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Älter als 7 Tage

Air Berlin tritt geordneten Rückzug an

BERLIN - Wenn große Airlines scheitern hinterlassen sie neben Schulden substanzielle Versorgungs- und Beschäftigungslücken. Im Fall von Air Berlin wären jährlich rund 30 Millionen Passagiere und 9.000 Mitarbeiter betroffen. Kein Problem in einem freien europäischen Luftfahrtmarkt? Von wegen!

Keine Airline ist zu groß, um zu scheitern. In den USA hatte der Markt das Ausscheiden von Schwergewichten wie Braniff, Eastern, Pan Am oder TWA zu verkraften.

Eigentlich wechselten nur die Ressourcen den Besitzer, in Folgegesellschaften oder zu Mitbewerbern wie American, Continental oder Delta. Kleinere Lücken wie jene, die Malev in Ungarn hinterließ, wurden immer relativ problemlos und zügig von Mitbewerbern absorbiert.

Lufthansa und Air Berlin am Flughafen München
Lufthansa und Air Berlin am Flughafen München, © Werner Hennies, Flughafen München GmbH

Die 1978 von einem Pan-Am-Piloten in den USA gegründete Air Berlin wurde nach der Wende 1991 von LTU-Manager Joachim Hunold in die "Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs KG" überführt. Aus den 26 Flugzeugen der Anfangstage entwickelte sich bis 2011 die fünftgrößte Airline in Europa.

Nach dem Börsengang 2006 sah man sich in Berlin groß genug für Größeres. Joachim Hunolds Einschätzung, die Zeit sei reif, die im europäischen Touristik- und Städtefluggeschäft passabel erfolgreiche Air Berlin zu einem globalen Netzwerk-Carrier auszubauen, erwies sich als Fehler.

Nach den Zukäufen der LTU-Langstrecke, des dichten dba-Inlandsnetzes und der österreichischen Flyniki stand Hunold vor ähnlichen Herausforderungen wie kurz zuvor Kollege Burguisser von Swissair. Die ehrgeizige Einkaufstour der Schweizer Traditionsairline endete bekanntlich hart an der Grounding-Kette.

Anders als die Schweizer holte sich Air Berlin mit der Etihad Airways gerade noch rechtzeitig einen kapitalstarken Partner an die Seite. Joachim Hunold machte im Cockpit Platz für neue Strategen.

Seither versuchten gleich drei Krisenmanager - Hartmut Mehdorn, Wolfgang Prock-Schauer und Stefan Pichler - Air Berlin ein neues Profil zu geben. An die alternativlose Verkleinerung von Air Berlin wagt sich erst Pichler, nachdem Etihad Airways die Verluste ihrer Beteiligung nicht länger finanzieren will.

Massive Überschuldung


Bis heute steckte Etihad Airways rund 1,2 Milliarden US-Dollar in Air Berlin. Trotzdem ist Air Berlin mit einem negativen Eigenkapital von 1,03 Milliarden Euro heillos überschuldet. Selbst in der Sommersaison 2016 gelang Air Berlin kein Gewinn - die Airline meldete am Donnerstag einen operativen Verlust von 17,3 Millionen Euro für das dritte Quartal.

Inzwischen dürfte sich fast jede namhafte europäische Airline die Frage gestellt haben, wie sie sich im Fall einer "harten" Air-Berlin-Pleite positioniert. Dann müsste der Markt kurzfristig eine Kapazität für 30 Millionen Passagiere aufstellen. Keine Airline hält derartige Ressourcen in Reserve.

Pichlers aktueller Plan ist die Aufspaltung von Air Berlin. Man kann das auch einen geordneten Rückzug nennen.

Air Berlin tritt die Hälfte des Flugzeugparks mit Personal an Lufthansa und in ein Gemeinschaftsunternehmen mit TUIfly ab. Das entlastet nicht nur Air Berlin, sondern schützt auch Passagiere vor den Verwerfungen einer Pleite und hält das Vertrauen in die Marke aufrecht.

