Tankerausschreibung
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Boeing und EADS holen zu gegenseitigem Schlagabtausch aus

Airbus MRTT
Airbus A330 MRTT, © EADS NA
Tanker
Boeing 767 NewGen Tanker, © The Boeing Company

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WASHINGTON - Der Coup war perfekt: im März 2008 setzten sich mit EADS und Northrop Grumman überraschend die Außenseiter im Rennen um den milliardenschweren Auftrag für neue Tankflugzeuge der US Luftstreitkräfte gegen Boeing durch. Mit erheblichem politischen Aufwand und öffentlichem Druck erzwang Boeing eine neue Ausschreibung. Erst in diesem April legte sich EADS fest, ein weiteres Mal gegen Boeing anzutreten.

Am 9. Juli will EADS zunächst im Alleingang sein offizielles Angebot KC-45 auf Basis des Airbus A330 MRTT vorlegen. Technologiepartner Northrop Grumman hatte sich im März endgültig aus dem Geschäft zurückgezogen - zu gering schätzte der Konzern die Aussichten auf Erfolg in der zweiten Runde der Tankerausschreibung ein. Ein neuer, dringend benötigter US Partner, der an die Stelle von Northrop tritt, ist für EADS nicht in Sicht. Die Chancen eines Alleingebots stuft dabei selbst EADS Vorstandschef Louis Gallois als gering ein. "Wir brauchen unbedingt einen örtlichen Partner", stellte Gallois klar.

Die jüngste Ausschreibung wurde nach Einschätzung von Insidern ohnehin bereits stark auf Boeings Tanker 767 zugeschnitten. Der mit der Krise in Washington wieder eingekehrte Wirtschaftspatriotismus stärkt den Heimvorteil Seattles und damit die Aussichten auf Erhalt des Auftrags zusätzlich.

Auch in Europa meinen viele, dass bei EADS strategische Erwägungen für die von Washington gewünschte Beteiligung an der neuen Ausschreibung überwogen haben.

Für den Konzern sind der Ausbau des Militärgeschäfts und die Verwurzelung im Dollarraum wichtige Argumente, die eine Beteiligung an der Ausschreibung auch bei geringen Erfolgsaussichten rechtfertigen. Sollte die Suche nach einem Technologiepartner für den Tankerdeal scheitern, hätte EADS zumindest beim Pentagon guten Willen gezeigt. Das könne die Chancen bei künftigen Aufträgen erhöhen.

Alles deutet damit auf eine Auftragsvergabe an Boeing hin. Doch auch zwei Jahre später steckt Seattle der Schock über die unerwartete Niederlage von 2008 noch in den Gliedern. Mit einem auch im Flugzeugbau beispiellosen PR-Aufgebot will der Konzern einer Wiederholung von 2008 vorbeugen. Denn auch für Boeing steht viel auf dem Spiel.

Erst 2009 wurde Boeing von BAe Systems als weltgrößter Rüstungskonzern entthront. Nach dem Verlust sicher geglaubter US-Aufträge für Kampfflugzeuge, C-17-Transporter und Raketen will Seattle nicht noch eine Schlappe beim Tanker einstecken.

Boeing unterstellt EADS Geschäfte mit feindlichen Mächten

Arbeitsplätze sind das Hauptargument der Amerikaner. Bis zu 50.000 Jobs soll der Tankerauftrag laut Boeing in den Vereinigten Staaten schaffen oder sichern. Mit gleich zwei Themenseiten im Internet - RealAmericanTankers.com und UnitedStatesTanker.com - bereitet Boeing den Boden seiner Öffentlichkeits-Offensive.

Die Ausschreibung gerät dabei aber auch zur Bühne einer Generalabrechnung mit dem europäischen Wettbewerber. EADS "unterhält weiterhin Geschäftsbeziehungen mit Ländern, die den Vereinigten Staaten nicht freundschaftlich gegenüberstehen", verstieg sich Boeing Cheflobbyist Timothy Keating am Dienstag vor Medienvertretern.

Keating warf EADS laut einem "Reuters"-Bericht dabei konkret vor, im Jahr 2005 während einer Luftfahrtmesse in Teheran auf ein Hubschraubergeschäft mit dem Iran hingearbeitet zu haben. Die US Regierung dürfe Sicherheitsinteressen des Landes bei Vergabeentscheidungen nicht außer Acht lassen, erklärte Keating.

EADS North America keilt zurück


EADS bezeichnete den Vorstoß Boeings als durchschaubaren Versuch, vom eigentlichen Wettbewerb der Tankerkonzepte abzulenken. "Wenn Unternehmen verzweifelt sind, tun sie verzweifelte Dinge", reagierte EADS North America am Dienstag so auch im eigenen Unternehmensblog KC45now.com auf eine ganzseitige Zeitungsanzeige Boeings vom gleichen Tag in der Washington Post.

"Boeing unterstellt (in der Anzeige), dass EADS North America das Unternehmen sei, das keinen einsatzbereiten Tanker vorzuweisen hat - während sie unsere Maschine im Flug zeigen, die gerade eine F-16 betankt", schreibt EADS.  Tatsächlich existiere aber die 767 NextGen Tanker nur auf dem Papier.

"Die letzte Tankerauslieferung Boeings an die US Air Force fand im Jahr 1965 statt", keilt EADS. "Boeing hat - mit Jahren Verzögerung - vier 767 Tanker an Japan geliefert, die nicht einmal annäherend den Anforderungen der Vereinigten Staaten gerecht werden." Unterdessen warte Italien seit vier Jahren auf seine Boeing-Tanker, da der Konzern bislang kein voll funktionsfähiges Betankungssystem habe entwickeln können.

Der Tankerkrieg zwischen Boeing und EADS ist damit ein weiteres Mal in vollem Gange. Gerade weil sein Ausgang vielen absehbar scheint, ist die Intensität der Auseinandersetzung bemerkenswert. Der thematische Schwerpunkt in der Debatte hat sich längst von Tankflugzeugen hin zur Verteidigung angestammter Märkte verlagert.

© aero.de (mm, mit dpa) | Abb.: The Boeing Company | 26.05.2010 11:29

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Beitrag vom 26.05.2010 - 22:34 Uhr
Clemi: Sorry weiß ich nicht, habe auch nur gehört/gelesen, dass die Italiener was anderes bestellt haben und es mit der Umsetzung enorme Probleme gibt.. Militärtechnik ist nicht mein Interessensgebiet.

Gruß aus EDHI
Beitrag vom 26.05.2010 - 13:21 Uhr
Nicht nur in aero.de/news wird darüber berichtet: "Boeing unterstellt EADS Geschäfte mit feindlichen Mächten". Also demnach erscheint der Titel "Boeing und EADS holen zu gegenseitigem Schlagabtausch aus" unbedacht, weit unausgewogen, überzogen, aufgetragen, unzutreffend bis plump falsch. mfg
Beitrag vom 26.05.2010 - 12:58 Uhr
Ein Betankungssystem existiert bei Boeing, aber nicht das was die Italiener bestellt haben. Die haben ein anderes System als die anderen. Dieses System gibt es weder für die A330MRTT/KC45 oder die KC767. Boeing hatte es zwar versprochen, aber es soll da wohl enorme technische Probleme geben. (Die Airbus auch hätten treffen können, weil die Betankungssysteme ja meist auch nur zugekauft werden.)

>

Das wusste ich bisher nicht das sie ein anderes System haben. Was haben die Italiener denn bestellt?
Und mit welchen System betankt Japan? Dachte die beiden Systemen sind identisch.


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