Strategisches Dilemma
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Austrian Airlines: Stolpersteine ohne Ende

Austrian Boeing 767-300WL
Austrian Boeing 767-300WL, © Ingo Lang

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WIEN - Gespart wird an allen Ecken und Enden, geflogen was das Zeug hält, bis zum Limit von Mensch und Machine. Und dennoch reicht es nicht, auch diesen Winter legte Austrian fast 64 Millionen Euro drauf. Japan, Nordafrika, Nahost, eine offensive Emirates, noch offensivere Billigflieger, inflationäre Ölpreise, Rentenanpassungen und neue Steuern bürden Lufthansas jüngster Adoptivtochter laufend neue Lasten auf, seit Jahresanfang in Summe 30 Millionen Euro - mehr als sie trotz aller Sparprogramme tragen kann.

Von Staats wegen mit 500 Millionen Aufstiegshilfe ausgestattet, muss sich Austrian ihr künftiges Wachstum erst selbst verdienen, nach Vorgaben der Mutter per Ultimo: am Jahresende 2011 ist Zahltag, entweder die Airline schafft eine schwarze Null oder es droht ihr der Abstieg in die Regionalliga.

Dass die Erhaltung der Marktgröße nicht zwingend ein vorrangiges Sanierungsziel sein muss, zeigt das in LH-Kreisen oft zitierte Modell Swiss. Entscheidend sind im Stressfall die Belastbarkeit und die Stabilität der wichtigsten Märkte. Wie die Krisenauswirkungen zeigen, ist die AUA vor allem dort getroffen worden, wo sie traditionell immer noch leicht verwundbar ist, auf ihren Langstrecken und den lukrativen aber instabilen Nahoststrecken. Fallen dort die Erträge aus, kann das expansive, aber ertragsschwache Europageschäft das Gesamtergebnis schlicht nicht kompensieren.

Konzernintern stehen bei Lufthansa zwei Sanierungsmodelle auf dem Prüfstand: Sanierung durch Erhalt der Marktgröße (AUA) und Neuaufbau eines eigenständigen Kernmarkts (Swiss). Während Alt-LH Chef Wolfgang Mayrhuber auf Erweiterung der Heimatmärkte setzte, bleibt Swiss-Sanierer und Mayrhuber Nachfolger Christoph Franz im "grünen" Bereich: Märkte wachsen nur dort zusammen, wo sie organisch verbunden sind. So haben die Krisenentwicklungen der letzten Monate lediglich strategische Schwächen zu Tage befördert, und die Grenzen grenzloser Marktausweitung.

Austrians Chefsanierer Andreas Bierwirth und Peter Malanik dürften aus dem Modell AUA (Markterhalt) herausgeholt haben, was drinnen war. Ohne weitergehende Integration in das Verbundsystem wird die schwarze Null zum Jahresende aber eher ein Rechenexempel bleiben. Wenn sonst nichts mehr passiert. Das aber kommt im wirklichen Leben recht selten vor.

Die AUA hat ein strukturelles Problem. Sie lebt vom kontinentalen Netzverkehr, wo europaweit schon lange nichts mehr verdient wird. Nicht nur wegen der vielen Billigflieger, sondern weil regionaler Transfer viel zu teuer geworden ist. Und eben davon leben die vielen Billigflieger.

Hat AUAs Langstrecke bis vor kurzem noch primär ihr Europanetz gefüttert, so hat sich der Trend inzwischen umgekehrt. Ohne qualifiziertes Wachstum auf der Langstrecke bringt das aber wenig. Mit exLH-Passagechef Thierry Antinori sollte die AUA strategisch neu ausgerichtet, das Modell AUA verbundgerecht justiert werden. Der Task bleibt vorerst unerledigt, was ebenfalls bleibt ist freilich dessen Priorität.
© Bob Gedat, edition airside/aero.at | Abb.: Ingo Lang, edition airside | 06.05.2011 16:38

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Beitrag vom 12.05.2011 - 15:33 Uhr
@NCC1701: Auch muss man sich doch aus AUA (LH) Sicht die Fragen stellen, wo soll die Menge an Personen herkommen (mit der man Geld verdienen kann), wenn man wahrscheinlich als einen wichtiges Standbein das Befördern von Personen über VIE hat, da der Heimatmarkt nicht genung hergibt (man stelle sich eine LH vor, die NUR den Heimatmarkt Bayern hätte, also München;Nürnberg;Ingolstadt;Augsburg;Regensburg).

