätzung der Behörden alle 49 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Während die Rettungskräfte versuchen, an die Unglücksstelle vorzudringen, läuft parallel die Suche nach der Absturzursache an.

In Russland ist eine An-24 abgestürzt. Angara Airlines 2311 aus Chabarowsk war kurz vor der Landung in Tynda an Grenze zwischen Russland und China vom Radar verschwunden.

An Bord befanden sich nach ersten Angaben der Behörden vor Ort 49 Menschen, 43 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder.

Die Maschine vom Typ An-24 galt als alt, die RA-47315 stammt aus dem Produktionsjahr 1976. Wie inzwischen bekannt wurde, gab es bereits mehrere Vorfälle mit ihr in den vergangenen Jahren.

Die aus dem Rettungshubschrauber aufgenommenen Bilder von der Unglücksstelle ließen bereits das Schlimmste vermuten - später bestätigten die Behörden den Tod aller Insassen. Das brennende Wrack liegt mitten in der Taiga, die Burchstücke sind weit voneinander entfernt. Spuren von Überlebenden gibt es nicht. Landen konnte der Hubschrauber aber nicht.

Um Gewissheit über das Schicksal der Insassen zu erlangen, müssen sich die Bergungstrupps daher zu Fuß zum Absturzort durchschlagen, der 15 bis 16 Kilometer von der Kleinstadt Tynda im Amurgebiet entfernt liegt.

Angara Airlines An-24 bei Tynda abgestürzt, © XSL
 
Die An-24 war von der Großstadt Chabarowsk kommend nach einem Zwischenstopp in Blagoweschtschensk auf dem Landeanflug dorthin, als sie von den Radaren verschwand. Die von Mooren und Wäldern bedeckte Landschaft unweit der Grenze zu China erschwert die Suche.

An-24 wird seit den 1960er Jahren produziert

Die An-24 ist eines der ältesten noch betriebenen Passagierflugzeuge der Welt. Die Serienproduktion begann 1962. 1979 stellte die Sowjetunion die Produktion ein. In der Zeit gingen mehr als 1.300 Antonow-Maschinen in den Dienst. In Betrieb sind wohl noch knapp 60 An-24, die meisten davon in Russland, daneben gibt es in Kasachstan, Nordkorea und der Ukraine vereinzelte Exemplare.

Die Probleme für Russlands Luftfahrtbranche haben in den letzten Jahren zugenommen. Nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Kriegs gegen die Ukraine haben westliche Länder sektorale Sanktionen erlassen. Die Lieferung von Flugzeugen und Ersatzteilen an Russland ist verboten.

Das trifft die Branche schwer und hat zu Erscheinungen von "Kannibalismus" geführt: Ältere, ausgemusterte Maschinen werden ausgeschlachtet, um die noch flugfähigen Geräte mit Ersatzteilen zu versorgen.

In Russland werden die An-24 von kleineren Regionalfluggesellschaften betrieben. Die sind in der Regel knapp bei Kasse und können sich modernere Flieger nicht leisten. Das gilt auch für die Airline Angara, die nun nach dem Absturz im Fokus steht.

Die Unglücksmaschine selbst soll fast 50 Jahre alt gewesen sein. Obwohl sie offiziell für flugtauglich erklärt und mit einer Lizenz bis 2036 ausgestattet war, mehrten sich in den letzten Jahren die Warnzeichen.

Vier Vorfälle seit 2018

Seit 2018 hat die russische Flugaufsichtsbehörde Rosawijazija so offiziell vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit dem Flugzeug festgestellt. In dem Jahr rutschte die An-24 in der sibirischen Großstadt Irkutsk nahe dem Baikalsee über die Rollbahn hinaus und stieß gegen einen Lichtmast. Dabei wurde die linke Tragfläche beschädigt. Menschen kamen aber nicht zu Schaden.

2022 gab es während eines Flugs eine gefährliche Annäherung an eine andere Maschine im Luftraum. Im selben Jahr musste die An-24 kurz nach dem Start umkehren, weil der Generator versagte. Im März 2025 wiederum bat die Crew kurz nach dem Start um die Rückkehrerlaubnis, weil eine Funkanlage an Bord ausgefallen war.

Dass die Maschine vor dem Absturz technische Probleme hatte, bestreiten die zuständigen Behörden vor Ort. Bei einer technischen Überprüfung vor dem Start seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Auch habe die Crew während des Flugs nicht über Probleme berichtet, heißt es.

Boulevardzeitung heizt Spekulationen an

Die russische Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda" schrieb hingegen unter Berufung auf den Bruder eines Bordmechanikers, dass es technische Probleme gegeben habe. "Sie haben die irgendwie gelöst". Dann sei der Flug wegen Wetterkapriolen verzögert worden. "Zwei Stunden später sind sie losgeflogen."

Die Freundin des Bordmechanikers allerdings widersprach dieser Darstellung. "Er hat geschrieben, dass ein anderes Flugzeug Defekte hatte, nicht seins. Über seins hat er nichts geschrieben, alles wie normal", zitierte das Blatt die junge Frau.

Menschliches Versagen oder technische Panne

Die Behörden haben ein Strafverfahren gegen die Fluggesellschaft wegen Verstoßes gegen die Sicherheitsbestimmungen eingeleitet. Der Zivilschutz nannte als wahrscheinlichste Unglücksursache menschliches Versagen. Die Piloten hätten bei schlechtem Wetter wohl die Höhe falsch eingeschätzt und eine Baumkrone gestreift.

Das Ermittlungskomitee betonte derweil, beide Versionen zu untersuchen. Neben menschlichem Versagen werde auch untersucht, ob technische Fehler zu der Katastrophe führten.

Angara Airlines mit Sitz in Irkutsk hat bereits mehrere tödliche Flugunfälle auf dem Konto: 2011 starben sieben Personen an Bord einer An-24 der Gesellschaft bei einer Notwasserung auf dem Fluss Ob nach einem Triebwerksversagen, 2019 kollidierte eine weitere An-24 des Betreibers nach einer Notlandung mit einer Wasseraufbereitungsanlage - zwei Crewmitglieder überlebten nicht.
© aero.de, dpa | Abb.: Gleb Osokin, CC | 24.07.2025 08:29


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