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Im August gehen in Schkeuditz die Lichter aus, 100 Mitarbeiter von Cargologic Germany verlieren den Job. Die Airline ist Opfer von EU-Sanktionen, aber nicht nur.
Der "Business Insider" hat mit Beteiligten rekonstruiert, wie Cargologic Germany erst von der neuen Weltlage eingeholt wird. Und um ein Haar noch von der Klinge springt. Der Reihe nach.
11. März 2022: russische Truppen sind bereits tief in ukrainisches Staatsgebiet vorgedrungen. Putins Armee versucht mit aller Gewalt, Kiew einzukreisen - und einzunehmen. Die An-225, einst ganzer Stolz der ukrainischen Luftfahrt, ist nach einem Raketenangriff auf den Antonow-Werksflughafen Hostomel nur noch ein Feuerwrack.
Die EU-Kommission reagiert mit einer ersten Sanktionssalve gegen die russische Luftfahrt. Die trifft Cargologic Germany völlig unvorbereitet. Am 11. März untersagt das LBA der jungen Leipziger Frachtairline mit vier Boeing 737 Frachtern jeden weiteren Flugbetrieb. Grounding!
"Wir hatten damals die Hoffnung, dass die Sanktionierung ein juristisches Missverständnis ist", sagte Geschäftsführer Dierk Näther dem "Business Insider".
Zum Verhängnis wird Cargologic die Eigentümerstruktur. Die Fäden der Airline laufen beim Oligarchen Alexey Isaikin zusammen. Der Volga-Dnepr-Eigner hat neben dem russischen auch einen zyprischen Pass und steht auf keiner Sanktionsliste - das reicht nicht, die Behörden bleiben im Fall Cargologic Germany hart.
Russischer Eigner schießt quer
Wenn es bei deutschen Airlines eng wird, ist Lucas Flöther meist nicht weit. Die Kanzlei Flöther Wissing hat sich in den Insolvenzen von Air Berlin und Germania und der erfolgreichen Restrukturierung von Condor einen gewissen Ruf erarbeitet - und wird auch bei Cargologic Germany zu Rate gezogen.
Cargologic Germany wirtschaftet ordentlich - in der Krise boomt Luftfracht, 2020 hat das Startup den Jahresverlust bereits auf 2,3 Millionen Euro eingedämmt, 2021 lief laut Insidern noch besser. Der erfahrene Airlinesanierer Flöther sieht in Schkeuditz realistische Chancen auf eine Investorenlösung.
Die Anwälte haben ein starkes Argument auf ihrer Seite: die Insolvenz verschiebt die Kontrolle über die Vermögenswerte von Isaikin hin zum deutschen Verwalter Flöther. "Dadurch wäre der Grund für eine Fortsetzung der Sanktionen entfallen", sagte Flöther-Wissing-Rechtsanwältin Anna Wilke dem "Business Insider".
Die Kanzlei hat den Fall bereits im Bundesverkehrsministerium platziert als der Eigner dem Team in die Parade fährt: Isaikin will eine neue Geschäftsführung installieren - und den Insolvenzantrag zurückziehen. Das Manöver kostet wertvolle Wochen. Und bringt die taumelnde Cargologic Germany endgültig zu Fall.
Das Bundesverkehrsministerium entlässt Cargologic Germany unter Flöther zwar im Juli aus dem Grounding - potenzielle Investoren lassen von der Airline aber lieber die Finger.
© aero.de | Abb.: CLG, Flughafen Leipzig/Halle | 12.10.2022 09:37
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