Disruptiver Ansatz
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SE Aeronautics will den Airliner der Zukunft bauen

SE Aeronautics
SE Aeronautics, © SE Aeronautics

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ALABAMA - Das US-Startup SE Aeronautics träumt vom Luftverkehr der Zukunft. Dieser Traum treibt eine auffällige Blüte: einen Widebody-Airliner völlig neuer Bauart, mit Monocoque-Rumpf, Triebwerken am Heck, Tanks über der Kabine und gleich drei Flügelpaaren. Was steckt hinter dem Projekt?

Vergessen Sie Airbus oder Boeing – die Zukunft des zivilen Luftverkehrs liegt in den Händen kleiner Startups! Das zumindest ist der Eindruck, den man gewinnen könnte, wenn man sich die Ideen und Konzepte von Boom, Lilium und Co. ansieht.

Mit SE Aeronautics aus Alabama, ebenfalls ein Startup, greift nun ein weiteres Unternehmen nach den Sternen – und spricht seinerseits von einer "Revolution" der Passagierluftfahrt.

Gelingen soll diese Revolution mit dem Großraumjet SE200. Der fliegt weder elektrisch noch mit Wasserstoff, dafür aber super-effizient, schnell, hoch und weit. So zumindest lesen sich die Zahlen, die SE Aeronautics zu den Bildern seines Design-Entwurfs mitliefert: 264 Passagiere sollen in dem Flugzeug Platz finden, das nicht nur drei Paar Flügel besitzt, sondern auch einen Rumpf aus CFK, der dazu aus einem einzigen Stück bestehen soll.

Die SE200 ("SE" steht in der Tat für "super efficient") soll fast 17.000 Kilometer weit und über 15 Kilometer hoch fliegen, dabei Mach 0,9 erreichen – und pro Sitzkilometer satte 70 Prozent weniger Kerosin verbrauchen als vergleichbare Widebodies der Gegenwart. Der CO2-Fußabdruck der SE200 soll sogar um 80 Prozent geringer sein.

Tanks über den Köpfen der Passagiere

Wie genau SE Aeronautics dies erreichen will, bleibt etwas nebulös. Wichtigster Punkt soll das Konzept mit mehreren Tragflächen sein, die mehr Auftrieb generieren und deshalb nicht nur größere Reichweite, sondern auch kürzere Start- und Landestrecken mit sich bringen sollen.

Als Antrieb dienen zwei "hocheffiziente" Turbofans am Heck mit zusammen 285 kN Schub. Einer ist im Rumpf verbaut, der zweite huckepack. Da die "superdünnen" Flügel keinen Platz für Sprit bieten, führt die SE200 den Treibstoff "in selbstdichtenden Blasen" im Rumpf mit – und zwar über der Kabine. Die etwas kuriose Begründung des Unternehmens: "Bei einer Notlandung über Wasser" könne das Flugzeug besser schwimmen.

Die unter den Tanks Platz nehmenden Passagiere beglückt SE Aeronautics mit einem neuen, "einmaligen" Belüftungssystem, das während des Fluges vor Krankheitsübertragungen schützen soll. Kippbare Sitze sollen der Kabine überhaupt einen Komfort verleihen, wie ihn "Economy-Passagiere noch nicht erlebt haben".

"Werden die Branche revolutionieren"

SE Aeronautics gibt sich sicher, dass das "disruptive Design" auch die Lebensdauer der SE200 verdoppelt "und gleichzeitig die Gesamtkosten für Blockstunden im Vergleich zu anderen Flugzeugen gleicher Größe um die Hälfte reduziert."

Die SE200 sei "die praktischste, rentabelste und dauerhafteste Lösung" und werde alle konventionellen Flugzeuge, deren Grundentwurf seit über 60 Jahren derselbe sei, in den Schatten stellen.

"Wir werden die Branche revolutionieren", so Tyler Mathews, CEO von SE Aeronautics. Bevor der große Traum von der Revolution aber real werden kann, suchen Mathews und seine Kollegen noch nach Investoren.

