Starke Turboprop-Nachfrage
Älter als 7 Tage  

ATR verzichtet vorerst auf einen Stretch

ATR 72-600
ATR 72-600, © ATR

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TOULOUSE - Das italienisch-französische Kooperationsprojekt ATR spürt in der Krise eine steigende Nachfrage nach sparsamen und sauberen Turboprops. Mit synthetischem Kerosin und neuesten Triebwerken werden die kleinen Brummer jetzt noch umweltfreundlicher gemacht. Auf eine Langversion verzichtet ATR.

ATR-Vorstandschef Stefano Bortoli und der kaufmännische Geschäftsführer Fabrice Vautier zogen am Dienstag in einer Pressekonferenz eine sehr positive Jahresbilanz und lobten die sich wieder deutlich verbessernden Aussichten.

Demnach seien 2021 insgesamt 31 neue Flugzeuge ausgeliefert worden. Außerdem habe ATR den Weiterverkauf von zehn Gebrauchtflugzeugen vermittelt. Die Produktionsrate werde 2022 in den "oberen 30er Bereich" erhöht, so Bortoli. Man habe feste Bestellungen für weitere 196 Flugzeuge. Alle Flugzeuge im Werk seien verkauft, es gebe keine sogenannten "White Tails".

Der Gesamtmarkt profitiere vom Ersatzbedarf für 1.200 Flugzeuge in den nächsten zwanzig Jahren. In diesem Segment stünden viele sehr alte 30- bis 50-Sitzer besonders dringend zum Ersatz an. In Japan, den USA und Malaysia habe die Erneuerungswelle bereits begonnen. Vor der Corona-Pandemie hätten viele Airlines die Kosten pro Sitz als zentrale Messgröße betrachtet.

Seit der Krise rückten jedoch die Tripkosten in den Vordergrund. Damit könne ATR den Vorteil der wirtschaftlichen Turboprops noch besser ausspielen. "Wir brauchen 40 Prozent weniger Kerosin als jeder Jet", so Stefano Bortoli. 2021 seien 35 neue Bestellungen eingegangen. Damit habe ATR seit der Gründung über 1.800 Flugzeuge verkauft.

Seit zwei Wochen fliege ein Versuchsträger mit 100 Prozent SAF-Treibstoff. Diese ATR sei bisher bei sieben Flügen mit rein synthetischem Kerosin in der Luft gewesen und ebne eine für 2025 angestrebte EASA-Zulassung für den kommerziellen, vollständigen SAF-Einsatz.

Im Frühjahr starte außerdem die neue ATR 42-600S zum Erstflug, die mit neuesten PW 127XT-Triebwerken drei Prozent weniger Treibstoff verbrauche und eine 40 Prozent längere Einsatzdauer "am Flügel", zwischen den Wartungen, erreiche. Diese Version mit einem neuen Ruder soll bis Ende 2024 als STOL-Kurzstarter zugelassen werden.

Kein Stretch nötig

Die Größe der ATR-Familie sei mit bis zu 78 Sitzen ideal, antwortete Fabrice Vautier auf eine Frage der FLUG REVUE. Einen Bedarf, über die Größe der ATR 72 hinaus zu wachsen, gebe es derzeit nicht. Untersucht werde dagegen eine Combi-Version für eine Mischung aus Passagieren und Fracht. 150 Ingenieure stünden für die ständige, evolutionäre Verbesserung der Turbopropfamilie bereit. Diese erfolge strikt nach Kundenwünschen und habe auch stets die Kostenseite im Blick.

Seit der Corona-Pandemie belebe sich das Regionalfluggeschäft, da viele Arbeitnehmer von zuhause aus arbeiteten und in Sekundärstädte zögen, was sich an den dort steigenden Grundstückspreisen ausdrücke. Diese Orte müssten sehr wirtschaftlich, umweltfreundlich und für den Kunden bezahlbar mit dem weltweiten Luftverkehrsnetz verknüpft werden, wozu ATR die idealen Produkte biete, so der Hersteller.

Der Konkurrent De Havilland hat die Produktion der Dash-8 vor einem Jahr ausgesetzt. Seither hat ATR ein Quasimonopol im Turbopropmarkt.
© FLUG REVUE - Sebastian Steinke | Abb.: ATR | 09.02.2022 08:41

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Beitrag vom 10.02.2022 - 15:28 Uhr
Also letztendlich nichts neues von ATR:
Ohne das ein Konkurrent Feuer unter dem Hintern macht, investiert man nicht ins Produkt.

