DHL
Älter als 7 Tage

"Sobald China wieder aufmacht, wird sich alles dahin verlagern"

Cargo
Aerologic Boeing 777F, © Aerologic

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BONN - Geschlossene Häfen, knappe Kapazitäten und Container-Staus: Chaos auf See katapultiert die Luftfrachtraten in Rekordhöhen. DHL rechnet mit einer weiter angespannten Lage in den nächsten Wochen und Monaten - nur im Lufttransport nach Nordamerika beobachtet der Konzern eine Stabilisierung.

"Am beunruhigendsten ist die Situation in Shanghai", sagte Tim Scharwath der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Montag. Die entscheidende Frage sei, wie die Millionen-Metropole wieder geöffnet werde. Dies werde starke Auswirkungen haben.

"Für die Weltwirtschaft wäre es besser, wenn die Öffnung langsam vollzogen wird", sagte der Chef des Geschäftsbereichs DHL Global Forwarding, Freight.

Die chinesische Metropole Shanghai befindet sich seit Ende März im Lockdown, da die Volksrepublik eine strikte Null-Covid-Strategie verfolgt. Dies führt zu einem Stau von Frachtschiffen im größten Hafen der Welt. Laut Scharwath staut es sich aber nicht nur im Hafen, sondern auch außerhalb der Stadt. Dort sei die Produktion weitergegangen, die Lagerhallen seien voll.

Der Manager plädiert deshalb für ein langsames Wiederhochfahren der Abfertigung im Hafen, damit der Ansturm nicht zu stark ist. "Die Abläufe, der Fluss, das muss alles erst wieder entstehen", sagte Scharwath. Dies könne Monate dauern und entsprechend schwer sei das zweite Halbjahr momentan zu planen.

Scharwath ist seit Mitte 2017 im Vorstand der Deutschen Post für den Geschäftsbereich "DHL Global Forwarding, Freight" zuständig. Damals hatte er ihn von Konzernchef Frank Appel übernommen.

"Wir müssen von Quartal zu Quartal gucken", sagte Scharwath am Montag zur aktuellen Lage. Jede kleine Disruption habe enorme Auswirkungen. Im Krisenmodus befinde er sich aber nicht. "Das Schlimmste ist, wenn keiner weiß, was los ist - so wie Anfang 2020", sagte Scharwath. Mittlerweile befinde man sich aber viel mehr in Zeiten, in denen sich schlichtweg viel ändere.

Die wichtigste Voraussetzung sei dabei mittlerweile wieder gegeben: "Wir müssen die Infos, was in den Märkten los ist, früher haben als unsere Kunden, damit wir ihnen passende Angebote machen können." Der Post-Konzern gehe deshalb beispielsweise momentan langfristigere Verträge mit Reedereien ein.

Nach wie vor sei der globale Logistikmarkt stark von Kapazitäten getrieben. Der Trend zur Luftfracht ist dabei laut Scharwath ungebrochen. Denn zahlreiche Unternehmen steigen wegen der knappen Schiffs-Kapazitäten auf den Luftweg um, um ihre Lieferverpflichtungen einzuhalten. Zumindest im Nord-Atlantik habe sich die Situation in der Luftfracht aber etwas entspannt, sagt er.

Die Seefracht sei hingegen nach wie vor stark von der Situation in Asien geprägt, weshalb es auch im Nord-Atlantik hier bislang noch keine Normalisierung gebe. Scharwath ist überzeugt: "Sobald China wieder aufmacht, wird sich alles dorthin verlagern." Insgesamt seien deshalb die Voraussetzungen für hohe Frachtraten weiter gegeben.

Die hohen Preise für Container-Kapazitäten hatten Scharwaths Division im ersten Quartal kräftig wachsen lassen. Erstmals wurde der Geschäftsbereich die umsatzstärkste Division des Logistik-Konzerns Deutsche Post. Aber auch bei den Volumina ist mittlerweile das Vorkrisen-Niveau aus 2019 wieder erreicht.

Investitionen in See- und Luftfracht

Um der steigenden Nachfrage zu begegnen, hatte die Post im August angekündigt, den Mainzer Seefrachtspezialisten J.F. Hillebrand übernehmen zu wollen. Der 1,5 Milliarden Euro schwere Deal wurde Ende März abgeschlossen. Scharwath hält derweil die Augen nach geeigneten Übernahmen weiter offen.

"Vor zwei Jahren waren wir noch nicht reif für eine Akquisition", sagte er. Mittlerweile sei das anders. "Mit Hillebrand haben wir gezeigt, dass wir das können. Sollten wir also etwas Passendes entdecken, werden wir uns das mit großem Selbstvertrauen anschauen."

In der Luftfracht investiert DHL in sechs weitere 777F. Noch im Sommer soll zudem eine gebrauchte 777F im mit Lufthansa Cargo betriebenen Joint Venture Aerologic die Kapazität erhöhen.
© aero.de | Abb.: Aerologic | 23.05.2022 17:10


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