Denn ein Flugzeug am Computer zu zeichnen und ihm grandiose Leistungen anzudichten, ist nicht schwer – selbst wenn es sechs Flügel hat. Die Herausforderung liegt darin, es auch tatsächlich in die Luft zu bekommen. Eine dicke Brieftasche hilft dabei ungemein.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: SE Aeronautics | 28.03.2021 07:25

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Beitrag vom 31.03.2021 - 10:44 Uhr
@KonTra77
Nur leider ist das bisschen Hebelwirkung des Höhenleitwerks nichts im Vergleich durch die mit den Turbulenzen aus dem Rumpf-Flügel-Übergang entstehenden Verluste.

Im Studium habe ich mal gelernt man nähert das mit 5% an, also nicht die Welt.

Von Interferenzen hintereinander liegender Tragflächen gar nicht zu reden, wenn schon hintereinanderstehende Wolkenkratzer bei Normalsturm nur mit besonderem Aufwand zu stabilisieren sind.

Die benutzen bestimmt keine aktive Klappensteuerung, wie schon heute die B747-8.

Mehr Tragfläche heißt eben nicht zwangsweise bessere Leistung, sonst würde man Jumbos als Doppeldecker zu bauen. Sieht man selten.

Es geht nicht um mehr Fläche, sondern eben genauso viel Fläche wie nötig, sonst hat man einen Rohrkrepierer wie die A380, die durch den überdimensionierten Flügel ineffizient wurde. Und bei einem Dreiflächler, brauche ich eben nicht mehr Flügel, der den Abtrieb des Höhenleitwerks kompensiert, sondern insgesamt weniger. In Summe sprechen wir von 3 Flächen, die alle Auftrieb erzeugen, gegenüber zwei Fläche, von denen eine Auftrieb, die andere Abtrieb erzeugt.

Abgesehen davon hat man übrigens mit Heckmotoren à la 727 auch so seine negativen Erfahrungen gemacht und das Konzept nicht weiter verfolgt.

Das stimmt ja so nicht, sämtliche Business Jets oder auch die CRJ's bedienen sich dieses Konzepts. Auch die Blended Wing Bodies platzieren eben dort die Triebwerke. Es gibt ein langes Für und Wieder für die Heckanordnung den einen entscheidenden Vor- bzw. Nachteil gibt es nicht.
Beitrag vom 29.03.2021 - 19:29 Uhr
@KonTra77
Nur leider ist das bißchen Hebelwirkung des Höhenleitwerks nichts im Vergleich durch die mit den Turbulenzen aus dem Rumpf-Flügel-Übergang entstehenden Verluste. Von Interferenzen hintereinander liegender Tragflächen gar nicht zu reden, wenn schon hintereinanderstehende Wolkenkratzer bei Normalsturm nur mit besonderem Aufwand zu stabilisieren sind.

Mehr Tragfläche heißt eben nicht zwangsweise bessere Leistung, sonst würde man Jumbos als Doppeldecker zu bauen. Sieht man selten.

Abgesehen davon hat man übrigens mit Heckmotoren à la 727 auch so seine negativen Erfahrungen gemacht und das Konzept nicht weiter verfolgt.
Beitrag vom 29.03.2021 - 16:26 Uhr
Also mich würde schon interessieren, warum drei kleine Flügelpaare mit 3 * Interferenzwiderstand sparsamer werden soll als 1 * großer Flügel. Je kleiner die Streckung, desto größer der prozentuales Verlust. Nicht von ungefähr gehen genau die Flugzeuge, bei denen es auf höchste Effizienz ankommt, nämlich Segelflugzeuge, exakt den umgekehrten Weg: möglichst große Streckung.

Begründungen wie Sprit oben wg. Notwasserung scheinen sich mehr an der spektakulären Wasserung von Sullivan zu orientieren als an der Physik - wenn etwas schwimmen soll, dann braucht es die Luft unten und nicht oben, es sei denn, man baut eine Boje.

Nichts gegen innovative Konzepte, aber das hier scheint mir außer eins zum Geld verdienen kein tragfähiges zu sein.

Bei einem Dreiflächler erzeugt jeder Flügel Auftrieb, anders als bei einem konventionellen Flugzeug. Dort erzeugt das Höhenleitwerk Abtrieb. Dieser Abtrieb muss dann wiederum durch einen größeren Flügel kompensiert werden und insgesamt steigt somit der induzierte Widerstand.


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