Studie
Älter als 7 Tage

Gefährlich dicke Luft im Cockpit

Sebastian Steinke
Boeing 737 MAX Cockpit, © Sebastian Steinke

Verwandte Themen

HARVARD - Abgestandene Cockpitluft und erhöhte Kohlendioxid-Werte machen Piloten anfälliger für Fehler. Das hat ein Forscherteam an der Universität Harvard herausgefunden. Die Wissenschaftler treibt nun die Frage um, ob die schlechten Luftwerte ein Sicherheitsrisiko darstellen.

"Es ist klar, dass die Luftqualität im Cockpit Auswirkungen auf die Leistung haben kann", sagte Joseph Allen, Assistenzprofessor an der Harvard School of Public Health und führender Verfasser der Studie. Zahlreiche Erhebungen haben in den vergangenen Jahren nachgewiesen, dass nur ein kleiner Anstieg des Kohlenstoffdioxid-Gehalts in der Luft die kognitive Leistungsfähigkeit mindert.

Die Harvard-Studie hat nun erstmals Piloten und Cockpits in die Untersuchungen mit einbezogen. Normale Werte in der Atmosphäre sind 400 Teile pro Million. Konzentrationen des farblosen, geschmacklosen Gases können in schlecht belüfteten Räumen ansteigen, in denen Menschen es ausatmen.

Bei fünf Prozent der von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) getesteten Flüge erreichte der Kohlendioxidgehalt bis zu 1.400 Teile pro Million. Der Durchschnitt lag mit 603 Teilen pro Million nur geringfügig höher als in der Luft.

Wie frühere Studien gezeigt haben, schneiden Menschen bei Tests der Gehirnfunktion bereits dann schlechter ab, wenn der Wert bei nur 1.000 Teilen pro Million liegt. Wie seiht es also mit der Leistungsfähigkeit von Piloten bei schlechten Kohlendioxidwerten aus?

Für ihre Studie haben die Harvard-Forscher 30 Piloten hinzugezogen. Sie sollten in einem speziellen Flugsimulator mehrere Drei-Stunden-Segmente fliegen, in denen der Kohlendioxidgehalt manipuliert werden konnte. 

Bei 21 Manövern verschlechterte sich die Leistung, wenn das Kohlendioxidniveau anstieg. Von der Federal Aviation Administration (FAA) zertifizierte Flugprüfer bewerteten die Leistung der Piloten.

Mit 700 Teilen pro Million führten die Piloten die Manöver zu 69 Prozent eher korrekt aus, als wenn sie Kohlendioxid mit 2.500 Teilen pro Million atmeten. Mit 1.500 Teilen pro Million arbeiteten sie zu 52 Prozent eher korrekt als bei dem höheren Niveau.

"Das Ziel ist es, die Bedingungen für einen sicheren Flug zu optimieren", sagte Allen, "und die Luft im Cockpit muss dafür ebenfall unter die Lupe genommen werden."

Die aktuellen US-Vorschriften für die Luftqualität von Flugzeugen erlauben mehr als das Zehnfache des Niveaus in der Atmosphäre, also 5.000 Teile pro Million.

Den wenigen verfügbaren Daten zufolge liegt die Luft in den meisten Flugzeugen unter dieser Obergrenze. Aber es gibt Anzeichen dafür, dass Kohlendioxid ansteigen kann. Tests der Luft in Fluggastkabinen zeigen, dass der Kohlendioxidgehalt während des Be- und Entladens auf 2.000 bis 2.500 Teile pro Million steigt, wenn das Belüftungssystem eines Flugzeugs mit geringerer Leistung arbeitet.

"Es gibt praktisch keine Informationen über die Luftqualität im Cockpit. Dabei ist es der Ort, über den wir wohl am meisten wissen sollten", sagte Allen.
© Bloomberg, aero.de | Abb.: Airbus | 15.08.2018 08:09


Kommentare (0) Zur Startseite

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 04/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden