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Verspätungen: Sommer 2019 so schlimm wie 2018

BRÜSSEL - Europas Flugsicherungen fehlen Lotsen. Der Personalmangel in den Towern und Centern sorgt für kuriose Routings: zeitweise werden Europaflüge über nordafrikanische Kontrollbereiche umgeleitet. Dabei liegt nach Ansicht des Airlineverbands A4E die Lösung nahe: der Single European Sky muss endlich kommen.

Die Verspätungslage im europäischen Flugverkehr ist im Sommer 2019 "so schlimm wie im vergangenen Jahr, aber es hätte noch viel schlimmer kommen können wenn Eurocontrol nicht eingeschritten wäre." Das sagte Ryanair-Chef Michael O`Leary am Mittwoch in Brüssel bei einer Veranstaltung der Airline-Lobbyorganisation Airlines for Europe (A4E), die 70 Prozent des europäischen Luftverkehrs repräsentiert.

Von Januar bis Juni sind laut A4E die auf Unterbesetzung bei Fluglotsen und Kapazitätsprobleme im Luftraum zurückzuführenden Verspätungen auf 71 Prozent gestiegen. In den Vorjahren war dies jeweils nur die Ursache für 65 Prozent der Verspätungen.

Verspätungen im europäischen Luftraum
Verspätungen im europäischen Luftraum, © Eurocontrol

Insgesamt habe die Anzahl der durch solche strukturellen Probleme verursachten Verspätungsminuten gegenüber 2017 im ersten Halbjahr 2019 um 114 Prozent zugenommen.

Wenn ein Flug verspätet war, so der Verband, seien es in diesem Jahr jeweils 30 bis 45 Minuten Verzögerung gewesen. 2016 dagegen habe die durchschnittliche Verspätungsdauer betroffener Flüge noch bei nur zwölf Minuten gelegen.

An einigen neuralgischen Punkten der europäischen Luftraumverwaltung wie in den Kontrollzentren Marseille, Maastricht und Karlsruhe habe es punktuelle Verbesserungen gegeben. Allerdings sei Karlsruhe weiterhin für 16 Prozent der Verspätungen in Europa verantwortlich und das lange bekannte Problem der Personalknappheit nicht gelöst, so die Klage des Verbands.

Das Kontrollzentrum Marseille, vor allem aufgrund häufiger Streiks eine der Achillesfersen in Südeuropa, arbeite in diesem Jahr mit der niedrigsten Kapazität jemals.

Flugverkehr über Europa, © Eurocontrol

Willie Walsh, der Vorstandschef der Airline-Holding IAG (u. a. British Airways und Iberia), klagte: "Auf einem Flug von Madrid nach Florenz sind die Airlines zeitweise gezwungen, einen Umweg von 500 Kilometer oder 37 Flugminuten durch den tunesischen und algerischen Luftraum zu fliegen, um den Kontrollbereich Marseille zu umgehen."

Solche Ineffizienzen haben europaweit in diesem Jahr zu 27 Prozent mehr Spritverbrauch und 30 Prozent längerer Flugdauer geführt, so A4E.

Flugrouten der 1950er Jahre

"Es ist ein Skandal dass wir immer noch auf Flugrouten aus den 1940er und 1950er Jahren unterwegs sind und damit pro Jahr zehn Prozent mehr CO2-Ausstoß verursachen als wenn es einen einheitlichen Himmel über Europa gäbe. Wir könnten den Single European Sky morgen haben, stattdessen diskutieren Politiker seit 18 Jahren darüber und es ist absolut nichts passiert", so Walsh.

Die große Sorge der Airlines ist eine weiter erhöhte Steuerlast für die Branche, nachdem in dieser Woche Frankreich eine neue Flugsteuer angekündigt hat. In diesem Jahr zahlen europäische Airlines bereits über fünf Milliarden Euro an Umweltsteuern und Kosten für Emissionsrechte-Handel, so der Verband.

"Wir haben 2018 insgesamt 544 Millionen Euro an solchen Abgaben gezahlt", rechnet Ryanair-Chef Michael O`Leary für seine Gesellschaft vor. Pro Passagier seien das rund vier Euro, was bei einem Durchschnitts-Ticketpreis von 39 Euro fast zehn Prozent des Ticketpreises sei, "das hat bereits das Niveau von Strafsteuern", so der Manager.

Zu den Kritikpunkten gehört auch dass Steuern nicht der Umwelt helfen und sie außerdem nicht zur Verbesserung der Strukturprobleme im europäischen Luftraum genutzt würden. Allerdings sieht Verbandschef Thomas Reynaert weiter dringenden Kommunikationsbedarf, man müsse die großen Fortschritte der Luftfahrt auf einfache Weise besser erklären.

Ein direktes Treffen etwa mit Vertretern von "Fridays for Future" habe bisher allerdings nicht stattgefunden, musste Reynaert einräumen.
© aero.de, aspa | Abb.: Eurocontrol | 12.07.2019 08:07

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Beitrag vom 12.07.2019 - 09:57 Uhr
Da hat der Herr Späth zwei Sätze verknüpft. In der Pressmitteilung ist das getrennt, einmal Zahlen für 2019 bisher und dann für 2017.
"A recent EU environmental report found that network flight inefficiencies in 2017 caused a 5.8% increase in CO2 emissions."

 https://a4e.eu/european-atc-remains-inefficient-expensive-and-unreliable-for-millions-of-passengers/
Beitrag vom 12.07.2019 - 09:20 Uhr
Die Zahlen stammen aus einer Präsentation der A4E; wir haben hier nochmal um eine Erklärung und Aufschlüsselung gebeten.

Dieser Beitrag wurde am 12.07.2019 09:26 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 12.07.2019 - 08:49 Uhr
>Solche Ineffizienzen haben europaweit in diesem Jahr zu 27 Prozent mehr >Spritverbrauch, 30 Prozent längerer Flugdauer und fast sechs Prozent
>höherem CO2-Ausstoß geführt, so A4E.

27% mehr Spritverbrauch und nur 6% mehr CO2, wie kann das sein?



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