Air Berlin unternimmt 2017 einen letzten Anlauf auf ein schlankes Netzgeschäft. Unter aktuellen wirtschaftlichen Vorzeichen wird das ein Ritt auf der Rasierklinge.
© aero.at, aero.de | Abb.: Air Berlin | 13.11.2016 09:56

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Beitrag vom 14.11.2016 - 18:58 Uhr
@Moderator

Sorry, wir sind etwas vom Thema (AB) abgekommen. Aber irgendwie hängt das ja alles zusammen.
Beitrag vom 14.11.2016 - 18:57 Uhr
Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen Ryanair, hier ein Auszug aus dem Bericht der Zeit-Online:
„..wird unter anderem vorgeworfen, Steuern hinterzogen und Piloten Löhne vorenthalten zu haben. Durchsucht wurden auch mindestens zwei Privatwohnungen von Piloten, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Sozialversicherungsbetrug geleistet haben könnten. Wie es heißt, stehen auch einige Piloten unter dem Verdacht, zu geringe Sozialabgaben abgeführt zu haben.
Die Ermittlungen laufen seit Jahren

Seit Jahren!? Warum dauert das so lange.
Wie schon geschrieben: entweder man findet nichts oder man will nichts finden... .
Siehe auch unten. Passt dann ja.


Und was sagt die hessische CDU zu solchen Beschäftigungsverhältnissen, Herr Boddenberg ist der Experte der hessischen CDU, der sich besonders mit Themen zum Flughafen Frankfurt bemerkbar macht.
Hier der link:

 http://www.cduhessen.de/inhalte/1000844/presse/42382/michael-boddenberg-fraport-muss-sich-den-herausforderungen-des-veraenderten-luftverkehrs-stellen/index.html

Danke für den Link ... dieses undifferenziert Geschwafel von "Wachstum und Arbeitsplatzsicherung" kann ich nicht mehr hören. Hat er (oder wer anderes) seinerzeit bestimmt auch zu Hahn gesagt, als FR dort aufschlug.
Aber wie lange wird FR noch von Hahn fliegen, wenn die in FRA richtig loslegen?
Und wieviel (noch normal bezahlte) Arbeitsplätze bei LH und Fraport wird das kosten, die (bestenfalls) durch niederbezahlte Jobs ersetzt werden?
Dazu sagt der "Experte" von der CDU natürlich nix.
Beitrag vom 14.11.2016 - 13:22 Uhr

Das ist es, was ich nicht verstehe. Warum geht der deutsche Staat bzw. gehen die EU- Staaten nicht gegen solche Firmen wie FR vor. Entweder sie können nicht, weil alles quasi zwar unmoralisch bzw. asozial, aber eben doch "legal" ist.
Oder aber sie wollen gar nicht gegen diese Dumpingfirmen vorgehen. Und das macht mir echt Angst.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen Ryanair, hier ein Auszug aus dem Bericht der Zeit-Online:
„..wird unter anderem vorgeworfen, Steuern hinterzogen und Piloten Löhne vorenthalten zu haben. Durchsucht wurden auch mindestens zwei Privatwohnungen von Piloten, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Sozialversicherungsbetrug geleistet haben könnten. Wie es heißt, stehen auch einige Piloten unter dem Verdacht, zu geringe Sozialabgaben abgeführt zu haben.
Die Ermittlungen laufen seit Jahren
Die Fahnder erklärten einigen Piloten, es ginge bei den Razzien um atypische Beschäftigungsverhältnisse, also um eine tragende Säule des Geschäftsmodells des irischen Billigfliegers. Indem Ryanair Hunderte formal selbstständige Piloten einsetzt, drückt das Unternehmen die Kosten für das fliegende Personal....“
Hier der zugehörige link:
 http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2016-07/ryanair-razzia-scheinselbststaendigkeit-piloten-staatsanwaltschaft-ermittlungen

Und was sagt die hessische CDU zu solchen Beschäftigungsverhältnissen, Herr Boddenberg ist der Experte der hessischen CDU, der sich besonders mit Themen zum Flughafen Frankfurt bemerkbar macht.
Hier der link:

 http://www.cduhessen.de/inhalte/1000844/presse/42382/michael-boddenberg-fraport-muss-sich-den-herausforderungen-des-veraenderten-luftverkehrs-stellen/index.html


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