Eckpunkte des Neuanfangs
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So will Air Berlin dem Pleitegeier davonfliegen

BERLIN - Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1.200 Arbeitsplätzen will Air Berlin ihre schwere Krise überwinden. Vorstandschef Stefan Pichler kündigte am Donnerstag die weitreichendste Umstrukturierung in der Geschichte des Unternehmens an.

Pichler umriss in einer Telefonkonferenz vier Eckpunkte einer Strategie, die Air Berlin bis 2018 aus tiefroten in schwarze Zahlen bringen soll:
  • Konzentration auf Mittel- und Langstrecken für Geschäftsflieger sowie Stärkung der Drehkreuze Düsseldorf und Berlin. Basen (Standorte von Flugzeugen und Crews) für dieses Kerngeschäft mit 75 Maschinen an den Drehkreuzen sowie in Stuttgart und München.
  • Bündelung von 35 Mittelstrecken-Ferienfliegern in einem eigenen Geschäftsbereich, für den weitere Optionen geprüft werden. Hier sind mögliche Standortänderungen noch offen.
  • Vermietung von bis zu 40 Flugzeugen samt Crews an die Lufthansa.
  • Abbau von bis zu 1200 Stellen der knapp 9000 Arbeitsplätze.

Air Berlin
Die neue Air Berlin ..., © Air Berlin

Air Berlin will sich künftig mit einer auf 75 Maschinen halbierten Flotte auf das Geschäft von den beiden Drehkreuzen Berlin und Düsseldorf aus konzentrieren. 40 der derzeit 144 Air-Berlin-Maschinen gehen an die Lufthansa, die diese samt Besatzung für sechs Jahre vor allem für ihre Billigtochter Eurowings mietet.

Börse ist nicht überzeugt


Das Touristikgeschäft mit 35 Flugzeugen erhält einen eigenen Geschäftsbereich, für den "strategische Optionen" geprüft werden. Insidern zufolge könnte daraus ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Ferienflieger Tuifly werden.

Air Berlin
... gibt Flugzeuge an Lufthansa ab, ..., © Air Berlin

Die Aktionäre von Air Berlin und Lufthansa konnten den Plänen am Donnerstag wenig abgewinnen. Die Aktien von Air Berlin verloren bis zur Mittagszeit fast sechs Prozent an Wert. Die Papiere der Lufthansa waren mit einem Minus von 2,50 Prozent sogar größter Verlierer im Dax.

"Wir schaffen für Air Berlin ein topsortiertes Kerngeschäft mit einer klaren Strategie", sagte Pichler. "Bisher wollten wir alle Marktsegmente mit einer operativen Plattform abdecken. Dieses Modell ist zu kompliziert." Bisherige Umbaupläne hätten nur an der Oberfläche gekratzt und Symptome behandelt. Nun wolle man die Ursachen der Krise bekämpfen.

Dafür werden in Deutschland Crews und Flugzeuge von ihren bisherigen Heimatflughäfen Hamburg, Paderborn, Köln, Frankfurt, Nürnberg und Leipzig abgezogen. Basen soll es nur noch an den Drehkreuzen Düsseldorf und Berlin sowie in Stuttgart und München geben. Der veröffentlichte Flugplan und gebuchte Tickets blieben aber gültig, betonte die Airline.

Weiterer Zuschussbedarf offen


Die Berliner stecken in einer desolaten finanziellen Lage. Die mit fast einer Milliarde Euro verschuldete Airline wird schon seit Jahren von ihrer arabischen Großaktionärin Etihad mit immer neuen Millionenspritzen in der Luft gehalten.

Air Berlin
... schließt Standorte und ..., © Air Berlin

Pichler ließ am Donnerstag offen, ob weitere Zuschüsse vom Golf notwendig sein werden, um über das saisonbedingt schwache Winterhalbjahr zu kommen. Die Restrukturierung koste einen höheren zweistelligen Millionenbetrag.

"Etihad Airways unterstützt den Vorstand von Air Berlin bei der größten Umstrukturierung der Unternehmensgeschichte und steht langfristig zu seinem Engagement", teilte der Eigner mit. Etihad ist seit 2011 an Air Berlin beteiligt und habe davon bisher sehr profitiert. "So bringt die Kooperation Etihad heute mehr als 150 Millionen Dollar Jahresumsatz."

Lufthansa-Deal greift im Sommer 2017

Der Deal mit der Lufthansa umfasst bis zu 40 Mittelstreckenjets der Modellfamilie Airbus A320 und soll ab dem kommenden Sommerflugplan von Ende März an laufen. Für bis zu 38 Maschinen stellt Air Berlin dabei auch Piloten, Flugbegleiter, Wartung, Versicherung und Verwaltungsleistungen.

Air Berlin
... stutzt ihre Flotte auf Hubformat, © Air Berlin

Dazu erwartet die Fluggesellschaft von der Lufthansa über die Laufzeit des Vertrags Zahlungen von mehr als 1,2 Milliarden Euro. Kosten wie Treibstoff und Flughafengebühren trägt die Lufthansa. Air Berlin will dabei keinerlei Start- und Landerechte oder Strecken an die größere Rivalin übertragen. "Das würde das Wettbewerbsrecht verbieten", sagte Eurowings-Chef Karl Ulrich Garnadt.

Air-Berlin-Chef Pichler äußerte sich nicht näher zur Frage eines möglichen Gemeinschaftsunternehmens mit Tuiim Touristik-Segment. Tui sei ein wichtiger Vertriebspartner - das habe mit der Gründung des neuen Geschäftsbereichs aber nichts zu tun.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Air Berlin | 29.09.2016 17:12


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