"Teillösung"
Älter als 7 Tage

Bei Lufthansa ist die Kuh vom Eis

Lufthansa Airbus A320neo
Lufthansa Airbus A320neo, © Lufthansa

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FRANKFURT - Fluggäste können aufatmen: In einer Krisensitzung haben die Lufthansa und ihre Piloten am Dienstag einen erneuten Streik abgewendet. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit sagte den für Mittwoch und Donnerstag angekündigten Ausstand bei der Lufthansa-Kernmarke ab.

Auch die Frachttochter Lufthansa Cargo, für die ein dreitägiger Streik geplant war, soll planmäßig fliegen können.

Bei den Verhandlungen unter hohem Zeitdruck wurde laut VC eine Teillösung erreicht. Das umfängliche Paket finanzieller und struktureller Themen sei im Kern vereinbart, müsse aber in den kommenden Tagen ausgestaltet werden, berichtete die Gewerkschaft, die mit ihrer Streikdrohung den Druck erhöht hatte.

Auch die Lufthansa äußerte sich zunächst nicht zu den am Dienstag in der Konzernzentrale am Frankfurter Flughafen erreichten Details. Die Absage des Streiks sei vor allem für Kundinnen und Kunden eine gute Nachricht, erklärte eine Sprecherin. "Unsere Flüge finden in den kommenden Tagen wie geplant statt. Wir freuen uns darüber, dass wir mit der Vereinigung Cockpit in konstruktiven Gesprächen eine Lösung erreichen konnten."

Dem Vernehmen nach wurden langfristig wichtige Themen auf das kommende Jahr vertagt. Im Hintergrund schwelte ein Grundsatzstreit über die Größe der Kerngesellschaft. Konzernchef Carsten Spohr hatte die Bereitschaft erkennen lassen, eine zwischenzeitlich aufgekündigte Flottenzusage wiederzubeleben. Hier soll ein Stillhalteabkommen vereinbart worden sein, hieß es in Verhandlungskreisen.

In dem Tarifkonflikt bleibt es demnach bei einem Streiktag. Am Freitag hatte Lufthansa den kompletten Betrieb der Kerngesellschaft gestrichen, nachdem die VC ihre Mitglieder zur ersten Streikwelle aufgerufen hatte. Rund 800 Flüge mit 130 000 Passagieren fielen aus. Dem Unternehmen zufolge entstand ein Schaden von rund 32 Millionen Euro.

Die Lufthansa ist derzeit auf ihre rund 5000 Stammpiloten besonders angewiesen. Pilotenmangel in den USA, Lieferschwierigkeiten insbesondere für Boeing-Flugzeuge und Ersatzteile sowie die perspektivisch wieder anziehende Nachfrage in Asien - die Zeit für hohe Gewinne scheint trotz des Energiepreisschocks in der Luftfahrt gerade günstig.

Die aufziehende Rezession auf dem Heimatmarkt will Spohr vor allem im Ausland ausgleichen. In den dollarstarken USA, aber auch in Indien verkauft die Lufthansa gerade massenhaft Tickets zu Höchstpreisen, so dass der im Frühjahr aufgenommene Gewinnkurs weiter gehalten werden kann.

Insgesamt erlebe das Unternehmen nach der Corona-Krise einen wahren Ansturm, berichtete Spohr am Montagabend. Streiks kann er dabei nicht gebrauchen. "Der Wunsch, unser Produkt zu erwerben, ist so stark, dass wir mit der Produktion nicht hinterherkommen", sagte der Vorstandschef. Die Durchschnittserträge steigen, weil die Tickets zu deutlich höheren Preisen vermarktet werden können. Spohr bekräftigte das Ziel, im kommenden Jahr zwischen 85 und 90 Prozent des Vorkrisen-Niveaus anzubieten.

Ein zu schnelles Wachstum wie in diesem Jahr will die Lufthansa vermeiden und muss dabei Rücksicht auf die immer noch reduzierten Kapazitäten an ihren Drehkreuzen nehmen. An den Flughäfen fehlen Mitarbeiter, und die Abläufe haben sich in der Pandemie verkompliziert.

Die Lufthansa selbst will bis Ende 2023 konzern- und weltweit rund 20.000 neue Mitarbeiter einstellen, davon rund 12.000 zusätzliche Kräfte. Zudem sind Milliarden-Investitionen in neue Flugzeuge, Ausstattung und IT geplant.

Die VC hatte zuletzt ihre Forderung nach einem automatisierten Inflationsausgleich aufgegeben und stattdessen eine jährliche Tariferhöhung um 8,2 Prozent ab 2023 verlangt - zusätzlich zu einer Erhöhung in diesem Jahr um 5,5 Prozent. Die Lufthansa hatte vor dem neuen Angebot pauschale Erhöhungen der Grundvergütung von 500 Euro zum 1. September 2022 und um 400 Euro zum 1. April 2023 angeboten. Das ergebe je nach bisherigem Gehalt Steigerungen zwischen 5 und 18 Prozent.