Machen Sie doch. Ein bessere Antrieb ist auf dem Weg und weitere Optimierungen.

Kann man so machen, mal sehen ob es ihnen auf die Füsse fällt.

Warum? Gibt es einen wirklichen Wettbewerber in diesem Segment? Der einzige der mir einfällt wäre die Ukraine mit Ihrer AN 148/158 - nunja, aber ein wirklicher Wettbewerber ist das wohl nicht.
Und wenn die Kunden offensichtlich dieses Flugzeug genau mit dieser Kapazität haben wollen, warum sollte man dann Geld für die Entwicklung eines, offensichtlich nicht gefragten Produktes, verbrennen!?

Die Antonov AN-148/158 ist ein Regionaljet, kein Turboprop. Die AN-148 ist für ca. 90 Passagiere ausgelegt, die etwas größere AN-158 für ca. 100 Passagiere. Ihre Konkurrenten sind damit Embraer 190 und 195, CRJ 900 und CRJ 1000, der Airbus A 220-100 und der Suchoi Superjet.

Die einzigen tatsächlichen Konkurrenten von ATR 42 und ATR 72 sind tatsächlich Dash 8-300 und Dash 8-400. Beide werden nicht mehr hergestellt. Das in der Entwicklung befindliche russische Konkurrenzmodell Ilyushin Il-112 liegt nach dem Absturz des Prototypen im vergangenen Jahr erst einmal auf Eis und bei Embraer hat der neue Turboprop derzeit erst Projektstatus und wird bis zur Marktreife noch Jahre brauchen - d.h. ATR hat hier mittelfristig tatsächlich ein Monopol auf neu gebaute Turboprops. Wobei in den letzten Jahren insbesondere in Europa derart viele noch relativ neue Dashs ausgeflottet wurden, dass es zumindest auf dem Gebrauchmarkt Konkurrenz gibt.

Im Übrigen lese ich das aber auch so: Es wird bis auf Weiteres eine "ATR 92" nicht geben sondern man beschränkt sich darauf, die beiden existierenden Muster zu optimi.eren
Beitrag vom 09.02.2022 - 18:31 Uhr
In 20 Jahren oder so dürfte zumindest in der Grösse auch vollelektrische Flieger machbar sein. Dadurch gibt es jetzt erst recht keinen Businesscase mehr, in alte Technologie noch gross zu investieren.
Wie weit Embaers Idee wirklich trägt, ein konventionelles Modell später auf E-Propeller umzurüsten muss sich noch zeigen. Das könnte sich als Geniestreich erweisen, oder als totaler Ladenhüter wenn komplett als E-Flieger neuentwickelte Modelle später um Längen ökonomischer sind.
Beitrag vom 09.02.2022 - 12:33 Uhr
Also letztendlich nichts neues von ATR:
Ohne das ein Konkurrent Feuer unter dem Hintern macht, investiert man nicht ins Produkt.

Machen Sie doch. Ein bessere Antrieb ist auf dem Weg und weitere Optimierungen.

Ach, 2-3%. Das ist nix.


Kann man so machen, mal sehen ob es ihnen auf die Füsse fällt.

Warum? Gibt es einen wirklichen Wettbewerber in diesem Segment? Der einzige der mir einfällt wäre die Ukraine mit Ihrer AN 148/158 - nunja, aber ein wirklicher Wettbewerber ist das wohl nicht.
Und wenn die Kunden offensichtlich dieses Flugzeug genau mit dieser Kapazität haben wollen, warum sollte man dann Geld für die Entwicklung eines, offensichtlich nicht gefragten Produktes, verbrennen!?

Mal sehen, aktuell gibt es nix, aber wenn Embraer ernst macht, und das tun sie hoffentlich, dann wird es ATR schwer haben.
Wer sich nicht selbst disrupiert, wird halt von aussen erledigt.
Läuft immer so.

Bei den Turboprops sollte mittlerweile auch viel möglich sein, das ATR Design ist mittlerweile 40 Jahre alt, das Triebwerk ist shcon drüber.
Das PW 100 ist aus den 70gern.

Aber klar, ohne neues Triebwerk braucht man den Flieger selbst nicht anfassen.
ATR weiss auch das sie eigentlich was machen könnten, bzw. sollten, aber Airbus hat beim letzten mal keinen Business Case gesehen, weil man auch so besser als die Dash8 war.


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