Die Heimatmärkte von LH und OS sind nur bedingt vergleichbar. Während der Kernmarkt von LH ziemlich homogen ist (DE-Inland), ist der Heimmarkt von OS historisch bedingt hybrid und steht im Wesentlichen auf drei Beinen:
a) Quell und Zielmarkt VIE mit multilateralem Einzug von 15,8 Mio EW (landseitig), verteilt auf 4 Länder (A, CZ, SK und HU). Quelle FWAG. Jahresaufkommen (O&D) rd 14 Mio Px, OS-Anteil rd 20% (i.e. 3 Mio) .
b) Regionalmarkt Österreich mit 5 Flughäfen (LNZ, SZG, INN, KLU und GRZ), sowie 4 grenznahen Terminals (ACH, FDH, LJU und BTS), mit einem Einzug von rd 10 Mio EW. Jahresaufkommen rd 5 Mio Px. OS-Anteil rd 1/4 inkl Transit
c) Erweiterter Heimatmarkt CEE/Südosteuropa mit luftseitigem Einzug von rd 60 Mio EW, Jahresaufkommen ca 3,5 Mio Px, hoher OS-Anteil (über 50%, mit Codeshares über 70%).
In Summe deckt die AUA damit rund 40% des AT-Gesamtaufkommens ab (10 von 25 mio Pax), davon rd 70% im Transit.
Beitrag vom 09.05.2011 - 17:55 Uhr
Naja, wen man sich die Wirtschaftsleistung - und strukturen der Länder der drei Fluggesellschaften (LH, LX, AUA) mal auschaut (Heimatmarkt), kann man sich eigentlich ausrechnen, das die AUA in ihrem Heimatland ja schon kein kräftiges Rückgrat hat. Ich weiss von Kollegen, wenn die (aus HAM) nach Salzburg oder Linz müssen, dann geht es nach MUC und dann einen Mietwagen. Ist man flexibler (wegen höher frequentierter) als wie über VIE.
Auch muss man sich doch aus AUA (LH) Sicht die Fragen stellen, wo soll die Menge an Personen herkommen (mit der man Geld verdienen kann), wenn man wahrscheinlich als einen wichtiges Standbein das Befördern von Personen über VIE hat, da der Heimatmarkt nicht genung hergibt (man stelle sich eine LH vor, die NUR den Heimatmarkt Bayern hätte, also München;Nürnberg;Ingolstadt;Augsburg;Regensburg).

...NCC1701
Beitrag vom 09.05.2011 - 11:11 Uhr
Alles vorhanden Herr oder Frau Lufthansa:
 http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/emirates-ueberholt-lufthansa-auf-der-langstrecke/3655464.html
Die Prognosen sind eindeutig und nachvollziehbar. Der Druck wird von Monat zu Monat größer. Austrian ist nur der Anfang. Alles andere ist Realitätsverweigerung.
Nur noch mal zur Erinnerung: Auf der Langstrecke wird das Geld verdient. Noch.

Schade, aber dort steht leider überhaupt nichts über deine genannte These.
Fakt ist, und das ist aus den LH Investor relations Infos, dass die Zahlen an den jeweiligen Hubs in Summe jeder für sich steigen.

EK greifft zwar Paxe ab, aber unterm Strich steigen die Werte deutlich.


Was das Geld auf der Langstrecke angeht:
Verdient wird dort mit der F und C Klasse und sonst mit nichts. Es gibt weltweit keine Einzige Airline, die in ihre Longrange ACFT einen so hohen Anteil an C Klasse Sitzen anbieten und auch verkaufen können.

380: 98
748: 90-100
744: 80
346: 60
343: 48
333: 48


davon träumen selbst Airlines wie SQ, CX oder AF. Von EK und den Restlichen Golfcarriern ganz zu schweigen.

Und mal ehrlich: Von Mitteleuropa nach Asien macht für einen Tourist auch über DXB Sinn. Für Geschäftsleute, wo Zeit Geld ist, ist es uninteressant über DXB zu fliegen, dort 6 Stunden zu warten, um dann unzusteigen. Die 30% Ersparnis beim Tix ist durch die entgangene, Verfügbare Arbeitszeit vor Ort mehr als Verbraucht.

Was die AUA angeht, wird Sie in absehbarer Zeit sicher nur noch als Feeder für LH arbeiten. Niemand im Konzern erwartet Ergebnisse a la LX. Das ist von der Marktstruktur her nicht möglich. Den Markt und vor Allem den Nachbarschaftsverkehr den Anderen zu überlassen ist jedoch auch keine Option.

Manchmal muss man sich eben zwischen Pest und Cholara entscheiden.

Dieser Beitrag wurde am 09.05.2011 11:13 Uhr bearbeitet.


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