Erst im Juli hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Fluggesellschaft für einen Tag nahezu lahmgelegt. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo will im Herbst für ihre Mitglieder verhandeln. Und bei der größten Tochter Eurowings haben die Piloten bereits für einen Arbeitskampf votiert. Verhandlungen stehen dort aber noch an.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 06.09.2022 14:33

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Beitrag vom 08.09.2022 - 07:53 Uhr
In etwa so:

"Macht Geld glücklich?"

"Ja. Wenn mein Chef mir ab nächsten Monat 500 € mehhr Lohn zahlt."

-> Aber nur bis zu dem Moment, wo ich erfahre, daß der Kollege 600 € mehr bekommt ...
Beitrag vom 07.09.2022 - 19:28 Uhr
Weil ein Wirtschaftssystem ein dauerhaftes Wachstum nicht hergibt. Das funktioniert nur, wenn dauerhaft Geldgedruckt wird. Ich empfehle David Greber "5000 years of debt" - gibt es auch in deutsch.

Nur ist das eine Logik, die unwiederlegbar ist, die aber gegen jedes BWL Studium ist, deshalb wird man aus diesem Kreislauf nicht ausbrechen (können). Daher ja - man muss für sich fordern. Aber es macht unser aller Leben nicht besser, wenn demnächst neben Börsendaten, Wetter und Sport auch noch berichtet wird, welche Gruppen heute streiken werden.

Und ich bin nicht der Meinung, dass das Angebot beliebig billig werden muss, denn damit fängt das Dilemma (ich muss mehr/besser sein als mein Nachbar, sonst denkt jeder ich hätte versagt) erst an.
Beitrag vom 07.09.2022 - 08:37 Uhr

Auch die CAB wird ihre Forderung durchsetzen. Ja der Kunde bezahlt es ( tut er im Supermarkt auch, beim Handwerk, an der Tanke, im ganzen Leben und war auch schon immer so, alternative ist die Höhlenlebensform mit Ackerbau ), und die LH wirds überleben.

Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Supermarkt, Tanke und ggf. Handwerker gehören zu den notwendigen Ausgaben, Flugreisen nicht, auf die kann man auch verzichten, wenn das Geld knapp wird.
Außerdem werden viele nach dem günstigsten Angebot schauen.

ach kommen Sie: I Phones und Brand Klamotten gehören auch nicht zum Notwendigsten, dass ich benötige. Aber dieses Luxusphone ( ohne eine gute Gegenleistung, wie ich finde und auch deshalb keines kaufen würde !) und weiterer billiger Trendy Shit teuer verkauft, geht gerade in den weniger guten Lohnschichten sehr gut. Über Sinn und Unsinn kann man viel sinnieren.

Und auch beim Reisen, höre ich am Gate und sehe auf T Shirts: "Malle ist nur 1x im Jahr "
Mir kommen mir keine Zweifel, dass genau die, die eigentlich nicht reisen sollten, das auch weiterhin machen werden. Reisen ist für viele das eine Ventil im Jahr, es ist ein Lifestyle Produkt auf das nicht verzichtet wird.
Und Business, auch darüber haben wir schon diskutiert:
Busi ist voll... First wieder schwer im Kommen, und auch das geht so weiter...
Gute Geschäftsabschlüsse lassen sich nicht mit Teamviewer schliessen und pflegen.
War immer so, bleibt weiter so... gerade im Asiamarkt.
Tauchen Sie da nicht zum Geschäftsabschluss auf, kriegts ein anderer.

Rezession in D interessiert nicht. Spohr gibt ja gerade zu, dass die TX Preise im Ausland cool sind. Es muss kein Deutscher den Sitz füllen. Ami nach D und zurück f doppelten Preis ist Spohr sogar lieber als Klaus nach SFO und back.

Die allg. Preise im Ausland sind im Gegensatz z D uber die letzten 10 Jahre um 100-150 % gestiegen, analog dort auch die Löhne.... dann zahlen die halt das teurere TX.

D ist nicht ohne Grund nun vor einer Rezession.
Genau diese Geiz ist geil, und bloss keine höheren Löhne hat uns in diese Lage gebracht, dass nun die Preise für viele schwerlich zu zahlen sind.
Diesen Lohngap kann man nun nicht mehr "schnell" aufholen.
Und trotzdem jammern die deutschen Lemminge man soll sparen, 2 x sie Woche Duschen und sich in Verzicht üben. klar doch... Immer weiter so während die Welt "wächst". den gesamten Wirtschaftsirrsinn und die Energiepolitik kann man sich jeden Tag in der Presse anschauen. Dafür soll ich verzichten ? Im Leben nicht.

Der Deutsche Sparfuchs hat schon immer bei den einschlägigen Websites nur das günstigste Angebot gebucht: 7 Std Aufenthalt in Timbuktu aber 30 Euro gespart.Gerne Das ist nichts neues...
Gibt genug Angebote dafür und wer will kann sich das auch weiterhin antun.
Ändert nichts am Geschäftsergebnis der LH oder der Bezahlung der MA.
Kein "Sparer" kauft LH nur weil der MA 2 Euro weniger bekommt, denn CS wird sein System trotzdem so steuern, dass der Platz bestmöglich verkauft wird. Warum auch nicht, würde ich ja auch. Und deshalb: warum soll der MA deswegen zurückstecken ?


Dieser Beitrag wurde am 07.09.2022 08:45 Uhr bearbeitet.


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