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Casting für Flugbegleiter: Lufthansa geht neue Wege

Lufthansa-Crew
Lufthansa-Crew, © Gregor Schlaeger, Lufthansa AG, Archiv

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MAINZ - Aufgeregt sammeln sich die Kandidaten vor dem Hotel, viele der Frauen trippeln auf High Heels über den roten Teppich. 500 Bewerber sind am Samstag zu einem Flugbegleiter-Casting nach Mainz gekommen – ein neues Auswahlverfahren der Lufthansa. Rund 1400 Flugbegleiter-Stellen will die Airline in diesem Jahr besetzen.

Die meisten Teilnehmer des Castings sind weiblich. Doch auch Männer wie Tobias Schaffner sind dabei. "Ich kenne die Lufthansa, seit ich laufen kann", erzählt er. Seine Mutter ist Abteilungsleiterin und seit 40 Jahren im Unternehmen beschäftigt.

Der Traum vom Fliegen lockt noch immer. Aber die Lufthansa muss neue Wege gehen. "Wir müssen direkter an die Bewerber herantreten", sagte Klaus Jacobsen, der das Casting organisiert hat. Für Lufthansa ist die Methode ein neuer Weg, die für dieses Jahr ausgelobten 1400 Stellen zu besetzen. Die große Resonanz hat aber auch Jacobsen überrascht.

Beim Casting müssen sie sich in zwei Runden beweisen. Zunächst füllen sie einen Fragebogen aus, anschließend führen sie mit Flugbegleitern ein persönliches Gespräch auf Englisch. Wer überzeugt, wird in einem zweiten Gespräch von Recruitern geprüft und erhält noch am Tag des Castings eine Zu- oder Absage in Form eines Flugtickets.

Die Casting-Idee kommt nach Angaben der Lufthansa bei der jungen Zielgruppe gut an. Zur ersten Veranstaltung in Heidelberg waren 400 Bewerber angereist, mehr als 80 haben eine Zusage erhalten. Über 600 der für dieses Jahr ausgelobten 1400 Stellen sind bereits vergeben, doch noch ist reichlich Bedarf. Lufthansa bekommt die Kabinenjobs nicht mehr selbstverständlich besetzt. "Auch andere Unternehmen suchen gutes Personal", beschreibt Lufthansa-Sprecher Helmut Tolksdorf die Lage.

Die Kerngesellschaft Lufthansa muss ihre Leute zudem auf den ziemlich leergefegten Arbeitsmärkten in der Nähe ihrer Drehkreuze Frankfurt und München finden, was die Casting-Orte erklärt. Nach Heidelberg und Mainz stehen außerdem Regensburg und Augsburg auf dem Programm.

Die streitbare Gewerkschaft Ufo unterstützt die kreative Mitarbeiterwerbung. "Wir brauchen dringend neue Leute, um ein bisschen Luft ins System zu bekommen", sagt der neue Ufo-Chef Alexander Behrens. Über die vergangenen zwei Jahre, geprägt von Streiks und heftigen Tarifauseinandersetzungen, haben nach seiner Ansicht viel zu wenig Lehrgänge stattgefunden. Stattdessen habe das Management die vorhandenen Kräfte bis an die Limits verplant, was zu häufigen Krankmeldungen und mieser Stimmung geführt habe.

In diesem Sommer sind etliche Lufthansa-Langstreckenjets wegen des akuten Personalmangels mit einer verringerten Besatzung unterwegs, die aber immer noch über den gesetzlichen Mindestanforderungen liegt. Behrens beschwört die Gefahr, dass letztlich die Kunden einen schlechteren Service spüren könnten, wenn beispielsweise in der Eco-Klasse einer A340 nur noch drei statt vier Flugbegleiter für die Passagiere da sind. "Da wird an der falschen Stelle gespart."

Tobias Schaffner ist am Samstag bereits einen Schritt gekommen: Er darf sich über eine der begehrten Bescheinigungen freuen und nun die dreimonatige Ausbildung zum Flugbegleiter beginnen. An dem Beruf des Flugbegleiters liebe er den Kontakt zu Menschen, zudem sehe man viel von der Welt. In den Crews herrsche eine kollegiale Atmosphäre: "Nach zehn Minuten ist es wie eine kleine Familie."

