Strategie bleibt bestehen
Älter als 7 Tage

EADS von US-Protektionismus ausgebremst

PARIS (dpa) - Der Jahrhundertvertrag aus Washington für Tankflugzeuge rückt für EADS in weite Ferne. Damit liegt auch das geplante Flugzeug-Montagewerk in Alabama auf Eis, das so gut zur forcierten Globalisierung der Fertigung des Airbus-Konzerns passen würde. Doch der führende europäische Flugzeugbauer und Rüstungshersteller hält an seiner Strategie fest, sich mit eigener Produktion in den USA als "amerikanischer Anbieter" zu etablieren.



"Wir haben beim Tanker ein Jahr verloren, sind aber noch nicht aus dem Geschäft", versichern Konzern-Insider der dpa. "Außerdem planen wir noch eine Übernahme in den USA und wir bauen dort Hubschrauber."

In dem mit Wirtschaftspatriotismus vertrauten Frankreich kam Washingtons Entscheidung vom Vortag nicht überraschend, den milliardenschweren Tankflugzeug-Auftrag der US-Luftwaffe zurückzuziehen und einen neuen Anlauf zu nehmen. "Die US-Regierung hat ein Spiel beendet, das Boeing am verlieren war", wettert der Wirtschaftsexperte der französischen Regierungspartei UMP, Bernard Carayon. "Das Pentagon setzt zweifellos darauf, dass der Tumult des Präsidentenwahlkampfes den neuen Handelsskandal überdeckt." Der frühere US-Vizeverteidigungsminister Lawrence J. Korb sieht dagegen schwere "Managementfehler" des Pentagons. Boeing habe geschickt mit den amerikanischen Arbeitsplätzen argumentiert. Die meisten US- Abgeordneten wollten einfach, dass Airbus-Rivale Boeing den Auftrag bekomme.

Jetzt soll die nächste US-Regierung entscheiden. Wenn Barack Obama Präsident wird, hat EADS nach Pariser Einschätzung schlechte Karten: Obama ist Senator im Boeing-Land Illinois und gilt als Boeing-Mann. Für seinen Widersacher John McCain wäre ein Auftrag für EADS aber ebenfalls ein heißes Eisen. Er musste sich schon Zweifel an seinem Patriotismus gefallen lassen, weil er einst verhindert hatte, dass Boeing den Auftrag ohne Ausschreibung bekommt. Langfristig geht es um 540 Flugzeuge und Aufträge für 100 Milliarden Dollar.

EADS wartet offiziell erst einmal ab, bis Washington seine Pläne für die Neuausschreibung des Erstauftrags über 179 Tankflugzeuge für 40 Milliarden Dollar "detailliert darlegt". Doch die Enttäuschung ist groß. Allen ist klar, dass es Washington darum geht, Boeing wieder ins Boot zu holen. Der US-Konzern hat derzeit kein konkurrenzfähiges Produkt anzubieten. Die Airbus A330MRTT setzte sich bisher in allen internationalen Ausschreibungen gegen Boeing durch. Sie kann 139 000 Liter Treibstoff und mehr Fracht aufnehmen als Boeings KC-767, die 91 000 Liter transportiert. Das überzeugte auch die US Air Force. Doch das Pentagon nahm der Air Force die Entscheidung aus der Hand.

Eine neue Entscheidung wird frühestens im Herbst 2009 möglich sein. Das gibt Boeing Zeit, ihr Angebot zu überarbeiten und zum Beispiel eine verlängerte Version ihrer KC-767 zu konzipieren. Die US Air Force sitzt dabei auf heißen Kohlen, weil ihre Tankerflotte im Schnitt schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hat. Der Auftrag für das Nachfolgemodell ist schon sieben Jahre überfällig.

Um den abgeschotteten wichtigen US-Markt zu knacken, hatten die Europäer ein Bündnis mit Northrop Grumman geschlossen. Der US- Rüstungskonzern hat die Konsortialführung für die KC-45 getaufte US- Version der A330MRTT. Doch das reichte nicht. Boeing habe in den letzten Jahren schon zu viele Militäraufträge verloren, meinen Analysten. In Washington mache man sich bereits Sorgen um den Traditionslieferanten. EADS bade das gerade aus.
© dpa | Abb.: Northrop Grumman | 11.09.2008 14:37

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Beitrag vom 11.09.2008 - 17:45 Uhr
Moin,

zwischenzeitlich 1000.- Euro gewonnen, der Dollar ist unter die 1,39 gerutscht, meine Prognose ist das der bis zu der Präsidentschaftswahl in den USA noch bis auf 1,25 geht....

Danach geht es wieder rauf mit den Euro.

Bin gespannt

Gruß
Beitrag vom 11.09.2008 - 16:37 Uhr
Wer Präsident ist ist in der Tat egal, denn anders als in anderen Demokratien, hat der amerikanische Präsident weniger "praktische" Macht, als andere Regierungsoberhäupter.

Mal ernsthaft: was wäre wenn G.W. Bush tatsächlich "Macht" hätte - ein Mensch, der nicht einmal vollständige Sätze formulieren kann :?:

Es ist in der Tat der Molloch "Washington" der die amerikanischen Geschicke lenkt, der Präsident ist nur die Marionette.

...ach herjeh... ich schweife ab...

A330-Werk in den USA:

Vordergründig rasselt Airbus sicherlich mit den Säbeln, bezüglich des Tanker-Auftrages und der damit verbundenen Zusage zu dem Werk in den USA.

Aber so oder so wird Airbus an einem großen Werk in den USA festhalten. Nur so werden sie einen Fuß in den mittelfristig konsolidierten US-Flug-Markt bekommen. Und wenn diese Konsolidierung abgeschlossen ist, dann sollte Airbus in den USA (und im Dollarraum) bereits etabliert sein.
Beitrag vom 11.09.2008 - 15:03 Uhr
Moin,

wenn man aber der US-Regierung dem Pentagon und der US-Airforce diese 100 Milliarden Ausgaben erspart könnte der Europäische Lieferant schon wieder anders dastehen.

Wer dabei Präsident wird dürfte egal sein, wenn es erst um viele Dollar geht werden die alle weich. :D

Man muss die Dinge nur richtig knüpfen damit es ein Netz wird.

Gruß

Edit: das man jetzt das Werk auf Eis legt währe ein nicht wieder einzuholender Fehler, denn jedes gefertigte Flugzeug der A330 Serie würde dem Konkurrenten in anderen Marktbereichen zusetzen.

[quote]Damit liegt auch das geplante Flugzeug-Montagewerk in Alabama auf Eis, das so gut zur forcierten Globalisierung der Fertigung des Airbus-Konzerns passen würde. Doch der führende europäische Flugzeugbauer und Rüstungshersteller hält an seiner Strategie fest, sich mit eigener Produktion in den USA als "amerikanischer Anbieter" zu etablieren.[/quote]


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