Eine Lebensstellung bietet Lufthansa den jungen Menschen zunächst aber nicht an. 83 oder 50 Prozent einer Vollzeitstelle sehen die Verträge vor. Fliegen sollen die neuen Kräfte vor allem im Sommer, denn im Winter ist die Nachfrage weit geringer und kann auch eher von der alten Stammbelegschaft geleistet werden.
© Nathalie Bockelt und Christian Ebner, dpa | Abb.: Lufthansa AG | 02.07.2016 16:07

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Beitrag vom 10.07.2016 - 16:38 Uhr
Ab sofort handelt es sich um einen Ausbildungsberuf :

Berufsbild: Aus dem viermonatigen Anlernjob Flugbegleiter soll ein Ausbildungsberuf auf Bachelor-Niveau entwickelt werden. Die höheren Entgeltstufen für Flugbegleiter mit mindestens 2150 Euro monatlichem Grundgehalt kann künftig nur noch erreichen, wer die 18-monatige Ausbildung absolviert.

Jetzt mit ein paar Tagen Abstand und vielen weiteren Infos dazu, bleiben Sie bei dieser Aussage? Sie ist nämlich nicht richtig. Erst dachte ich es wäre ein Spaß, dann habe ich den Zusammenhang bemerkt.

Ganz allgemein...
Die Tätigkeit des Flugbegleiters ist weit davon entfernt, ein Ausbildungsberuf zu werden. Was den AB auszeichnet, ist eine Basis gemeinsamen Wissens und Fertigkeiten. Davon ist der Flugbegleiter weit entfernt. Außer, dass man sich in einem Flugzeug befindet, und als Minimumregularien die EASA hinter sich weiß, gibt es so gut wie keine Gemeinsamkeiten zwischen den Airlines, noch nciht einmal innerhalb eines Konzerns. Alles, aber auch alles, ist komplett individuell ausgestaltet.

Dieser Beitrag wurde am 10.07.2016 16:43 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 05.07.2016 - 15:24 Uhr
Ab sofort handelt es sich um einen Ausbildungsberuf :

Berufsbild: Aus dem viermonatigen Anlernjob Flugbegleiter soll ein Ausbildungsberuf auf Bachelor-Niveau entwickelt werden. Die höheren Entgeltstufen für Flugbegleiter mit mindestens 2150 Euro monatlichem Grundgehalt kann künftig nur noch erreichen, wer die 18-monatige Ausbildung absolviert.
Beitrag vom 05.07.2016 - 13:23 Uhr
Ich finde nicht, das LH830 die FB "herabwertend ... kommentiert".
Er hat, zugegeben etwas überspitzt, die Voraussetzungen zur Ausgführung dieses Jobs (oder Berufes, trotz ohne Ausbildung) ziemlich treffend beschrieben.
Möglicherweise ist das aus Sicht einer/s diese Tätitigkeit ausübenden etwas "ehrenrührig".

Fakt ist jedoch:
um diese Tätigkeit auszuüben braucht es einige Voraussetzungen bzw. Grundlagen (sprich: schulische Abschlüsse und soziale Kompetenzen), die für jede andere BerufsAUSBILDUNG (danach 2 - 3 Jahre) auch vorliegen müssen. Dann kommt (aber nur noch) eine sechswöchige Schulung und eben KEINE 2-3jährige Berufsausbildung. Und wenn Frau/Mann diese erfolgreich absolviert hat, kann diese Tätigkeit - mit dieser Vergütung, die doch alles im allem über dem Durchschnitt des Ersteinkommens für, NICHT studierte, Berufsanfänger liegt,- ausgeübt werden.

Also ich denke, dass die Grundlagen und Voraussetzungen für den FB Job, zumindest zur Zeit noch, bei LH etwas höher sind, als für "jede andere Berufsausbildung".
Das Einstiegsgehalt eines FBs heutzutage ist aber auch nicht soweit anderen NICHT studierten Einstiegsgehältern entfernt, wie manche hier glauben. Und das hat LH830 sehr wohl suggeriert. (Gehaltssteigerungen in den aktuellen Tarifen sind gerade in den ersten Jahren sind eher als marginal bis nicht existent anzusehen)


Trotzdem bleibt es Fakt:
keine Berufsausbildung und trotzdem ein recht ordentliches Einstiegseinkommen.

Und die Piloten erst;-) Sorry, der musste jetzt sein...

Und trotzdem kommt es in Europa, Amerika und auch in anderen Erdteilen (wo die sechswöchige Schulung sicher (manchmal) nicht auf dem gleichen, hohen Level durchgeführt werden), nicht ständig zu (schwerwiegenden) Zwischenfällen im Flugbetrieb, weil in der Kabine etwas "schief gegangen ist" ... .

Ja, der Einfluss der FBs ist in der Hinsicht tatsächlich begrenzt.

Allerdings gebe ich zu Bedenken, dass man gerade in letzter Zeit vermehr von Rauch und Feuer durch elektronische Geräte an Bord liest. Der gute Ausgang dieser Stories ist in erster Linie gut ausgebildeten und besonnen handelnden FBs zu verdanken.


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